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Der neunte Buddha - Thriller

Der neunte Buddha - Thriller

Titel: Der neunte Buddha - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Befehl sein konnte. Eine kurze Stille folgte, dann knallten wieder zwei Schüsse. Er meinte, sie seien hinter einer Baumgruppe zu seiner Linken abgegeben worden. Von dort hörte er jetzt auch deutlich Stimmengewirr, konnte aber nicht ausmachen, was gesprochen wurde, oder auch nur, in welcher Sprache.
    Durch das Dickicht schlich er sich an die Stimmen heran. Das Unterholz verbarg ihn, aber er konnte nicht genau erkennen, worauf geschossen wurde. Vielleicht waren es Kaninchen. Aber kein Tier flüchtete durchs Unterholz.
    Wären es Kaninchen gewesen, dann hätte Christopher nach dem nächsten Schuss die Lichtung betreten. Aber er blieb still stehen und presste sich gegen einen Baumstamm. Dort draußen senkte sich langsam die Nacht über die Welt.
    Das letzte Sonnenlicht schwand vom Himmel, suchte sich hoffnungslos an den Baumwipfeln festzuhalten, wurde dünner, schwächer und zerfiel. Bald würde es dunkel sein.
    Auf der Lichtung bildeten etwa zwanzig Mann in schmutzig weißen Uniformen einen Kreis. Sie trugen rote Käppis mit einer Kokarde, auf der ein Schädel mit zwei gekreuzten Knochen zu sehen war – das Emblem von Annenkows bereits aufgelösten sibirischen Truppen. Sie waren mit 8-Millimeter-Mannlicher-Gewehren bewaffnet, deren Mündungen zur Mitte der Lichtung zeigten. Hier standen sie – fern der Heimat, wohin die Rückkehr ihnen verwehrt war, und lebten ihre Apokalypse in der mongolischen Wildnis aus. Einige kämpften bereits seit 1914. Sieben Jahre Krieg und immer noch kein Ende.
    In der Mitte der Lichtung in einer kleinen Mulde, wo man das Unterholz sorgfältig gerodet hatte, lagen etwa vierzig Leichen auf einem Haufen durcheinander. Sie waren in graue Uniformen mit roten Winkeln am Ärmel gekleidet, viele trugen Pelzmützen mit einem roten Stern, einige wiealtertümliche Helme geformte Mützen aus Filz mit Hammer und Sichel darauf. In der Nähe befand sich noch ein weiteres Dutzend Männer in derselben Uniform, die auf ihr Schicksal warteten.
    Christophers Aufmerksamkeit konzentrierte sich auf einen einzigen Mann, einen kleinwüchsigen weißgardistischen Offizier, der unweit des Leichenberges stand. Er war in einen verschlissenen grauen mongolischen Umhang gehüllt und hatte eine alte grüne Schirmmütze der Kosaken auf dem Kopf. Sein rechter Arm steckte in einer schwarzen Schlinge, die aussah, als trage er sie seit seiner Kindheit, wenn er denn je eine gehabt hatte. Aber auf seinen Schultern prangten Generals-Epauletten. In der linken Hand hielt er einen schweren Armeerevolver. Jetzt wandte er sich dem nächsten Gefangenen zu.
    » Kak wascha familia? – Wie ist Ihr Familienname?«, fragte er. In der Stille klang seine Stimme rau und bedrohlich.
    Der Gefragte zitterte im sinkenden Sonnenlicht. In seinen Augen sah Christopher blanke Hoffnungslosigkeit, als sei das Leben schon aus ihm gewichen, bevor die Kugel ihn traf. Er war jung, fast noch ein Kind.
    »Araktschejew«, antwortete der Junge. Wie alt mochte er sein? Fünfzehn? Sechzehn? Die Stimme war tonlos. Seine Identität bedeutete ihm nichts mehr.
    » Imja i otschestwo? Vor- und Vatersname?«
    »Juri Nikolajewitsch.«
    Der General wandte seinen Kopf ein wenig und bellte einen Befehl an die Adresse eines zweiten Offiziers, der in der Nähe stand. Er trug eine speckige weiße Uniform. Ein Leutnant, wahrscheinlich frisch von der Militärakademie. Er hielt ein dickes Buch in der Hand.
    »Eintragen!«, befahl der General.
    Der Leutnant notierte die Angaben korrekt in dem Buch,wie es Vorschrift war. Weder Gericht noch Militärtribunal oder Urteil gab es hier, nur den Tod. Aber die Toten mussten registriert werden. Wenn der neue Zar den Thron bestieg und sein Volk mit dem Glanz seiner Rückkehr in Begeisterung versetzte, dann sollte er Ordnung vorfinden. Eine Million Tote. Zwei Millionen. Zwanzig Millionen. Aber alles vorschriftsgemäß – ein Friedhof mit nummerierten Grabstätten und Wegweisern, die den Ausgang anzeigten.
    »Woher?«
    »Gorki.«
    »Rang?«
    »Unteroffizier.«
    »Einheit?«
    »Zweite Schwadron, Kommunistische Innere Verteidigung.«
    »Alter?«
    Der Junge zögerte.
    »Achtzehn«, sagte er dann. Das war sicher gelogen. Beide wussten es.
    »Geben Sie zu, Bolschewik zu sein?«
    Der Junge stockte wieder. Einen Augenblick lang schien er etwas Hoffnung zu schöpfen. Reichte es aus, wenn er das bestritt? Aber als er den Blick des Generals sah, war alle Hoffnung dahin.
    »Ja.«
    »Und ein Verräter am Zaren und dem heiligen Russland?«
    »Kein

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