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Der neue Frühling

Der neue Frühling

Titel: Der neue Frühling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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Naarinta beten, deren Seele sich ebenfalls auf einer Reise befindet. Und dann laß mich ziehen.«
    »Ja… ja.«
    Sie stimmte die Yissou-Anrufungen an. Doch gleich brach sie wieder ab und zog sich in ein anhaltendes Schweigen zurück, so daß er schon dachte, sie sei vielleicht eingeschlafen. Dann kicherte sie.
    »Ich hab mal mit Salaman kopuliert. Das war noch im Kokon. Er war viel jünger als ich, vier, fünf Jahre jünger, ein Kerlchen, so zehn, elf. Aber schon damals stramm und prall vor Lust… Und er kam zu mir… Ganz ruhig und leise war er damals… Ein kleiner dunkler Knabe, sehr breit in den Schultern… und so stark, daß du es nicht für möglich halten wirst. Und er kam zu mir und faßte nach meinen Brüsten…«
    »Mutter Boldirinthe, könntest du bitte…«
    »Und dann haben wir es eben gemacht, Salaman und ich… Mitten auf dem Fußboden in der Gewächskammer. Da haben wir uns unter den Samtbeerenreben herum und herum und herum gewälzt. Er sagte kein einziges Wort. Vorher nicht und nicht dabei. Danach auch nicht. Er sprach überhaupt nicht viel damals. Und es war das einzige Mal, daß wir zusammen waren, das einzige Mal überhaupt, daß ich irgendwie mit ihm zu tun hatte. Danach gab es nur noch Weiawala für ihn. Na ja, und ich war ja sowieso dann mit Staip zusammen. Wenn ich gewußt hätte, daß Salaman einmal König sein würde – aber wie hätte ich sowas wissen sollen, wir hatten doch gar keine Könige, das Wort selbst bedeutete gar nichts für uns…«
    »Mutter Boldirinthe!« drängte Thu-Kimnibol heftiger.
    Er befürchtete, die Alte würde ihm ihre ganze Lebensgeschichte herunterbeten, jede einzelne Kopulation, jedes Tvinnr-Erlebnis der letzten fünfzig Jahre en detail. Doch sie hatte anscheinend ihren Rückerinnerungssalto beendet. Ihr Geist konzentrierte sich nun ganz auf ihre Aufgabe. Sie berührte Thu-Kimnibol behutsam mit ihrem Sensor. Dann schlug sie die heiligen Fünf Zeichen, sprach die angemessenen Formeln, überreichte ihm die Talismane, brachte die Götter herab in das Gemach und weitete Thu-Kimnibols Seele für sie, so daß sie Eingang fänden. Sie erschienen vor ihm ganz leibhaft lebendig, in so starker Wirklichkeit, daß er sie alle nach ihrem Aussehen erkannte, obwohl sie gestaltlos und bloße göttliche Aura waren. Leuchtende Lichtwolken waren sie, die ihn im Dunkel umkreisten. Da war die liebevolle Mueri, und dies war der grimme unerbittliche Dawinno, und dort Emakkis-der-Ernährer, und da Friit, da Yissou, der ihn beschützen würde. Im heiligen Schutz, den Boldirinthes Opferkammer bot, tat er sich auf und streckte sich den Göttern entgegen, und er fand sie: die Fünf Himmlischen, die über die Welt herrschten. Und er umhüllte seine Seele mit dem schützenden Mantel ihrer schützenden wärmenden Nähe. Es war die innigste Kommunion, die er jemals erlebt hatte, jedenfalls kam es ihm so vor in diesem Augenblick. Ein Gefühl großer Befriedigung kam über ihn – und tiefer anhaltender Friede.
    Er fühlte sich zum Aufbruch bereit. Die Götter waren mit ihm, seine Götter, die er begriff und liebte. Sie würden ihn geleiten und beschützen auf seiner Reise in den Norden.
    Mit den in jüngerer Zeit im VOLK aufgekommenen komplizierteren (weniger simplen) Theologismen hatte Thu-Kimnibol nichts im Sinn. Da gab es Gruppen, die verehrten die verschwundenen Menschlichen – ja, sogar solche, die behaupteten, diese Menschen seien größere Götter gewesen als die Heiligen Fünf. Andere beugten vor dem Beng-Gott Nakhaba die Knie und behaupteten, sogar er nehme im Himmlischen Bereich einen höheren Rang ein als die Fünf, da er der Vermittler sei, der mit den Menschlichen sprechen und die Sache des VOLKS vertreten könne.
    Und dann gab es da noch andere – das waren meist Leute von der Universität, eben die Gruppe um den alten Hresh –, und die redeten von einem Gott, der über allen anderen sein sollte, höher als die Menschlichen und Nakhaba und die Fünffaltigkeit. Der Sechste, so nannten sie diesen Gott. Der Schöpfer-Gott. Von ihm (oder ihr) war gar nichts bekannt, und sie sagten, es könnte auch nie etwas bekannt sein, da ER-SIE-ES grundsätzlich nicht ge- oder erkannt sein könne.
    Thu-Kimnibol wußte nichts mit einem derartigen Überangebot von Göttern anzufangen. Ihm erschien es als nutzlos, sich mit noch mehr als den Fünfen herumzuschlagen. Jedoch fiel es ihm leichter, die Bereitschaft zu einer Verehrung dieser anderen Götter zu verstehen, als die Haltung dieser

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