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Der neue Frühling

Der neue Frühling

Titel: Der neue Frühling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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hat er Anspruch auf die üblichen Höflichkeitsformen, die einem Diplomaten zustehen, in diesem Falle: Immunität und Sonderprivilegien. Entweder man räumt ihm ungehinderte Bewegungsfreiheit in der Stadt ein, weil er ein Bürger von ihr ist, oder aber weil er der Repräsentant einer souveränen Nation ist, mit der wir uns nicht im Kriegszustand befinden.«
    Ihre Augen blitzten vor Zorn, die Nasenflügel blähten sich, ihre Brust wogte. Curabayn Bangkea geriet bei ihrem Anblick ebenfalls in Erregung. Sie trug weiter nichts als eine Schärpe und ein paar Schmuckbänder über den Schultern. Keineswegs eine ungewöhnliche Kostümierung in dieser warmen Jahreszeit, dennoch aber spärlicher, als es heutzutage bei unvermählten Frauen üblich war. Eine solche Fast-Nacktheit mochte in der Epoche des Kokons tolerabel gewesen sein, dachte Curabayn Bangkea, aber wir sind jetzt denn doch ein wenig zivilisierter geworden. Warum mußte dieses Mädchen nur dermaßen provozieren!
    Ausweichend sagte er: »Das Procedere schreibt vor, daß alle Fremden für eine gewisse Zeit ins Mueri-Haus zur Beobachtung verbracht werden, bis wir Gewißheit haben, ob sie Spione sind oder nicht.«
    »Er ist kein Spion. Er ist ein Abgesandter der Königin.«
    »Nun, es gibt Leute, die argumentieren würden – und dein Gevatter, Prinz Thu-Kimnibol beispielsweise gehört zu ihnen –, daß das mehr oder weniger auf eins hinausläuft.«
    »Dem mag sein, wie immer ihr wollt«, entgegnete Nialli. »Er hat sich mir gegenüber beschwert, daß er quasi in Haft gehalten werde. Er empfindet das als unfreundlichen und rechtswidrigen Akt. Und ich schließe mich dieser Meinung an. Ich möchte dich daran erinnern, daß mir die Verantwortung für sein Wohlergehen übertragen ist. Der Chronist höchstpersönlich hat ihn in meine spezielle Obhut gegeben, wenn ich dich daran erinnern darf.«
    Curabayn riß daraufhin momentan seine Augen einen Spaltweit auf. »Wenn es nach mir ginge, Edle, ich würde ihn sofort aus jeglicher Beschränkung befreien. Aber er untersteht der Jurisdiktion von Husathirn Mueri. Er saß auf dem Richterthron, an dem der Fremdling in Gewahrsam gebracht wurde. Du solltest dein Ersuchen an ihn richten, nicht an mich.«
    »Ich verstehe. Ich dachte, das fällt unter die Befugnisse des Hauptmanns der Wachen.«
    »In dieser Sache habe ich keinerlei Autorität. Doch wenn du es wünschst, werde ich bei Husathirn Mueri zu deinen Gunsten vorstellig werden.«
    »Du meinst, zu Kundalimons Gunsten!«
    »Ja, richtig. Ich werde versuchen, daß der Befehl abgeändert wird. Wenn es mir gelingt, wird man dich heute im späteren Tagesverlauf benachrichtigen, hoffe ich. Du wohnst noch im Nakhaba-Haus, ja?«
    »Ja. Ich danke dir. Ich weiß deine Hilfe zu schätzen, Curabayn Bangkea.«
    Aber sie klang nicht übertrieben dankbar. Ihr Blick war steinkalt, kein Anflug von Wärme darin, und auch der Zorn schwelte dort noch immer. Irgendwas war ganz eindeutig schiefgelaufen, und sein Hilfsangebot hatte daran nichts ändern können.
    »Gibt es sonst noch was, was ich für dich tun kann, Edle?«
    Nialli schwieg eine Weile. Sie gestattete sich ein kurzes Senken ihrer Augenlider, ehe sie sprach: »Doch. Da ist etwas sehr Törichtes, und ich zögere eigentlich fast, dir davon zu sprechen; es war so – beleidigend. Es gibt da einen Bruder von dir, der Wachdienst am Mueri-Haus hält – Elythayn, ja, so heißt er, glaub ich… Er ist doch dein Bruder?«
    »Eluthayn, ja. Mein jüngster Bruder.«
    »Also gut. Vor einigen Tagen, ich kam zu meinem regelmäßigen Besuch ans Haus, hat dieser dein Bruder versucht, mich zu belästigen. Es kam zu einem häßlichen Auftritt.«
    Curabayn fragte verständnislos: »Dich zu belästigen, Edle?«
    Wieder blähten sich ihre Nasenflügel. »Du verstehst schon, was ich meine! Er machte mir grob-unzüchtige Angebote, dieser dein Bruder. Völlig überraschend und ohne daß ich ihn im geringsten herausgefordert hätte, trat er mir zu nahe, blies mir seinen stinkenden Atem ins Gesicht und… und er…«
    Sie brach ab. Curabayn Bangkea war alarmiert. War sein Bruder wirklich dermaßen idiotisch gewesen, sich sowas zu erlauben? Na, also sie hat ihn bestimmt ganz schön provoziert, dachte er, und starrte Niallis entblößte Brüste an, die langen seidigen Schenkel unter dem glatten rotbraunen Pelz… Doch wenn Eluthayn es wirklich gewagt hatte, unaufgefordert Hand an die Häuptlingstochter zu legen…
    »Er hat dich berührt, Edle?

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