Der Nine-Eleven-Junge - Bruton, C: Nine-Eleven-Junge - We can be heroes
Schweinefleisch!«, ruft Priti.
»Egal«, sagt Jed. »Auf jeden Fall ist Vorsicht die Mutter der Porzellankiste. Ich meine, seht ihn euch an.« Wir blicken alle in Shakeels Zimmerfenster und sehen, dass er auf eine Computertastatur einhämmert. »Er könnte in diesem Augenblick eine Mail an al-Qaida schreiben.«
»Glaubst du, bin Laden hat E-Mail?«, frage ich und stelle mir einen Zeichentrick-Osama mit einem Laptop in einer Felsenhöhle mitten in der Wüste vor.
»Als Bildschirmschoner hat er wahrscheinlich ein Foto von deinem Dad, wie er aus dem Fenster springt«, sagt Jed grinsend.
Ich sehe ihn an. Er sieht mich an.
»Schon gut! Nicht dass du wieder ausrastest und mich schlägst«, sagt er wachsam.
»Ich mache, was ich will.«
»Nächstes Mal lasse ich es dir nicht so einfach durchgehen.«
»Dann eben nicht«, sage ich.
»Was hast du für Erinnerungen an Bens Dad?«, fragt Priti. Ich weiß, dass sie dabei an die Gedenkschachtel denkt.
»Erinnerungen?«, fragt Jed.
»Na, kannst du dich an irgendeinen besonderen Moment mit ihm erinnern?«
»Eigentlich nicht«, sagt Jed. Er starrt durch das Fernglas in Richtung Gebüsch – wahrscheinlich will er einen Blick auf das erhaschen, was Zara da tut.
»Du musst dich doch an etwas erinnern!«, sagt Priti.
»Na gut.« Er nimmt das Fernglas runter. »Ich erinnere mich an das eine Mal, als wir Fußball gespielt haben: Dad, Onkel Andrew, meine Mum und ich.« Er hält einen Augenblick lang inne, nachdem er seine Mum, meine Tante Karen, erwähnt hat. »Jedenfalls, Dad und ich waren in einer Mannschaft, gegen Onkel Andrew und Mum; sie spielte supermies, und er konnte nicht richtig rennen, weil er dich auf den Schultern hatte.«
»Mich?«
»Ja«, sagt Jed.
»Warum weiß ich das nicht mehr?«
»Keine Ahnung. Aber du warst erst zwei oder so.«
»Na, du kannst ja auch nicht viel älter gewesen sein«, erwidere ich.
»Gib bloß nicht mir die Schuld, dass du so ein mieses Gedächtnis hast.«
»Also, was ist passiert?«, fragt Priti ungeduldig.
»Ben saß auf Onkel Andrews Schultern, und er musste dich an den Füßen festhalten, wenn er rannte, und du bist auf und ab gehüpft und hast gekichert. Das war superlustig. Unsere Mannschaft hat ein Tor nach dem anderen geschossen, und mein Dad sagte immer, wie gut wir wären und wie mies meine Mum spielte, und dann schoss dein Dad zwei fantastische Tore. Dann war es Zeit für den Tee, und das Spiel endete unentschieden, und mein Dad war stinksauer deswegen.«
»Das ist alles?«, fragt Priti. Sie hat sich auf einem kleinen Block Notizen gemacht wie eine Sekretärin oder eine Reporterin.
»Ja. So ziemlich. Ich weiß noch, wie Onkel Andrew zu meiner Mum sagte: ›Wir können uns ja nicht jedes Mal von ihnen schlagen lassen, was, Karen?‹«
Wir schweigen, bis Priti sagt: »Also hat deine Mum bei euch gewohnt.«
»Klar.« Jed nimmt das Fernglas.
»Und seit wann wohnt sie nicht mehr bei euch?«
»Seit letztem Jahr. Da ist sie abgehauen.«
»Einfach so? Plötzlich war sie weg?«
»Sie sagte, sie kommt mich holen, sobald sie Fuß gefasst hat.« Jed starrt angestrengt ins Gebüsch.
»Und, hat sie das?«
»Sie hat es versucht, aber mein Dad hat gesagt, sie kann sich nicht einfach die Rosinen rauspicken und sich aussuchen, wann sie mal gerade als Mutter zur Verfügung steht.«
»Ich dachte, die Kinder bleiben immer bei ihren Müttern, wenn die Eltern sich trennen?«, sagt Priti.
»Na, ich hab gesagt, ich will nicht bei ihr bleiben, klar?« Jed senkt das Fernglas und schnippt sich das Haar aus dem Gesicht.
»Und wieso nicht?«
»Weil ich ihr nicht trauen kann, ist doch logisch«, erwidert er, ohne einen von uns anzusehen. »Wie mein Dad schon sagte, sie hat mich einmal verlassen; wer sagt, dass sie das nicht wieder tut? Wieso kümmert dich das überhaupt?«
»Tut es gar nicht«, entgegnet Priti. »Und, triffst du sie?«
»Nicht wenn ich drum herumkomme.« Jed starrt auf den Baumstamm und schnipst mit den Fingern Rindenstückchen ab.
»Will sie dich denn nicht sehen?«
»Natürlich will sie das.«
»Woher weißt du das?«
»Weil sie mich verfolgt. Sie wartet vor der Schule, wenn der Unterricht aus ist. Kommt zu Elternabenden, auch wenn sie gar nicht hindarf. Solche Sachen.«
Das wusste ich nicht. »Und was machst du?«, frage ich Jed.
Er guckt mich an. »Was meinst du wohl, was ich mache?«
Ich zucke mit den Schultern.
»Ich ignoriere sie natürlich.«
»Ernsthaft?«, fragt Priti. »Und was macht sie
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