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Der Nobelpreis

Der Nobelpreis

Titel: Der Nobelpreis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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ich breche mit Schwung durch das Fenster, durchquere den Raum, öffne den Durchgang zum Chefbüro: alles in allem höchstens dreißig Sekunden. Der Weg zurück zum Seil sind zehn Sekunden, dann an der Wand hoch bis aufs Dach: Sagen wir, fünfzig Sekunden. Insgesamt also anderthalb Minuten.« Ich zückte mein Notizbuch und blätterte. »Unten am Eingang stand der Name der Sicherheitsfirma auf einem der Schilder. Hier, SECURITAS. Wo deren nächste Wachstation ist, sollte sich herausfinden lassen. Dann kann ich abschätzen, wie lange es dauert, bis sie da sind. Sie müssen aufschließen und so weiter, aber das lasse ich unberücksichtigt, das ist mein Puffer. Angenommen, sie brauchen fünf Minuten, dann bleiben mir dreieinhalb Minuten im Büro. Dreieinhalb Minuten, das kann eine lange Zeit sein …«
    »Gunnar!«, ächzte Dimitri. »Du bist wahnsinnig.«
    Ich sah ihn an und hatte das Gefühl, dass er damit verdammt Recht hatte. »Hast du eine bessere Idee?«
    » Jede Idee ist besser als das, was du da gerade redest.«
    »Ich bin ganz Ohr.«
    Dimitri schüttelte seufzend den Kopf. »Warum fragst du mich nicht einfach? Zufällig habe ich nämlich nicht bloß eine Idee, sondern eine Lösung.« Er verscheuchte mich von seinem Computer und rief irgendwelche Programme auf, die mir nichts sagten. » SECURITAS. Die haben 1998 ihr Computersystem checken lassen, ob es Jahr-2000-sicher ist. Damals gab es einen enormen Mangel an Fachkräften, also hat die Softwarefirma, die das gemacht hat, auf externe Kräfte zurückgegriffen. Genauer gesagt, auf mich.«
    Ich merkte, dass mein Unterkiefer Anstalten machte, haltlos herunterzuklappen. »Ist nicht wahr.«
    Dimitri grinste. »Das war die Gelegenheit! Alle hatten Angst, dass ihre Computer am 1. Januar 2000 den Geist aufgeben. Die IT-Firmen waren bis über den Kopf ausgebucht mit Aufträgen. Die haben Programmierer aus den Altersheimen geholt, kannst du dir das vorstellen? Ich konnte mir aussuchen, für wen ich arbeiten will. Und dass ich so was ausnütze und mich auf strategisch interessante Firmen spezialisiere, kannst du dir denken.« Das Logo der Firma, das ich auch auf dem Schild gesehen hatte – ein schwarzes Rechteck mit dem Schriftzug und drei roten Punkten darunter –, erschien auf dem Schirm.
    »Und wie ich das nun mal gerne mache, habe ich mir bei dieser Gelegenheit immer kleine, private Hintereingänge eingebaut. Für alle Fälle.«
    »Ich … weiß nicht, was ich sagen soll«, bekannte ich.
    Dimitris Finger flogen über die Tasten. Er ist der schnellste Tipper, der mir je im Leben begegnet ist. »Du könntest meine Genialität preisen, beispielsweise. Du könntest die Daumen drücken, dass der Zugang noch funktioniert … ah, nicht mehr nötig. Ich bin drin, siehst du? Jetzt noch ein Mausklick, und alle Alarme aus der Nobelstiftung laufen ins Leere.«

KAPITEL 43
    »Keine Namen!«, quengelte Dimitris Stimme aus dem Hörer. Er war, was Telefone und mögliche Lauscher anbelangte, womöglich noch paranoider als ich.
    »Habe ich einen Namen gesagt?«, flüsterte ich zurück. Ich hatte den Rucksack vor mir abgesetzt und die obere Klappe geöffnet. Vor mir lag der batteriebetriebene Handbohrer und das teure elektronische Entschlüsselungsgerät, das man in Schweden legal besitzen, kaufen und verkaufen, aber nicht benutzen durfte.
    »Nein. Aber du bist offensichtlich verrückt, also warne ich lieber einmal zu oft.«
    »Danke. Also, was ist? Kann ich an die Arbeit?« Das Codeschloss stammte meiner Einschätzung nach entweder von der Firma WST – Wang Security Technologies, ansässig in Los Angeles und einer der größten Lieferanten für Gefängnisschließsysteme – oder, was wahrscheinlicher war, von muTronic, einem holländisch-deutschen Hersteller hochwertiger Sicherheitsanlagen, die mir schon öfter das Leben schwer gemacht hatten. Um beiden Möglichkeiten gerecht zu werden, würde ich zunächst an der linken Seite, etwas oberhalb der Taste 7, ein Loch bohren und mit Hilfe eines kleinen Hakens nach einem bestimmten vieladrigen Kabel fischen. Mit dem würde sich dann das Entschlüsselungsgerät auf illegale Weise befassen.
    »Moment, warte …«, kam es aus dem Äther. Sekunden verstrichen in zähem Schweigen. »Okay. Ich bin drin. Und jetzt sollte der Alarm auf stumm geschaltet sein.«
    »Danke«, sagte ich und wollte schon abschalten, doch Dimitri rief: »Warte! Ich habe noch etwas für dich.«
    »Ja?«
    »Die haben das System erweitert. Es gibt jetzt ein Feld namens

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