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Der neue Frühling

Der neue Frühling

Titel: Der neue Frühling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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Sache… Freunde, werde ich sagen, die Bedrohung für uns ist tödlich. Wenn wir diesen Vertrag akzeptieren, dann heißt das, daß wir unsren Todfeinden mit weit offenen Armen begegnen. Wollt ihr wirklich, daß Hjjks herrschen sollen in Dawinno, in Massen überall herumwimmelnd, wie sie das in Vengiboneeza getan haben? Na, und so weiter und so fort, bis wir diese neue Religion ins Abseits gedrängt haben, oder bis sie eben ganz aus dem politischen Geschäft verschwunden ist.«
    »Und dann?«
    »Dann – dann fangen wir an Hymnen auf die Würde des Krieges zu singen«, sagte Thu-Kimnibol. »Wie löblich und mannhaft-tugendsam es ist, dem Angriff unseres Feindes zuvorzukommen und – Sicherheit für das VOLK in der Welt herzustellen. Ein Krieg gegen die Hjjks! Er ist unsre einzige Rettung! Und, Cousin, es ist ein Krieg, den wir beide äußerst gründlich und sorgfältig planen müssen, ehe ich von hier abreise. Und dann werde ich denen in Dawinno sagen können, daß König Salaman unser treuer Bundesgenosse ist und darauf brennt, daß wir unsere Macht mit seinen Truppen in diesem Heiligen Krieg vereinigen, und daß unsere zwei Städte Seite an Seite stehen müssen im Kampf gegen die Wanzen. Und dann brauchen wir nur noch dafür zu sorgen, daß der Krieg ausbricht. Dafür tut es fast jeder beliebige kleine Zwischenfall. Was hältst du davon, Gevatter? Ist diese neue Religion mit der Hjjk-Ideologie nicht haargenau der Anlaß, auf den wir gewartet haben?«
    Salaman nickte.
    Dann begann er zu lachen.
    Der Junge Tikharein Tourb berührte den schimmernden Nestschutz-Talisman an seinem Hals und sagte: »Wenn wir damit doch nur die Königin sehen könnten, Chhia Kreun! Vielleicht könnten wir mit seiner Hilfe IHR Bild sehen, was meinst du? Wenn wir den Talisman zugleich mit unserm Zweitgesicht benutzen, meine ich.«
    »Sie ist viel zu weit weg«, antwortete das Mädchen. »So weit reicht das Zweitgesicht nicht.«
    »Also dann könnten wir es mit Tvinnern versuchen.«
    Chhia Kreun unterdrückte ein leichtes Kichern. »Was verstehst du schon vom Tvinnern, Tikharein Tourb?«
    »‘ne Menge. Ich bin schon neun, weißt du.«
    »Mit dreizehn kommt man ins Tvinnr-Alter.«
    »Du bist schließlich auch erst elf, aber du tust, wie wenn du schon alles weißt.«
    Sie begann sich ausgiebig zu striegeln, das Fell zu zupfen und zu glätten. »Jedenfalls weiß ich mehr als du.«
    »Über Tvinnern vielleicht. Aber nicht über Nestwahrheit. Egal, das bringt uns sowieso nicht weiter. Hör mal, was meinst du, wenn ich den Nestschützer mit meinem Sensororgan festhalte und wir beide dann tvinnern, direkt hier vor dem Altar…«
    »Das kann doch nicht dein Ernst sein.«
    »Doch, ich mein es ernst, ganz ernst!«
    »Aber es ist verboten, bis wir alt genug sind! Außerdem wissen wir ja gar nicht, wie man das macht. Wir bilden uns vielleicht ein, wir wissen es, aber bevor uns nicht die Opferfrau gezeigt hat…«
    »Willst du nun die Königin sehen oder nicht?« fragte der Junge verächtlich.
    »Natürlich will ich das.«
    »Also, was kümmert’s dich dann, ob es verboten ist oder was die Opferfrau uns zeigen soll oder was nicht? Die alte Kräuterhexe bedeutet gar nichts für uns. Das ist alles altmodisches Zeug. Die Nestwahrheit, das ist die wahre Sache. Und das Amulett auf meiner Brust – da liegt die Nestwahrheit versteckt.« Er streichelte vorsichtig zärtlich über das Stückchen Hjjk-Panzer. »Das hat Kundalimon selber gesagt. Und wenn ich das nun festhalte und wir zwei dann tvinnern – und vielleicht die andern uns beistehen und alle gleichzeitig unsere Hymnen singen –, vielleicht erscheint uns dann die Königin – oder wir erscheinen vor IHR…«
    »Ach, das glaubst du wirklich?«
    »Ein Versuch kostet ja nichts, oder?«
    »Aber – tvinnern…?«
    »Na schön«, sagte er. »Dann such ich mir eben wen, der alt genug ist und mir das Tvinnern beibringt. Und dann sehen wir zusammen die Königin… Und du, du kannst tun und lassen, was du willst!«
    Er wandte sich ab, als wolle er fortgehen. Chhia Kreun stieß ein leises Keuchen aus und griff nach ihm.
    »Nein! Warte, warte doch, Tikharein Tourb…«

6. Kapitel
Stürmische Zeiten
    Thu-Kimnibol wird also in ein, zwei Tagen abreisen, allerhöchstens in dreien, sobald die Karawane aufbrechen kann. Heute findet das Abschiedsbankett statt, daß Salaman ihm zu Ehren gibt. Und draußen heult der schwarze Wind. Hagel schmettert gegen die Fensterscheiben. Schon in der Nacht zuvor hatte es gehagelt,

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