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Der neue Frühling

Der neue Frühling

Titel: Der neue Frühling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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er an zu brüllen und zu toben. Mit größter Mühe kann er sich davor zurückhalten, Thaloin quer durch den Saal zu schleudern. Seine eheliche Gefährtin, die er hochschätzt. Vielleicht hat sie ja recht. Vielleicht ist er schon wahnsinnig geworden. Dieser verfluchte Wind, dieses verdammte Wetter!
    Ich ruiniere den Abend, denkt er. Ich bringe Schande über mich und meine ganze Familie – vor den Augen Thu-Kimnibols.
    »Ihr müßt mir vergeben«, sagt er mit einem heiseren rauhen Flüstern. »Dieser Wind – es geht mir nicht gut…«
    Er blickt durch den Saal, halb zornfunkelnd, halb um Entschuldigung bittend. Fordert alle auf, etwas zu sagen. Doch es sagt niemand etwas. Seine drei Gefährtinnen sind schreckensstarr. Thaloin sieht aus, als wollte sie gleich unter den Tisch kriechen. Vladirilka ist kreidebleich. Nur Sinithista, die gelassenste und kräftigste der drei, scheint einigermaßen die Kontrolle bewahrt zu haben. »Du!« sagt er und befiehlt sie mit einem Kopfnicken an seine Seite. Dann eilt er unter dem Brüllen des Sturmes mit der Frau in sein Schlafgemach.
    Mitten in der Nacht befällt den König eine Schreckensphantasie. Er bildet sich ein, er liegt nicht bei seiner gewohnten Bettgenossin, Sinithista, sondern schläft einem Weibe der Hjjks bei, deren harter beschuppter Leib sich fest an ihn preßt.
    Ihre schwarzborstigen Vorderkrallen streicheln ihm die Wangen. Die kräftigen mehrfach artikulierten Hinterbeine umklammern fest seine Schenkel, und die mittleren Glieder haben seine Hüften umfaßt. Die riesigen glitzernden Facettenaugen wölben sich wie giftige Pilzkappen und senken sich voll Leidenschaft über seine Augen. Sie stößt scharfe schabende Wollustlaute aus. Und das schlimmste, auch er preßt sich mit gleicher Glut an sie, seine Finger gleiten behutsam über die orangeroten Atmungsschläuche, die neben ihrem Kopf baumeln, seine Lippen irren zu ihrem kräftigen scharfen Schnabel. Und seine Zeugungsrute, riesenhaft und luststeif, steckt tief in einer geheimnisvollen Öffnung an ihrem langen starren Chitinthorax.
    Vor Entsetzen schreit er, und es ist ein schreckliches Jammergebrüll, halb schmerzhaft, halb Wut, das fast die Wälle der Stadt zum Einstürzen bringen könnte, dann reißt er sich los. Mit einem heftigen Satz springt er vom Lager und begibt sich blindwütig auf die Suche nach einer Glühbeerkerze.
    »Mein Herr?« Sinithistas Stimme rief ihn leise, klagend-enttäuscht .
    Salaman stand nackend und von konvulsivem Zucken gepackt am Fenster. Es gelang ihm, ein Licht zu finden und es zu enthüllen. Keine Hjjk! Nein. Nur Sinithista, die im Bett sitzt und ihn erstaunt anstarrt. Sie zitterte. Ihre Brust wogte, und ihr Genitalbereich zeigte sich in Erregungsschwellung. Er blickte zu seiner Paarungsrute hinab, die noch immer steif war und schmerzhaft pochte. Also war alles nur ein Traum gewesen. Er hatte in seinem trunkenen Schlaf mit ihr kopuliert und sie für etwas anderes gehalten – für…
    »Mein Herr, was bekümmert dich denn?«
    »Nichts. Es ist nichts weiter. Nur ein böser Traum.«
    »Dann komm doch wieder ins Bett!«
    »Nein«, sagte er fest. Denn wenn er in dieser Nacht wieder schlafen sollte, würde ihn der Traum erneut packen. Vielleicht – wenn er Sinithista aus der Schlafkammer schicken würde –, aber nein, nein, es wäre noch schlimmer, dann allein zu sein. Er wagt nicht, die Augen zu schließen, nicht für einen Moment. Denn dann würde hinter seinen Lidern das Schreckensbild dieses Ungeheuers erneut über ihn herfallen.
    »Mein Herr und König…« Das Weib schluchzte jetzt.
    Sie tat ihm leid. Schließlich, er hatte sie mitten im Kopulationsakt alleingelassen. Er hatte sie in vielen Wochen nicht zu sich genommen, nicht seit ihn die Faszination mit Vladirilka überkommen hatte, und nun mußte sie den Eindruck gewinnen, daß er sie zurückwies.
    Doch ins Bett würde er nicht zurückkehren.
    Er trat zu ihr, legte ihr sacht die Hand auf die Schulter und flüsterte: »Dieser Alptraum hat mich so durcheinandergebracht, daß ich erst mal frische Luft brauche. Ich komm dann später wieder zu dir, wenn mein Kopf wieder klar ist. Schlaf du erst mal ein bißchen weiter.«
    »Herr, dein Schrei war schrecklich…«
    »Ja.« Er griff sich ein Gewand, warf es über und verließ das Zimmer.
    Im ganzen Palast herrschte Finsternis. Die Luft war eisig. Aus dem Osten fegte ein schneidender Wind herüber, und wie grimmige Gespenster kamen weiße Schneewirbel auf ihm dahergeritten. Doch

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