Der neunte Ton: Gedanken eines Getriebenen (German Edition)
Kalender. Es ist für mich eine gute Möglichkeit, Organisation zu erzeugen, Texte für Korrespondenzen zu entwerfen und im täglichen Miteinander Ziele zu realisieren. Das Buch begleitet mich durch das Jahr und ist immer griffbereit. Vor wenigen Wochen habe ich mir überlegt, was mit diesen Büchern einmal geschehen wird. Ich möchte, dass mein Sohn sie bekommt und dann darüber entscheidet. Vielleicht interessiert es ihn, später einmal die Gedanken seines alten Herrn nachzulesen. Vielleicht auch nicht.
Auch über den Tod und das, was bleibt, mache ich mir manchmal Gedanken. Was gebe ich zurück? Was hinterlasse ich? Damit sind nicht materielle Dinge gemeint. Es geht vielmehr darum, eine Lebenseinstellung, eine Vision zu hinterlassen, die vielleicht von den Angehörigen aufgenommen und weitergetragen wird. Ich würde mich freuen, wenn sich Yaris eines Tages ebenfalls sozial engagiert. Er zeigt schon jetzt großes Interesse an den Lebensumständen anderer Kinder. Er ist neugierig, fragt nach und natürlich versuchen meine Frau und ich, ihm Engagement vorzuleben.
Yaris’ Geburt hat mich verändert. In dem Moment, in dem aus allein plötzlich zwei bzw. drei wurden, ergaben sich neue Perspektiven. Ich habe festgestellt, dass ich plötzlich nicht mehr so frei entscheiden kann, wie ich es einmal konnte. Ich handle, so gut es geht, im Sinne der Familie und die Geburt meines Sohnes, bilde ich mir ein, hat mich sensibilisiert. Es ist ein merkwürdiges Gefühl und schwierig zu beschreiben. Ein Kind macht weicher, aber gleichzeitig auch härter. Ich bin dankbar, dass ich ein »später« Vater bin, und Yaris’ Geburt kam im richtigen Augenblick. Meine Frau Tania und er haben eine Ruhe in mein Leben gebracht, die ich nicht mehr missen möchte. Sie sorgen für meine innere Balance. Gerade Tania gleicht vieles aus, was an Hektik in meinem Beruf entsteht. Es ist gut, sie an meiner Seite zu wissen. Wir leben sehr geerdet und legen Wert auf Normalität als Gegenpol zu der Exponiertheit, die mein Job zwangsläufig erzeugt.
Wenn ich über meinen Sohn und die Zukunft meiner Familie nachdenke, spielt mein eigenes Ende dabei natürlich auch eine Rolle. Dabei bin ich mir gar nicht so sicher, ob ich ehrlich mit mir selbst umgehe. Denn eigentlich neige ich dazu, zu sagen: »Es kratzt mich nicht. Wenn meine Zeit gekommen ist, dann ist es eben so.« Aber möglicherweise bin ich dann, wenn es so weit ist, doch nicht so cool und werde zum Bettler. Um Zeit. Es gibt ja noch so viel zu tun …
Bild 21.: Die Kapelle auf Mallorca ist ein Ort zum Nachdenken
Der 9. Ton
Für einen kinderfreundlicheren Umgang in der Gesellschaft
… und nun fragen Sie sich möglicherweise: »Was haben die vorangegangenen Seiten mit dem ›9. Ton‹ zu tun?« Die Erklärung dafür bzw. der Standpunkt ist natürlich subjektiv, sehr persönlich. Dafür gibt es mannigfaltige Interpretationen. Diese hier ist sogar eine ziemlich musikalische. Es geht um die Tonleiter und um die Definition, wie viele Töne sie hat. »Kinderspiel«, werden Sie sagen. »Acht, selbstverständlich!« – Die Antwort: »Falsch! Es sind neun!« Neun? Wieso und warum? Stellen Sie sich einfach ein Orchester vor, das zwar die Tonleiter beherrscht, aber nicht den neunten Ton. Was also ist der 9. Ton? Nun, der 9. Ton ist der gute Ton. Ohne ihn wären die Musiker eines Orchesters nicht in der Lage, harmonisch miteinander zu musizieren. Dieser 9. Ton steht für respektvolles Zusammenspiel, dafür, dem anderen Raum zu geben, sich entfalten zu können, sich gegenseitig zu motivieren, Experimente zu wagen und gemeinsam zu siegen. Er steht dafür, Dialoge zu entfachen, andere glücklich zu machen, sich zu öffnen, um andere zu berühren. Er steht dafür, Neugierde auf Unbekanntes zu entwickeln und den Reichtum in der Vielfalt zu erkennen, keine Angst zu haben, auf die eigene Haltung zu bauen. So zu spielen, gibt Sicherheit, schafft Vertrauen. WIR ist wichtig und nicht ICH. Nur die Summe aller Talente, die gemeinsame Anstrengung schafft Kraft, andere abzuholen, sie mitzunehmen und zu begeistern.
Bild 22.: So kann er aussehen, der 9. Ton
Übertragen Sie diese Schlussfolgerungen einfach auf unsere Gesellschaft. Wenn wir uns entschließen würden, ähnlich vorzugehen wie ein Orchester, das den 9. Ton beherrscht, hätten wir die besten Voraussetzungen, die größte Chance, anstehende Fragen zu lösen, Perspektiven für uns und nachkommende Generationen zu erzeugen. Der 9. Ton ist der Schlüssel dazu.
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