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Der Nine-Eleven-Junge - Bruton, C: Nine-Eleven-Junge - We can be heroes

Der Nine-Eleven-Junge - Bruton, C: Nine-Eleven-Junge - We can be heroes

Titel: Der Nine-Eleven-Junge - Bruton, C: Nine-Eleven-Junge - We can be heroes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Bruton
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nicht sehen, mit wem er aneinandergeraten ist. Erst als wir fast schon auf gleicher Höhe sind, sehen wir, dass er Tante Karen vor sich hat.
    Genau in dem Moment, als wir sie erkennen, dreht sie sich zu uns um.
    »Jed«, sagt sie und streckt die Arme nach ihm aus, »mein Junge!«
    Doch kaum sieht er seine Mutter, macht Jed auf dem Absatz kehrt und rennt durch die Gasse zurück in den Park. Zurück zu den Bikern.
    »Bitte, Jed, komm zurück!«, ruft Tante Karen. »Jed – mein Schatz! Ich musste dich einfach sehen!« Ihre Augen sind rot und verquollen, als hätte sie geweint, und ihr Make-up ist verschmiert. Onkel Ian hält sie fest, damit sie Jed nicht hinterherlaufen kann. Priti und ich stehen wie angewurzelt da und wissen nicht, was wir tun sollen.
    »Siehst du!«, brüllt Onkel Ian sie an. »Er will nichts mit dir zu tun haben. Hör auf, ihm nachzustellen.«
    »Ich wollte ihn mir nur einmal ansehen, Ian.« Sie wendet sich ihm zu und sieht ihn bittend an. Selbst mit den schwarzen Streifen von der Wimperntusche im Gesicht ist sie noch sehr schön. »Er muss einfach wissen, dass er mir noch immer alles bedeutet und dass ich ihn nicht aufgegeben habe, auch wenn er nichts mehr von mir wissen will.«
    »Du stellst ihm nach. Du bist eine Stalkerin, würde die Polizei sagen. Du belästigst ihn.«
    »Ich wollte ihn nicht einmal ansprechen. Ich wollte nur hier sein und ihn sehen. Ian, bitte. Ein Sohn braucht seine Mutter.« Sie wirkt verzweifelt, aber nicht so, als hätte sie nicht mehr alle Tassen im Schrank – ich hatte fast erwartet, dass sie sich verrückt benimmt, aber das stimmt gar nicht: Sie ist traurig, mehr nicht.
    »Keine Mutter wie dich.« Onkel Ian hält sie noch immer fest, obwohl sie aufgehört hat, sich zu wehren,
    »Was hab ich ihm denn getan?«, fragt sie. »Ich weiß, dass ich dich verletzt habe, aber ihn niemals.«
    Als sie das sagt, stößt er sie weg – als hätte sie ihn angespuckt oder so. »Verschwinde hier bloß, ehe ich die Polizei rufe.«
    »Und was willst du denen sagen?« Sie hat sich beruhigt, und jetzt macht Onkel Ian den Eindruck, nicht ganz normal zu sein.»Dass ich an einem vom Gericht festgelegten Tag zu einem Besuchstermin bei meinem Sohn erschienen bin? Dass du den Gerichtsbeschluss ignorierst? Dass du unseren Sohn manipulierst? Man nennt so etwas emotionalen Missbrauch – in den USA haben Leute deswegen schon das Sorgerecht verloren. Ich weiß, was du treibst, und es wird nicht mehr lange dauern, bis die Richter es auch wissen – dann wirst du es sein, der mich anbettelt, Jed sehen zu dürfen.«
    »Verschwinde einfach, du verkorkste alte Hexe«, sagt Onkel Ian leise, aber mit sehr drohendem Blick. »Ich gehe jetzt meinen Sohn suchen. Solltest du noch hier sein, wenn ich zurückkomme, rufe ich die Polizei.«
    Dann drängt er sich an ihr vorbei und geht zum Park.
    Priti und ich bleiben mit Tante Karen stehen und wissen nicht, was wir sagen oder tun sollen.
    Nach kurzem Schweigen sagt sie zu uns: »Ich möchte mich bei euch entschuldigen, dass ihr das mit anhören musstet.«
    »Ist schon gut, Tante Karen«, sage ich.
    »Eure Mütter würden wohl auch darum kämpfen, euch sehen zu dürfen«, sagt sie mit einem zaghaften Lächeln.
    In dem Moment kommt Mik an uns vorbei. Er rennt die Gasse entlang Richtung Park. Er schiebt sich an Tante Karen vorbei; auf Priti und mich achtet er gar nicht. Er sieht fuchsteufelswild aus.
    »Oje!«, sagt Priti. »Jetzt haben wir echten Ärger. Komm schon, wir verschwinden.«
    Sie nimmt meine Hand und zieht mich zurück zur Party. Tante Karen bleibt stehen, wo sie ist, und starrt zum Park, wo Jed verschwunden ist.
    Priti und ich sitzen unter den Tischen und beobachten den Eingang der Gasse unter dem langen, rot-goldenen papierartigen Tischtuch hinweg und nippen an einer Dose mit Apfelwein, die Priti von Mrs. Sanders geklaut hat. Das Zeug ist warm, und ich finde, dass es abscheulich schmeckt, aber ich sage nichts.
    Bis Jed wiederkommt – ohne seinen Dad –, vergeht eine Ewigkeit. Er sieht völlig aufgewühlt aus, aufgewühlter, als ich ihn je erlebt habe. Schlimmer als in dieser Wirtschaft auf dem Land oder als Tante Karen schreiend vor dem Haus unserer Großeltern stand oder sogar, als er zu dem Treffen mit Oma Brenda musste.
    Priti streckt den Kopf unter dem Tisch hervor und pfeift durch die Finger. Jed kriecht unter den Tisch und zieht die Decke herunter, so weit es geht, als wollte er nicht gefunden werden, und dann sitzt er zusammengekauert da und

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