Der Nine-Eleven-Junge - Bruton, C: Nine-Eleven-Junge - We can be heroes
»Ohne diese Frau ist er besser dran.«
»Richtig!«, brummt Jed in seinem Bett. Ich bin mir nicht sicher, ob ich es hören soll oder nicht.
»Ich bin nur froh zu sehen, dass er ein bisschen zur Ruhe kommt, das ist alles«, sagt Oma.
»Das hat er aber auch bitter nötig«, erwidert Opa.
Jed steht auf und schließt die Tür. »Besser, uns hört keiner reden«, sagt er. »In diesem Haus sind die Wände wirklich wie aus Papier.«
Dann klettert er auf die Fensterbank.
Ich sage nichts. Ich bin mir nicht sicher, ob ich so tun soll, als hätte ich nichts gehört von dem, was Opa und Oma gerade geredet haben.
»Komm schon!«, sagt er ungeduldig. »Hast du das Fernglas?«
Ich hole es unter meinem Kopf kissen hervor und klettere neben ihm hoch. Es ist schon recht spät, und die Besucher beginnen am Haus der Muhammeds einzutrudeln. Es sind alles Männer, sie haben Kaftane an und tragen Plastiktüten oder große Pakete.
»Wahrscheinlich Material zum Bombenbauen!«, sagt Jed.
Er versucht, Bilder mit seinem Handy zu schießen, aber die Männer sind zu weit weg, und die Fotos sind alle ganz dunkel und verschwommen.
»Damit kann niemand auch nur einen von denen identifizieren«, sagt Jed verärgert.
»Warum schreiben wir nicht alle Nummernschilder der Autos auf ?«
»Das könnten wir machen«, gibt er zu.
»Und ich zeichne ein paar Bilder, dann können wir später Phantombilder anfertigen.«
Das machen wir also, aber Jed sagt dauernd irgendwelchen Blödsinn wie: »Die sehen alle gleich aus« und »Warum müssendie alle die gleiche Haarfarbe haben? Wieso gibt es keine blonden oder rothaarigen Muslime? Warum sieht man von denen nie welche?« Nach und nach wird es dunkel, und nach einer Weile müssen wir aufgeben, weil wir nichts mehr erkennen können.
Es sieht mir sowieso überhaupt nicht nach einem streng geheimen Treffen einer Terrorzelle aus, und wenn es tatsächlich eines ist, dann gehen sie nicht sehr geheim vor, denn sie machen eine Menge Lärm und lachen und spielen laut Musik.
Außerdem ist Pritis Vater da, denn wir sehen ihn, wie er die Gäste willkommen heißt, wenn sie ankommen, und ich glaube nicht, dass Shakeel eine Schar Terroristen einladen würde, wenn seine Eltern zu Hause sind. Ich sage Jed das auch, aber er entgegnet, dass ich nicht einmal gemerkt hätte, dass Shakeel ein Terrorist ist, ehe er mich darauf aufmerksam machte, was also verstünde ich schon davon.
»Außerdem«, sagt er, »gehört Mr. Muhammed vielleicht selbst zu der Zelle. Wie der Vater, so der Sohn.«
»Für mich sieht es aus, als würden sie keinen Bombenanschlag planen, sondern eine Party feiern.«
»Die sind eben richtig clever, diese Leute«, sagt Jed. »Sie tun alle ganz unschuldig – bis es plötzlich knallt!« Er beschreibt mit den Händen eine detonierende Bombe. »Und dann, krawumm, fliegt die ganze Straße in die Luft! Ich bin froh, dass ich nicht mehr lange hier bin. Du bist derjenige, der sich plötzlich auf Ground Zero wiederfindet, wenn deine Mum nicht bald wieder aus der Klapsmühle rauskommt.«
»Sie ist nicht in der Klapse!«, rufe ich.
»Nee, klar, und dein Dad wohnt bei Elvis in New Mexico, was?«
»Sie würden sowieso nicht die Sackgasse sprengen«, sage ich.
»Das weiß man bei diesen Leuten nie. Unberechenbarkeit ist für sie der Schlüssel zum Erfolg. Die Polizei kommt doch nie mit Sprengstoffspürhunden in eine ruhige Sackgasse wie die hier. Wahrscheinlich sind sie deshalb hierhergezogen.«
»Shakeel wird ja wohl kaum das Haus in die Luft jagen, in dem er wohnt, oder?«
»Warum sollte er nicht? Er kommt dafür ja in den Muslim-Himmel oder wie das heißt mit den ganzen Jungfrauen. Da wird er seinen Flachbildfernseher nicht besonders vermissen.«
»Jungfrauen?«
»Jetzt erzähl mir bloß nicht, dass du nicht weißt, was eine Jungfrau ist!«
»Sicher weiß ich das.« Ich werde rot. »Aber … was haben die damit zu tun, dass er sein Haus sprengt?«
»Wenn ein Selbstmordattentäter in den Muslim-Himmel kommt, kriegt er scharenweise Jungfrauen. Hab ich irgendwo gelesen. Oder mein Dad hat es mir erzählt.«
Ich sehe einen Haufen Bauchtänzerinnen auf einer flauschigen weißen Wolke vor mir.
»Wieso?«
»Was meinst du wohl?«, schnaubt Jed und sieht mich an. Langsam tritt ein Grinsen in sein Gesicht. »Du weißt es nicht, oder?«
»Sicher weiß ich es«, beeile ich mich zu sagen. »Ich meinte, wieso bekommen sie sie? Ist das eine Belohnung oder was?«
»Ich wusste, dass du es nicht
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