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Der Nobelpreis

Der Nobelpreis

Titel: Der Nobelpreis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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angerückt ist, mich in Hungerbühls Haus auf frischer Tat ertappt. Als ich dagegen bei Bosse Nordin eingebrochen bin, blieb ich ungestört – vielleicht deshalb, weil ich eine Nacht früher gegangen bin, als ich dir gesagt habe? Und es ist auch nichts dazwischengekommen, als ich in die Nobelstiftung eingebrochen bin …«
    Seine Augen, ohnehin schon weit aufgerissen, weiteten sich noch einmal. »Du bist in die Nobelstiftung eingebrochen?«
    »Eine Sightseeing-Tour. Rein, umgucken, raus. Völlig friedlich, ohne einen Kratzer zu hinterlassen. Alles, was ich mitgenommen habe, war ein Blanko-Ausweis. Den werden sie nicht vermissen.«
    Hans-Olof fuhr sich mit den Händen über das Gesicht.
    »Du bist verrückt. Die Stiftung? Das ist ja nicht zu fassen …«
    Er ließ sein Gesicht los, zerrte an seinem Hemdkragen. »Weißt du, das, was du gerade tust, das würde man bei uns in der Wissenschaft ›unzulässige Verallgemeinerung‹ nennen. Es ist in höchstem Maße unseriös. Du hast einen Einzelfall, und aus dem ziehst du viel zu weitreichende Schlussfolgerungen. Es war ein einziger Einbruch, bei dem wirklich etwas schief gegangen ist, und nun willst du mir ich weiß nicht was andichten, bloß weil deine übrigen Einbrüche ungestört geblieben sind? Das ist doch Unsinn.«
    »Gut, anderes Thema. Kristina hat monatelang jeden zweiten Tag bei dir angerufen, doch ab dem Moment, in dem ich das Tonbandgerät installiert habe, kamen keine Anrufe mehr. So ein Zufall, oder?«
    »Gunnar, bitte. Dafür kann ich doch nichts.«
    »Tatsache bleibt, dass ich keinen Pieps von ihr mit eigenen Ohren gehört habe.«
    Er bekam einen roten Kopf. »Was hätte ich denn tun sollen? Ihr deine Telefonnummer geben?«, schrie er. »Verdammt noch mal, jetzt leg endlich diese verfluchte Pistole weg.«
    Ich hob die Pistole und drückte ab.
    Es gab einen ohrenbetäubenden Knall. Die Kugel zerschmetterte eine Ecke des Wohnzimmerschranks und blieb in der Wand dahinter stecken.
    Hans-Olof war dicht davor zu hyperventilieren. » Skit! Ich dachte schon … Skit! Das darf doch alles nicht wahr sein … Gunnar! Was soll das?«
    »Ich wollte mich nur vergewissern, dass sie funktioniert«, sagte ich ungerührt. »Wir können es auch wissenschaftlicher angehen, wenn du willst. In der Wissenschaft ist es doch üblich, dass man eine Hypothese aufstellt, die alle beobachteten Fakten erklärt, und dann versucht, sie zu beweisen, oder?«
    Hans-Olof bebte am ganzen Körper. »Genau genommen kann man sie höchstens falsifizieren«, flüsterte er, »aber schön, von mir aus. Wie du willst.«
    »Ich habe mich gefragt, warum ich eigentlich bei Rütlipharm eingebrochen bin, noch dazu so Hals über Kopf und ohne eine Ahnung, was das überhaupt bringen sollte. Genau genommen war es nur aufgrund der wilden Geschichte, die du mir erzählt hast. Ich hatte nichts sonst. Und zufällig weiß ich, dass du im Erfinden von wilden Geschichten ziemlich gut sein sollst.« Mein Blick ging flüchtig über die Regale mit seinen Krimis. »Die Hypothese – die, wie gesagt, leider nicht von mir stammt – lautet: Alles, was passiert ist, waren nur Manöver, mich so schnell wie möglich wieder ins Gefängnis zu befördern, weil du Angst hattest, ich könnte herausfinden, dass Kristina in Wirklichkeit überhaupt nicht entführt worden ist.«
    Er richtete sich auf, auf einmal käsebleich. Zum ersten Mal glaubte ich eine gewisse Ähnlichkeit zwischen ihm und den Mäusen zu bemerken, die er in seinem Labor quälte.
    »So ein Quatsch!«, rief er aus. »Du warst doch schon im Gefängnis! Wozu hätte ich Himmel und Hölle in Bewegung setzen sollen, um dich herauszuholen, wenn ich nur vorgehabt hätte, dich wieder hineinzubringen? Ich hätte dich doch einfach lassen können, wo du warst!«
    »War das so? Hast du Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt?«
    »Ich bin sozusagen vor Sjölander Ekberg auf den Knien gerutscht, wenn du es genau wissen willst.«
    »Damit er mich freilässt oder damit er mich drinlässt?«
    »Was? Natürlich, damit er deine Freilassung auf dem Gnadenweg erwirkt!«
    »Warum fällt es mir so schwer, das zu glauben?« Ich griff wieder hinter das Sofa. An der Stelle, an der ich die Pistole bereitgelegt gehabt hatte, lag außerdem noch ein zusammengefaltetes Blatt Papier. »Vielleicht, weil ich, als ich heute Morgen dein Arbeitszimmer durchsucht habe, das hier gefunden habe? Übrigens sind deine Verstecke lächerlich. Du hättest früher besser zuhören sollen, wenn ich etwas

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