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Der Neid eines Fremden

Der Neid eines Fremden

Titel: Der Neid eines Fremden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline Graham
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hatten, war ziemlich groß, und alle, der Studiogast ebenso wie der Moderator, waren damit beschäftigt, sich möglichst vorteilhaft darzustellen. Alle redeten, keiner hörte zu. Fenn löste sich allmählich von dem hinausstrebenden Publikum. Er hatte keinen genauen Plan; er wußte nur, daß er jetzt im Gebäude war und es zu verlassen einer Rückkehr zum Ausgangspunkt gleichkam. Er war unter den letzten zehn, die sich durch die Gänge schoben. Er gab vor, etwas fallenzulassen, bückte sich und murmelte eine Entschuldigung, als sich die letzten Zuschauer an ihm vorbeidrängten; er sah sich kurz um, durchquerte dann den freien Raum zwischen den beiden Gruppen und schloß sich der Gefolgschaft des magischen Kreises an, indem er in deren Beschwörungsformeln einstimmte.
      »Das Video war vollkommen daneben.«
      »Vollkommen daneben.« Das hörte sich gut an. Am besten wiederholte er alles, was er hörte.
      »Natürlich wird es geschnitten werden müssen. Zumindest der Teil mit dem Kindersarg - ich mein' -, die BBC wird das niemals akzeptieren.«
      »Nie im Leben.«
      »Ich meine - sie haben >Serene in Saratoga< gerade so durchgehen lassen. Und dann mußten wir die Selbstmordszene kürzen.«
      »Stimmt.«
      Wein wurde herumgereicht. Fenn nahm sich ein Glas, berührte es aber kaum mit den Lippen. In Ausnahmefällen trank er kleine Mengen, und heute war es besonders wichtig, einen klaren Kopf zu behalten. Er bahnte sich einen Weg zum Büfett, denn die Aufregung hatte ihn hungrig gemacht. Auf den Tellern lagen bunt dekorierte bräunliche Streifen, die mit kleinen Appetithäppchen gefüllt waren. Mit Oliven, Gürkchen, Paprika.
      »Hm. Sieht gut aus.« Er bediente sich und lächelte das Mädchen an, das hinter der Theke stand, bereit, ein Glas nachzufüllen, einen Appetithappen anzubieten oder einem Mann zu helfen, sich zu entspannen. Es war eine von der zugeknöpften Sorte. Sie lächelte ziemlich ungewiß zurück. Das ärgerte ihn, denn er wußte, daß sie ihn, nachdem sie ihn taxiert und sich nach seinem Status gefragt hatte, den unteren Rängen zuordnete, ihn vielleicht sogar für einen Mitläufer hielt. Hätte er den Durchbruch erst einmal geschafft, würde er Mädchen wie sie zum Frühstück vernaschen. Und sie wäre als erste dran. Plötzlich strahlte sie. Der Leadgitarrist näherte sich mit einem leeren Glas in der Hand, von dem Fenn wußte, daß es vor zehn Sekunden noch randvoll gewesen war. Schwarz getuschte Wimpern legten sich wie rußiges Gefieder auf glühende Wangen. Ihre Brüste stemmten sich gegen die Brokatjacke. Wenn Brüste sich nach innen biegen könnten, dachte Fenn, würde sie mit ihnen gewinkt haben. Sie leerte den Inhalt der Flasche in das Glas des Musikers, das aber auch jetzt erst halbvoll war. Sie wandte sich um und rief nach hinten: »Sonia? Ist noch etwas von derTiger's Milk da?«
      Das Mädchen im dunklen Kostüm kam auf sie zu. Fenn wandte sich um und tauchte in der Menge unter. Aus der Entfernung sah er sie sich genau an. Er befahl sich, ruhig zu bleiben. Es gab mehr als eine Sonia auf der Welt, und selbst bei City Radio würde mehr als eine Sonia arbeiten. Sie kuschte, daran konnte kein Zweifel bestehen. Aber vielleicht war das nur von Vorteil. Er würde das Ganze vereinfachen. Sie sah aus, als würde sie für jeden Gefallen dankbar sein, und sei er noch so klein. Er ging zu der anderen Gruppe hinüber, wo eine der umhergehenden Kellnerinnen gerade einige Happen herumreichte. Er bediente sich: der Appetithappen schmeckte ein wenig nach Fisch und war so zäh, daß er nachgab, wenn man in ihn hineinbiß.
      »Ich bin wie verrückt nach Ihrer neuesten Platte.« Die Kellnerin sah zu Cazalis auf. »Ich hab' sie schon tausendmal gehört.« Eine Pause, wie sie bedeutungsschwerer nicht sein konnte. »Besonders, kurz bevor ich schlafengehe.«
      »So?« Er legte den Arm um sie und spielte mit ihrer nur leicht bedeckten Brust, die vor den Augen der Gruppe dankbar reagierte. »Bevor ich schlafengehe ...« Er beugte sich über sie. Gefolgt von einer Lachsalve ging Fenn zur nächsten Gruppe. Es war das Gehege der weniger großen Leuchten, und es fiel ihm leichter, die Aufmerksamkeit des Mädchens auf sich zu lenken.
      »Was seh' ich da - das da hinten ist doch Sonia Marshall, oder? Die in dem dunklen Kostüm?«
      Das Mädchen folgte seinem Blick. »Stimmt.«
      Um vollkommen sicher zu gehen, fügte er hinzu: »Rosa Gilmours Sekretärin?«
      »Hm.« Sie wandte ihm

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