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Der neue Frühling

Der neue Frühling

Titel: Der neue Frühling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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gewinnen.«
    »Edle?«
    »Mir kommen beunruhigende Dinge zu Ohren. Männer wie Kartafrain, Si-Belimnion, Maliton Diveri – Männer von Substanz und Besitz und Status, die herumgekommen sind und sich auskennen, sie erklären mir, daß für einen von diesen Sektierertempeln, den wir schließen, zwei andere neu eröffnet werden. Das ganze Volk da drunten spricht nur noch von Kundalimon. Sie nennen ihn einen Märtyrer. Einen Heiligen und Propheten! Diese Ideologie der Königin-Liebe breitet sich in der Arbeiterklasse noch rasanter aus als irgendeine neue Softdrink-Mode. Es zeigt sich doch sehr schnell, daß wir mit einer restriktiven Politik weit mehr Schaden heraufbeschwören, als uns die Sache nutzt. Ich wünsche, daß du Chevkija Aim anweist, seine Unterdrückungskampagne abzubrechen.«
    »Aber, Edle, wir müssen sowas doch unterdrücken! Es handelt sich immerhin um ausgesprochene Ketzerei und Götterlästerung! Wir können doch nicht einfach zulassen, daß so etwas sich ungestraft ausbreitet, oder?«
    Tanianes Augen wurden schmal. »Seit wann bist du denn dermaßen fromm und gottesgläubig, Husathirn Mueri?«
    »Nun, ich erkenne Gefahren, wenn sie vor mir auftauchen.«
    »Das tue ich auch. Aber hast du nicht begriffen, was ich gerade gesagt habe? Es könnte sich letztlich als weitaus gefährlicher erweisen, derlei Bestrebungen unterdrücken zu wollen, als ihnen einfach ihren Lauf zu lassen.«
    Ja, wahrscheinlich hast du recht, dachte er.
    »Mir gefällt diese… diese neue Religion ebensowenig wie dir«, sprach sie weiter, »doch es wäre möglich, daß die beste Methode, sowas unter Kontrolle zu halten, derzeit darin besteht, die Entwicklung nicht unter Kontrolle halten zu wollen. Wir brauchen vorab erst etwas genauere Informationen, ehe wir entscheiden können, wie gefährlich, wie staatsgefährdend, meine ich, das wirklich ist. Vielleicht handelt es sich ja um weiter nichts als wieder eine dieser Dummheiten, wie sie sich das gemeine Volk ab und zu einfallen läßt, oder aber es ist ein aktiver Umsturzversuch seitens der Hjjks. Aber wie sollen wir denn wissen, was es ist, he? Das können wir doch nur entdecken, indem wir uns das ganz genau anschauen. Also, ich will, daß du alle anderen Aktivitäten fallenläßt und dich darauf konzentrierst, was wirklich vorgeht. Von jetzt an plazierst du deine Späher in diesen neuen Kongregationen. Sie sollen dort infiltrieren, sich einnisten und aufpassen, was dort gepredigt wird.«
    Husathirn Mueri nickte ergeben. »Ich werde mich persönlich um die Angelegenheit kümmern.«
    »Ach ja, da ist noch was. Lasse die Liste der Reisenden überprüfen, die mit der Karawane nach Yissou ziehen wollen, ja? Und sorge dafür, daß keiner darunter ist, der zu diesen Kultisten gehört. Das fehlte grade noch, daß sich die Geschichte auch noch in Yissou ausbreitet.«
    »Eine exzellent weise Überlegung«, sagte Husathirn Mueri.
    Endlich war die Karawane aus Dawinno eingetroffen. Mit mehr als einem halben Mond Verspätung: Elf Xlendigespanne vor den rotgolden bewimpelten Warenlastwagen kamen durch den graugelben Staub über die Südliche Straße herangetrottet.
    In dieser Nacht gab es ein großes Volksfest: Auf den Hauptplätzen brannten Freudenfeuer, Straßenmusikanten spielten bis in den nächsten Morgen, und es wurde allgemein wild gefeiert und gezecht, und es gab wenig Schlaf, aber reichlich Remmidemmi. Die Ankunft der Karawane in Yissou setzte stets so etwas wie ein Signal, und es brach dann ungezügelt Jubel, Trubel und Fröhlichkeit aus in dieser Stadt, in der ansonsten eher eine Atmosphäre von Zurückhaltung und Verklemmtheit vorherrschte. Es war beinahe, als bewirke die Ankunft des Karawanenzuges aus dem Süden, daß die gewaltige Steinummauerung der Stadt eine Bresche bekam, und als ob auf einmal die schwülwarmen verführerischen Winde des tropischen Südens durch die engen krummen Gassen wehten… Aber die verspätete Ankunft des Handelszuges, die Ungewißheit, ob die Karawane diesmal überhaupt kommen werde, machte dann – als sie endlich kam – daraus ein noch größeres Ereignis als gewöhnlich.
    Vor Salaman trat, in dessen geheimem Privatgemach im Palast, der Kaufherr Gardinak Cheysz, der brauchbarste, nützlichste Agent, den der König in Dawinno eingesetzt hatte. Ein rundlicher, dabei, seltsam unfröhlicher Typ, mit einem Fell von merkwürdig gelblichgrauer Färbung, und seine Lippen sackten wegen einer Lähmung der Gesichtsmuskeln auf der einen Seite schief nach unten.

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