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Der neue Frühling

Der neue Frühling

Titel: Der neue Frühling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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Seele in der Stadt bisher von ihrem Ausbruch etwas gehört hatte, daß die meisten, oder gar alle, die Zeugen gewesen waren, es vorzogen, darin nichts weiter zu sehen als einen kleinen hysterischen Anfall, eben ein exzentrisches Verhalten, wie man es von so einer wie Nialli Apuilana nicht anders erwarten konnte. Nein, schmeichelhaft war das gar nicht. Andererseits brauchte sie so aber auch nicht zu befürchten, daß man sie auf den Straßen auspfeifen würde.
    Der Anblick Thu-Kimnibols freute sie. Gewiß, sie war in nahezu allen Stücken anderer Ansicht als er, besonders was die Hjjks anging; doch ihr gewaltiger Gevatter hatte eine Kraft und eine Würde an sich, die sie als stabilisierend empfand. Ja, und auch eine gewisse Herzenswärme. Zu viele von diesen Kriegerprinzen gefielen sich in ostentativen martialischen Machoposen. Thu-Kimnibols Stil war da weitaus schlichter.
    Sie sprach: »Kommst du von Boldirinthe, Gevatter?«
    »Wie kannst du das wissen?«
    Nialli warf den Kopf in den Nacken und wies auf die Klause der Opferpriesterin auf der Spitze des Hügels hin. »Sie lebt doch genau dort droben. Außerdem leuchtet das Licht der Götter noch in deinen Augen.«
    »Ah. Du kannst das erkennen?«
    »Aber sicher, man sieht es doch.«
    Sie verspürte einen scharfen neidvollen Stich. Auf seinem breiten Gesicht lag ein Ausdruck so tiefer Seelenruhe und Selbstsicherheit.
    Thu-Kimnibol lächelte breit zu ihr herab. »Ach, und ich hab gedacht, du bist eine Gottlose, Kindchen. Was weißt denn du vom Licht der Götter?«
    »Ich brauche schließlich nicht an Yissou und den restlichen Haufen zu glauben, um zu erkennen, daß du vor kurzem von einer anderen Welt gestreift worden bist. Außerdem bin ich auch gar nicht so gottlos, wie du glaubst. Ich sag dir, in deinen Augen leuchtet der Glanz der Götter. So hell wie das Licht von einem Laternenbaum in einer mondlosen Nacht.«
    »Aha, also nicht gottlos?« Thu-Kimnibol runzelte die Stirn. »Du sagst, du bist nicht gottlos, Mädchen, trotz all dem?«
    »Ich hab meine persönliche Art von Glauben«, sagte sie. Die Wendung, die das Gespräch nahm, bereitete ihr zunehmend Unbehagen. »Auf meine Weise bin ich doch irgendwie gläubig, ja. Also jedenfalls sehe ich es so, auch wenn andere Leute hier das nicht gelten lassen würden. Aber ich spreche nicht gern über sowas. Glauben und Überzeugungen sind was höchst Persönliches, findest du nicht?« Sie brachte ein bezaubernd-verwirrendes Lächeln zustande. »Aber ich bin glücklich um deinetwillen, daß Boldirinthe dir den Trost spenden konnte, dessen du bedurftest.«
    »Boldirinthe, ach ja!« sagte er mit einem leisen Lachen. »Boldirinthe lebt jetzt mit einem Fuß in der Vergangenheit und mit dem anderen in der nächsten Welt. Es war gar nicht leicht, sie bei der Sache zu halten. Aber schließlich hat sie es doch geschafft, und ich habe tatsächlich die Nähe der Gottheiten verspürt. Sie waren da, direkt vor mir, alle Fünf. Und mir wurde großer Trost von ihnen, immer schon, seit ich Trauer trage. Aber auch vorher war das so, und so wird es immer bleiben. Ich wünsche für dich, Nialli Apuilana, daß ihre Freude auch dir eines Tages zuteil werde.« Er wies auf das Tablett und die Flasche. »Du besuchst deinen Hjjk? Bringst ihm wohl was ganz besonders Feines?«
    »Gevatter!« fuhr Nialli ihn scharf an. »Nenne ihn nicht einen Hjjk!«
    »Nun, wenn er kein Hjjk ist, so klingt er doch wie einer, sagen die Leute. Er äußert sich nur in krächzenden und zischenden Lauten, oder irre ich mich?« Onkelhaftfreundlich versuchte Thu-Kimnibol scharfe Krächzlaute tief aus seiner Kehle zu produzieren. Es war eine ziemlich ungeschickte Parodie der Hjjk-Sprache. »Also, für mich ist einer halt ein Hjjk, wenn er weiter nichts als hjjkisches Gekrächze von sich gibt. Und hjjkische Amulette am Hals hängen hat, und hjjkisch denkt und sich wie ein Hjjk kleidet und aufführt. Du weißt schon, als hätte man ihm einen langen steifen Stock durch den Rumpf getrieben.«
    »Also, wenn es genügt, daß einer als Gefangener unter den Hjjks gelebt hat, um für dich ein Hjjk zu sein – schön, dann bin auch ich eine Hjjk«, sagte Nialli mit beträchtlichem Ernst. »Aber davon mal abgesehen, Kundalimon macht wirklich inzwischen recht gute Fortschritte in unserer Sprache. Es fallen ihm mehr und mehr Wörter wieder ein. Und er erinnert sich allmählich, daß er früher einmal einer von uns war. Es ist nicht anständig von dir, dich über ihn lustig zu machen. Oder

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