Der neue Frühling
gefallen. Also mußten die Verfolgungen abgebrochen werden, und die Anhänger des neuen Kults nehmen von Tag zu Tag zu. Und es geht so schnell, daß man es kaum glaubt. Ehe wir von Dawinno nach Yissou aufbrechen durften, mußten wir einen Eid ablegen, daß wir nicht selber auch schon Neugläubige sind.«
»Und worum geht es bei diesem neuen Glauben, kannst du mir das sagen?«
»Ich gestehe es dir ehrlich, mein König, solches Zeug übersteigt mein Verständnis. Das einzige, was ich davon begreife, ist, daß es sich anscheinend darum handelt, wir sollten uns den Hjjks ergeben.«
»Den – Hjjks – ergeben?« Salamans Stimme kam stockend vor Bestürzung und Empörung.
»Ja, Herr. Uns der Königin-Liebe unterordnen, was immer das sein soll, Erhabener. Du weißt ja wohl, dieser junge Mann, Kundalimon, kam mit dem Angebot eines Friedensvertrag von den Hjjks, wonach der Kontinent geteilt werden sollte zwischen uns und denen, und die Grenzen…«
»Ja, ja. Klar weiß ich davon.«
»Nun, also diese neuen Kultführer fordern die sofortige Unterzeichnung dieses Vertrags. Mehr noch: Es sollen zwischen der Stadt Dawinno und dem Hjjk-Gebiet regelmäßige friedliche Kontakte aufgebaut werden, und bestimmte Hjjks, die sogenannten Nest-Denker, sollen vertragsgemäß ersucht werden, unter uns zu leben. Damit sie uns ihre Heilslehre beibringen können und wir dann auch die Weisheit der Königin erkennen lernen.«
Salaman stierte den Mann an. »Der reinste Wahnsinn!«
»Das ist es wohl, Hoher Herrscher. Und darum kommt die Karawane verspätet hier an, weil drunten in der Stadt alles in der Schwebe ist. Möglich, daß es inzwischen sich ein bißchen beruhigt hat. Als wir abreisten, war die Häuptlingstochter anscheinend genesen – es geht übrigens das Gerücht um, daß sie eine der führenden Personen in diesem neuen Kult ist, aber vielleicht ist das ja auch nur Tratsch… Jedenfalls hat Taniane jetzt wieder Zeit, sich den Regierungsgeschäften zu widmen. Auch Hresh ist wieder auf der Bildfläche erschienen. Also ist es durchaus denkbar, daß sich dort alles wieder normalisiert. Aber, mein König, laß mich dir sagen, wir haben da drunten ein paar schwere Wochen hinter uns gebracht!«
»Ja, das kann ich mir vorstellen. Sonst noch was?«
»Nur, daß wir mit elf Wagen feinster Ware heraufgekommen sind und uns auf den Aufenthalt in deiner Stadt freuen.«
»Schön, ja, schön. Wir sprechen uns morgen vielleicht noch einmal, mein guter Gardinak Cheysz. Ich möchte das alles noch einmal nüchtern und bei Tage hören… Vielleicht erscheint es mir dann glaubwürdiger als jetzt.« Er verzog das Gesicht zu einer Grimasse und warf die Arme hoch in die Luft. »Frieden schließen mit den Hjjks! Sie bitten, nach Dawinno zu kommen, damit sie dort ihre Ideologie verkünden können! Es ist nicht zu glauben!« Er griff in seinen Leibgurt, zog einen Beutel Tauschtaler der Prägung von Dawinno-City hervor und warf ihn Gardinak Cheysz zu. Sein Agent fing den Beutel geschickt auf und salutierte devot. Sein Hängemaul verzog sich zu so etwas wie einem Ansatz eines Grinsens, als er schließlich den Raum verließ.
In derselben Nacht, in einem ganz anderen Teil der Stadt. In einer Taverne. Esperasagiot, Dumanka und ein paar andre Typen aus der Karawane, die Thu-Kimnibol nach Xissou gebracht hat, hocken mit ein paar andren aus dem neuen Treck zusammen. Es ist spät. Man hat am Wein nicht gespart. Schließlich ist man unter lauter alten Freunden. Die Männer aus Thu-Kimnibols Karawane hatten schon oft auch in der Handelskarawane zwischen den beiden Städten Dienst getan. Bei den frisch Eingetroffenen befand sich auch Thihaliminion, der Bruder Esperasagiots, der über beinahe soviel Xlendi-Verstand verfügte. Er hatte die soeben angelangte Truppe angeführt.
Es sitzen auch ein paar Einheimische in der Gruppe – ein Sattler namens Gheppilin, ein Schlachter namens Zechtion Lukin und Lisspar Moen, eine Frau, deren Gewerbe die Fertigung feiner Porzellanteller ist. Alle sind Dumankas Freunde. Freunde neueren Datums.
Thihaliminion ergeht sich schon eine ganze Weile über die ungewöhnliche Häufung von plötzlichen umwerfend neuen Begebnissen in der Stadt Dawinnos: die zwei Morde, das Verschwinden nebst der darauffolgenden Geistesverwirrung der Häuptlingstochter und über den neu erblühten Kundalimon-Kult. Er kichert in seinen Weinbecher und sagt: »Es ist das Ende der Welt. Alles wird ganz urplötzlich anders und fremd.« Er wackelt mit dem
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