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Der Neue Frühling

Der Neue Frühling

Titel: Der Neue Frühling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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können. Keine ihrer Vorbereitungen erwies sich als nützlich.
    Als sie den Dorfrand erreichten, lenkte Siuan ihren Grauen wieder an die Seite des Bannerträgers, und sie war noch immer so in ihre eigenen Gedanken versunken, dass sie fast mit ... nein, nicht mit Anmut, aber mit so etwas Ähnlichem wie Beständigkeit ritt. »Bannerträger Steler.« Ihr Ton verband Festigkeit mit Höflichkeit, und einem starken Element Sicherheit. Es hatte große Ähnlichkeit mit einer befehlsgewohnten Stimme. Steler drehte ihr den Kopf zu und blinzelte überrascht. »Natürlich ist Euch bekannt, warum wir hier sind«, fuhr sie fort und wartete kaum sein Nicken ab. »Die Frauen, die vermutlich am ehesten abreisen, bevor sie von dem Geburtsgeld hören, sind jene in den Lagern, die am weitesten von der Stadt entfernt sind. Ein Besuch gestern wäre mit einiger Gefahr verbunden gewesen, aber die Amyrlin erhielt Berichte, dass die Aiel sich zurückziehen.« Beim Licht, sie klang doch tatsächlich, als würde die Amyrlin regelmäßig ihre Berichte mit ihr teilen! »Die Amyrlin hat ihren Unwillen zum Ausdruck gebracht, auch nur eine dieser Frauen ohne ihr Geld gehen zu lassen, Bannerträger, darum schlage ich mit allem Nachdruck vor, dem Drängen der Amyrlin zu folgen und mit den entferntesten Lagern anzufangen.« Ihre Geste wäre jedem außer Moiraine als vage erschienen, aber sie zeigte zufällig direkt auf den Drachenberg. »Der Amyrlin-Sitz wird das wünschen.«
    Moiraine hielt den Atem an. Konnte Siuan den Schlüssel gefunden haben?
    »Wie ich gehört habe, gibt es auf dieser Seite des Erinin nicht einen Aiel«, erwiderte Steler in zugänglichem Tonfall. Im nächsten Augenblick machte er ihre Hoffnungen zunichte. »Aber man hat mir befohlen, die Lager in unmittelbarer Nähe des Flusses zu nehmen, also werden wir die nehmen. Und man hat mir gesagt, sollte jemand Ärger machen, soll ich sie auf der Stelle zurück zur Burg bringen. Ihr macht doch keinen Ärger, oder? Dachte ich mir.«
    Siuan zügelte ihr Pferd, bis Moiraine sie eingeholt hatte. Sie schaute nicht finster drein, aber ihr Blick auf den Rücken des Bannerträgers war wie aus blauem Eis. Plötzlich flammte der Schein Saidars um sie auf.
    »Nein, Siuan«, sagte Moiraine leise.
    Siuan sah sie stirnrunzelnd an. »Weißt du, möglicherweise will ich ja nur weiter voraus schauen. Falls dort noch mehr Weißmäntel warten.«
    Moiraine hob eine Braue, und Siuan errötete, und das Licht um sie herum verschwand. Sie hatte kein Recht, so überrascht auszusehen. Nachdem sie sechs Jahre einander so nahe wie ihre Gürtelbeutel gewesen waren, verriet Moiraine ein Blick, dass ihre Freundin Unfug im Sinn hatte. Für jemanden, der so intelligent war, konnte Siuan manchmal ausgesprochen blind sein.
    »Ich kann nicht verstehen, wie du das erträgst«, murmelte die größere Frau und stemmte sich ein Stück in ihren Steigbügel hoch. Moiraine musste zugreifen, um zu verhindern, dass sie zu Boden stürzte. »Wenn das Lager noch weit entfernt ist, brauche ich eine Schwester zum Heilen.«
    »Ich habe eine Salbe«, sagte Moiraine und tätschelte zufrieden die Ledertasche, die an ihrem Sattel hing. Federmesser und Dolch mochten sinnlos sein, aber immerhin hatte sie an die Salbe gedacht.
    »Nur wenn du da eine Kutsche drin hast«, murmelte Siuan, aber Moiraine lächelte bloß.
    Alindaer lag verlassen und still vor ihnen. Im Verlauf der Trolloc-Kriege war das Dorf mindestens dreimal niedergebrannt worden, dann noch einmal gegen Ende des Krieges mit dem Zweiten Drachen, und wieder zweimal während der zwanzigjährigen Belagerung von Tar Valon durch die Truppen Artur Falkenflügels, und es hatte den Anschein, als hätten die Bewohner wieder damit gerechnet. Hier stand ein Stuhl mitten auf der zugeschneiten Straße, dort ein Tisch, eine Puppe, ein Kochtopf, alles war von den Leuten fallen gelassen worden, die sich beeilt hatten, in die Stadt zu kommen mit dem, was sie gerade hatten mitnehmen können. Andererseits schien jedes Fenster ordentlich verrammelt zu sein, und jede Tür war zu und zweifellos abgeschlossen; was zurückgelassen worden war, wartete in Sicherheit auf die Rückkehr der Menschen. Aber der Gestank nach Verbranntem war hier stärker als auf der Brücke, und die einzigen Geräusche kamen von den im Wind pendelnden Wirtshausschildern und dem dumpfen Klappern der Pferdehufe auf dem Kopfsteinpflaster unter dem Schnee. Der Ort erschien nicht länger unverdorben, er erschien ... tot.
    Moiraine

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