Der neue Frühling
unvertrautes Terrain hier draußen. Vier Tagesreisen nordwärts von Dawinno aus und dann noch etliche Tage landeinwärts. Hresh hatte die Gegend noch nie vorher gesehen. Er bezweifelte, daß es viele gab, die jemals hier gewesen waren. Diesseits der Inneren Bergkette gab es keine agrarischen Siedlungen, und die Hauptverkehrsstraße zwischen Dawinno und Yissou verlief weit drüben im Westen.
Ein karstiges Land, von Canyons und Erdspalten durchzogen. Aus der Mitte des Kontinents wehten kalte trockene Winde herein. Viele Male war die Region von Erdbeben erschüttert worden, und die Wanderungen altehrwürdiger Gletscher hatten sie weiter und weiter zermahlen und zermalmt, so daß das Knochengebein der Welt hier offen zutage lag in gewaltigen dunklen Steifen, die sich durch den weicheren rötlichen Fels der Hänge zogen.
Sein Wagen wurde von einem einzigen Xlendi gezogen. Es wäre wohl klüger gewesen, zwei Zugtiere zu nehmen, doch er hatte zu wenig Ahnung, wie man diese Viecher handhabte, und hatte darum beschlossen, sich lieber nicht den Gefahren auszusetzen, die ihm von einem widerborstigen, unverträglichen Zweiergespann vielleicht drohten. Er ließ sein Xlendi dahintrotten, wie es dem Tier beliebte, und rasten, wann es dazu Lust hatte.
An Wegzehrung und Vorräten hatte er nur wenig mit sich gebracht, ausreichend vielleicht, um die ersten paar Tage durchzuhalten. Danach war er in allem, was er bedurfte, auf das angewiesen, was das Land ihm bot.
Und er hatte auch kein Stück aus dem Haus des Wissens bei sich, kein einziges Buch, keine Karten, keine antiken wundersamen Funde. Dies alles war nicht mehr von Bedeutung. Er wollte das alles hinter sich lassen. ALLES. Er machte sich hier zum letzten endgültigen Abenteuer seines Lebens auf mit dieser – Pilgerfahrt. Es war wirklich am besten, daß er sich dabei nicht mit Ballast aus der Vergangenheit belud.
Eine Ausnahme gab es allerdings. Der Barak Dayir in der kleinen Samthülse war um seine Hüfte geschnürt, unter dem Leibgurt. Im allerletzten Moment hatte er sich denn doch nicht davon trennen mögen.
Tag um Tag fuhr er geruhsam weiter, wohin ihn der Weg führen wollte. Beständig suchte er den Horizont nach Stoßpatrouillen der Hjjks ab.
Wo bleibt ihr, ihr Kinder der Königin? Hier bin ich, Hresh-der-voller-Fragen-steckt, und ich bin gekommen, um mit euch zu reden!
Aber er sah nirgendwo Hjjks.
Seiner Vermutung nach befand er sich irgendwo in der Nähe des Filial-Nestes, in dem Nialli vor Jahren als Gefangene geweilt hatte. Doch wenn es in der Gegend Hjjks gab, so ließen sie sich jedenfalls nicht blicken. Oder aber sie waren in diesem Landstrich so verstreut vertreten, daß er an keinem ihrer Lagerplätze vorbeigekommen war.
Das war nebensächlich; irgendwann würde er auf Hjjks stoßen, oder sie würden ihn entdecken. Alles zur rechten Zeit. Inzwischen gefiel es ihm, gelassen weiterzuziehen, quer durch das zerklüftete rauhe Land.
Auf eine gewisse Weise wirkte dieser kühle, windzerzauste Landstrich fruchtbar. Es gab gewaltige Bäume mit schwarzem Stamm und weit sich breitenden gelben Laubkronen, und sie standen alle in gebührlichem Abstand zueinander, als könnten sie einen rivalisierenden Mitbaum in ihrer Nähe nicht dulden und müßten alle Gleichrangigen abwürgen und ersticken, die sich in ihre Dominanzzone vorzustreben wagten. Wuchernde Niedriggewächse mit weißlichem wolligen Laub klammerten sich wie ein dichtes Fell an den Boden. Andere Pflanzen, korbförmig und mit dichtverstricktem Geäst, rollten und taumelten ungehemmt durch das Land, als wären sie ein Getier des Feldes.
Aber wenn es hier Pflanzliches gab, das aussah, als wäre es ein Tier, so sah Hresh hier ebenfalls Tiere, die sehr wohl eigentlich Pflanzen hätten sein können. In einem Loch in der Erde stand eine ganze Plantage von schlangenhaften grünen Kreaturen aufrecht da. Als wären sie an Ort und Stelle im Boden verwurzelt. Hresh beobachtete, wie sie urplötzlich emporschnellten und einen ungeschickten Vogel oder ein Insekt aus der Luft schnappten und sich wieder zurückzogen, und niemals sah er, daß eines dieser Wesen ganz aus seiner Höhlung herauskam. Und dann gab es da andere, die nichts weiter waren als riesenhafte Mäuler über rudimentären Leibern; sie hockten bewegungslos an Steinbrocken und gaben verlockende dröhnende Verführungslaute von sich, die ihre Beute wie in Trance zu ihnen zogen. Hresh erinnerte sich, daß er so ähnliche Geschöpfe einmal als Knabe gesehen
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