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Der neunte Buddha - Thriller

Der neunte Buddha - Thriller

Titel: Der neunte Buddha - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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ihrer eigenen Traurigkeit nach, ohne einschlafen zu können.
    Am nächsten Tag ritten sie in trübem Schweigen dahin. In der leeren Ebene wirkte die Kolonne wie eine zerrissene Kette aus billigen Glasperlen. Ein Mann starb an den Verletzungen, die er bei dem Hinterhalt im Wald erlitten hatte. Sie ließen ihn einfach nackt und bleich in der Steppe liegen. Sein Pferd nahmen sie mit.
    An diesem Abend zeigten die Männer erste Anzeichen von Unruhe. Erregt von dem Morden und dem kindlichen Spaß, einen Wald anzünden zu dürfen, der den Ort ihrer Verbrechen mit schwarzer Asche bedeckte, hatten sie bisher eine Art morbider Befriedigung empfunden und ihre sinkende Stimmung mit einer kräftigen Portion Selbstgefälligkeit aufrechterhalten.
    Aber am zweiten Tag, besonders nach dem Tod des Verwundeten, begann sich öde Langeweile unter ihnen auszubreiten. Sie rutschten in ihren Satteln hin und her, wollten endlich in Urga sein oder wieder auf bolschewistische Eindringlinge Jagd machen. Einige unternahmen einen Abstecher zu einem nahen Nomadenlager und kamen mit einem größeren Vorrat Hanchi , einem lokalen Schnaps, zurück.
    Der machte am Abend nach dem Essen die Runde, was die Stimmung der Männer beträchtlich hob. Sie sangen alte russische Lieder von Mädchen mit blondem Haar und Birken, die sich im Herbstnebel wiegten. Dabei wurden sie immer sentimentaler und weinerlicher.
    Die Älteren erzählten den Jüngeren traurige Heldengeschichten, die sie schon hundertmal gehört hatten. Als die Nacht voranschritt, kamen Zoten und Prahlereien mit erotischen Abenteuern hinzu. Jetzt wurden andere Lieder gesungen. Getrennt von den Übrigen, saß Resuchin an seinem Feuer, die schwarze Schlinge unsichtbar im Dunkeln, undrauchte Haschisch aus einem eigenen Vorrat, den er stets in der Satteltasche bei sich führte.
    Es war kurz nach Mitternacht, als den Männern einfiel, Chindamani zu holen. Die Feuer waren heruntergebrannt, und von Süden her verdeckten Wolken den Mond. Vielleicht hatte sie der Hanchi alle Vorsicht vergessen lassen, oder die Dunkelheit gab ihnen ein Gefühl der Sicherheit bei dem, was sie da planten. Denn Resuchin hatte die Frau für tabu erklärt. Damit wollte er sich für den Fall absichern, dass die Engländer für Ungern-Sternberg tatsächlich von Wert sein sollten. Aber er schlief bereits in seinem Zelt und bemerkte nicht, was in seinem Lager vorging.
    Mehrere Männer hatten Chindamani schon den ganzen Tag lang heimliche Blicke zugeworfen, aber keiner wagte es, sich ihr zu nähern oder sie anzusprechen. Seit Jahren hatten sie nicht mehr mit einer Frau zu tun gehabt, die keine Prostituierte oder Ähnliches war. Wie hartgesotten sie auch sein mochten, irgendwo waren ihnen schwache Erinnerungen an die gesellschaftlichen Gepflogenheiten geblieben, nach denen man sie erzogen hatte. Auf einige warteten Frauen und Bräute in der Heimat. Und Chindamani hatte, vielleicht unbewusst, aber nicht weniger eindeutig, eine unsichtbare Grenze um sich gezogen, die die Männer davon abhielt, mehr als nur Seitenblicke in ihre Richtung zu wagen.
    Die Dunkelheit und die Wirkung des Hanchi hatten das geändert. Sentimentalität war in Selbstmitleid umgeschlagen. Dieses wiederum erzeugte Rachegefühle gegen Deutsche, Bolschewiken und jeden, den sie für den Verlust Russlands und ihrer Privilegien verantwortlich machten. Der Drang nach Vergeltung brachte eine seltsame, mit Vernunftgründen nicht zu erklärende Gier hervor, die weniger körperlicher Herkunft war, als den Tiefen einer verwundeten Seele entsprang.
    Chindamani war das ideale Opfer, nicht nur, weil sie die einzige Frau in ihrer Umgebung war, sondern weil sie so viele Kontraste in sich vereinte, dass sie es einfach nicht ertragen konnten. Sie erinnerte sie einerseits an die Frauen, die sie in Moskau oder St. Petersburg zurückgelassen hatten, andererseits auch an die Frauen des Ostens, mit denen sie seitdem in Kontakt gekommen waren. Sie war so attraktiv wie nur ihre verlorenen Geliebten es gewesen waren, jedoch unantastbar wie eine Madonna, die sie entflammte, aber auch zu Kindern oder Priestern machte, entmannt und rein, zugleich nach Unreinem lechzend. Die Mischung erwies sich als unerträglich.
    Vier von ihnen näherten sich dem Zelt, wo sie und die beiden Männer endlich in einen unruhigen Schlaf gefallen waren. Nur ein einzelner Wachtposten war zurückgeblieben, der selber schon halb schlief, weil Freunde ihn mit Hanchi bewirtet hatten.
    Sie rissen Chindamani aus dem

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