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Der neue Frühling

Der neue Frühling

Titel: Der neue Frühling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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über mich, auf dem Umweg über ihn.«
    »Wirklich.«
    »Thu-Kimnibol, warum haßt du die Hjjks so?«
    »Tue ich das denn?« Es klang, als wäre ihm noch nie ein derartiger Gedanke gekommen. »Tja, vielleicht stimmt das ja. Aber warum tu ich es dann? Laß mich nachdenken.« In seine Augen trat ein irritiertes Funkeln. »Könnte es sein, weil sie uns gern an einem kleinen Ort der Welt zusammenpferchen möchten, wo uns doch die ganze Welt zusteht? Und ich hab was dagegen, daß sie uns derartige Beschränkungen auferlegen? He, das ist es vielleicht, ja? Oder ist es vielleicht sehr viel einfacher, was ganz Persönliches und hat mit einer Sache zu tun, daß einmal vor langer Zeit ein Trupp von Hjjks an den Ort kam, in dem ich im Norden damals lebte, genau jenen Ort, zu dem ich jetzt bald wieder reisen werde, und daß sie dort eine Handvoll unschuldiger Menschen überfallen und einige getötet haben? Mein eigener Vater war einer von denen, die sie getötet haben, weißt du. Vielleicht ist das der Grund, Nialli Apuilana, wie? Ein lächerliches kleines Ressentiment meinerseits? Unreflektierte primitive Rachegelüste?«
    »Aber nein, Thu-Kimnibol. Ich wollte doch nicht…«
    Er schüttelte den Kopf. Aus seiner gewaltigen Höhe senkte er die Hände auf sie herab und ließ sie flüchtig, aber zärtlich auf ihren Schultern ruhen. »Aber ich verstehe dich doch, Nialli! Das alles ist geschehen, lang ehe du geboren warst. Warum solltest du auch nur einen Gedanken daran verschwenden? Aber laß Friede sein zwischen uns beiden, ja? Wir sollten nicht miteinander so herumzanken. Geh du zu deinem Freund und bringe ihm seinen Wein und sein Fleisch. Und bete für mich, willst du? Bete zu welchem Gott immer du magst. Ich ziehe morgen los in die Nordlande. Und es wäre mir lieb, wenn deine Gebete mich begleiten würden.«
    »Das werden sie«, sagte Nialli. »Und meine Liebe auch, Oheim. Möge deine Fahrt sicher sein.«
    Wenn sie nicht dermaßen beladen gewesen wäre, sie hätte ihn umarmt und geküßt. Der Wunsch überraschte sie. Sie hatte ihm gegenüber eigentlich nie eine derartige warme Zärtlichkeit verspürt. Bis zu diesem Augenblick war er eben nur der gewaltige massive Berg von einem Onkel für sie gewesen… Fast halb so groß wie ein Zinnobär… und kaum hirnmäßig heller (so war es ihr jedenfalls immer vorgekommen). Auf einmal erblickte sie ihn in einem anderen Licht; er war ja viel komplexer, als sie sich das vorgestellt hatte, und sehr viel verwundbarer. Und plötzlich hatte sie Angst um ihn und wünschte, es möge alles gutgehen mit ihm.
    Das ist bestimmt das Götterlicht, das noch von ihm ausging, was das bei mir auslöst, dachte sie. Ob ich nicht vielleicht ebenfalls zu einer Kommunion zu Boldirinthe gehen sollte? Vielleicht stellt sich dann ja heraus, daß die Götter sogar mit mir sprechen…
    »Eine sichere Fahrt, ja«, wiederholte sie. »Und ein glückbringendes Ergebnis… und baldige Heimkehr!«
    Thu-Kimnibol bedankte sich und zog seines Weges. Und Nialli Apuilana stieg weiter den Hang zum Mueri-Haus hinan.
    Der Wächter am Tor war Curabayn Bangkeas jüngster Bruder, Eluthayn, ein flachgesichtiger Fleischbrocken, den ein lächerlich protziger Helm schmückte. Als Nialli auf ihn zutrat, sagte er: »Er wartet schon die ganze Zeit auf dich, der Kerl von den Hjjks. Löchert mich den ganzen Morgen, warum du heut so spät kommst. Jedenfalls glaube ich, daß er das meint. Weil – sein Gezischgurgeln versteh ich natürlich nicht.« Und Eluthayn Bangkea beugte sich ihr so dicht entgegen, daß sie in seinem Atem die Kharnigs riechen konnte, die er zum Frühstück gegessen hatte. Und zu Niallis Verblüffung gloste er sie in verletzend eindeutiger Zudringlichkeit an. »Kann nicht behaupten, daß ich es ihm verüble. Ich hätte auch nichts dagegen, mal so ‘nen ganzen Nachmittag mit dir da drin eingeschlossen zu sein.«
    »Und worüber würden wir dann reden können, du und ich, wenn wir gezwungen wären, einen ganzen Nachmittag lang zusammen zu verbringen?«
    »Ach, Nialli Apuilana, es geht ja nicht um das, was wir reden würden.«
    Und wieder schaute er sie lüstern an, noch eindeutiger als vorher, ließ die Augen rollen, peitschte mit dem Sensororgan durch die Luft und stieß sein Gesicht beinahe gegen das ihre.
    Er war natürlich ein viel zu großer Narr, als daß man ihn hätte ernstnehmen dürfen. Derartige unerbetene Aufmerksamkeiten konnten schlechterdings nur scherzhaft gemeint sein. Aber wenn sie ein Witz waren, dann

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