Der Nine-Eleven-Junge - Bruton, C: Nine-Eleven-Junge - We can be heroes
oder?«
»Wenn du noch mal knutschen willst, meinetwegen«, sagt Zara. Jed grinst. »Aber wenn du glaubst, ich küsse dich hier vor allen Leuten, dann hast du dich geschnitten.«
Das Lächeln verschwindet von Jeds Gesicht. »Wann dann?«, fragt er.
»Später, okay?«
»Du solltest dein Versprechen aber halten, denn ich hab auf meinem Handy Bilder, die deine Eltern nur zu gern sehen würden.«
Priti und ich wechseln einen Blick. Wir sind uns unsicher, ob Jed blufft.
Auch Zara ist verunsichert, aber sie erwidert: »Ja, klar!«
»Dann glaub mir eben nicht«, sagt Jed mit einem breiten Grinsen. Die Hand mit der Bierdose hat er noch immer unter dem T-Shirt, deshalb wirkt er ein bisschen schräg. »Aber was, wenn ich die Wahrheit sage?«
»Geh einfach auf den Baum, du kleines Ferkel«, sagt Zara. »Du kriegst schon noch, was dir zusteht.«
Jed scheint mit dieser Antwort zufrieden zu sein und haucht Zara auf unserem Weg in den Garten einen Kuss zu. Sie hält nur ihre Finger vor die Stirn, wo sie ein W bilden, von dem Jed glaubt, es heißt »Wie du willst«, aber Priti meint, es bedeutet etwas ganz anderes.
Am Ende sitzen wir drei also im Baumhaus und trinken warmes Bier, während alle anderen in der Sackgasse eine Party feiern.
»Hast du wirklich Bilder von Zara mit Tyreese?«, frage ich.
»Das möchtest du wohl gern wissen!«, erwidert Jed.
»Ich wette, er hat welche«, sagt Priti. »Er ist ein richtiger Spanner.«
Jed grinst. »Ich würde mich eher mit einem Paparazzo vergleichen.«
Von unserem Aussichtspunkt können wir die Biker im Park sehen. Sie haben ihre Motorräder an die Schaukelgerüste gelehnt.Als Zara auftaucht, fangen sie alle an zu pfeifen und zu spotten, doch sie steht einfach da, die Hände an den Hüften, und starrt sie nieder. Schließlich halten sie den Mund.
Dann geht sie direkt zu Tyreese, flüstert ihm etwas zu, dreht sich um und geht in Richtung Wald davon. Ihre Hüften schwingen, und sie blickt nicht zurück. Tyreese zögert einen Augenblick, dann folgt er ihr. Die anderen rufen ihm hinterher, aber er beachtet sie nicht.
Er wirkt ein wenig kleinlaut, und zum ersten Mal bekomme ich den Eindruck, dass er Zara vielleicht wirklich gern haben könnte.
Während Zara und er im Wald sind und tun, was immer sie da tun (Jed vermutet, dass sie sich wieder vertragen, Priti glaubt nicht daran, und sie weigert sich zu diskutieren, was sie tun könnten, falls sie sich wieder vertragen haben), wechseln wir uns mit dem Bier ab, das warm und bitter ist. Jed sagt, so etwas nennt man einen »Frauenprügler«. Er lacht. »Weil es in dir den Wunsch weckt, deine Frau zu verprügeln!«
»Deshalb mag dein Dad es so gern?«, fragt Priti.
»Was willst du damit sagen?«
»Ich frage mich nur, ob er je deine Mum geschlagen hat.« Priti zuckt mit den Schultern. »Vielleicht hat sie ihn deshalb verlassen?«
»Sei nicht blöd. Mein Dad hat ihr nie was getan.«
»Dass du das sagst, war ja zu erwarten«, erwidert Priti.
»Du kapierst es einfach nicht, was?«, fragt Jed mit rotem Gesicht, genau wie sein Dad, als er Priti angebrüllt hat. »Meine Mum ist die fiese Kuh, nicht mein Dad.«
»Wenn du es sagst.«
»Das tue ich«, sagt Jed. »Also halt die Schnauze, ja!«
Priti grinst nur, und das macht Jed bloß noch wütender, aber er sagt danach nichts mehr, und Priti auch nicht. Wir sitzen still beisammen und sehen zu, wie die Biker sich vom Klettergerüst baumeln lassen und auf den Schaukeln Handstand versuchen. Sie sehen aus wie übergroße Kinder oder Affen – ohne ihre Motorräder sind sie viel weniger beängstigend, als wenn sie auf ihnen sitzen.
»Meint ihr, sie haben den Jungen wirklich niedergestochen?«, frage ich irgendwann.
»Wahrscheinlich«, sagt Priti. »Tyreese hasst uns.«
»Mein Dad auch, aber trotzdem läuft er nicht rum und sticht euch ab, oder?«, entgegnet Jed. »Aber er treibt es auch nicht mit euch!«
»Nein, das willst ja nur du!«, erwidert Priti.
»Ich will es nicht mit irgendeiner Paki treiben«, sagt Jed.
»Oh doch, das willst du. Du willst es mit meiner Schwester machen. Versuch bloß nicht, es abzustreiten – das sieht ein Blinder.« Priti beginnt Jed nachzuäffen. »Krieg ich einen Kuss, Zara? Ich halte den Mund, wenn ich einen bekomme, Zara.« Sie schlenkert mit dem Kopf hin und her, wie Jed es tut. Jed sieht aus, als würde er gleich platzen.
Zum Glück bekommt er dazu keine Gelegenheit, weil eine Schar Kinder die Gasse entlanggelaufen kommt. Kreischend und rufend
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