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Der Nobelpreis

Der Nobelpreis

Titel: Der Nobelpreis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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was.«
    »Sorg dafür, dass man mich freilässt.«
    Seine Gesichtszüge entglitten ihm. Der Kiefer sank herab, die Augen wurden groß, und sogar die Ohren schienen sich auf seltsame Weise zu bewegen, als wehrten sie sich gegen irgendwelche Laute, die in sie einzudringen versuchten.
    »Wie bitte?« Mit seinem entgeisterten Gesichtsausdruck sah er noch hässlicher aus als sonst. »Ich wollte eigentlich einen Rat, was ich tun soll.«
    »Das, was zu tun ist, kannst du nicht tun. Ich muss es tun. Dazu muss ich logischerweise hier heraus. Und du musst dafür sorgen.«
    Er stieß einen kieksenden Laut aus. »Gunnar, sei nicht albern. Wie soll ich das anstellen?« In seinen Augen irrlichterte es, als stünde er kurz vor einem Nervenzusammenbruch.
    Ich lehnte mich zurück, vergewisserte mich durch einen kurzen Blick, dass die Tür hinter mir immer noch geschlossen war, und verschränkte die Arme. »Die Gesellschaft ist eine Verschwörung der Oberen gegen die Unteren. Erinnerst du dich? Wir haben oft darüber gesprochen. Du wolltest es nie wahrhaben. Du hast immer auf deinem Kinderglauben beharrt, dass die Welt so, wie sie ist, grundsätzlich in Ordnung ist. Dass es höchstens hier und da ein paar böse Menschen gibt, die man zur Räson bringen muss.« Ich richtete den Zeigefinger auf ihn wie einen Spieß. Ich hatte ihm all das hundert Mal gesagt, aber wenn es nötig sein sollte, würde ich es ihm auch tausend Mal sagen. »Du erfährst gerade am eigenen Leib, dass ich Recht hatte. Dein Nobelpreis ist nur noch Fassade. Du weißt nicht, wie lange er schon manipuliert wird. Ich wette, schon sehr lange. Diese spanische Professorin ist auch nur eine Figur in einem abgekarteten Spiel, genau wie du. Du hast nicht wie gewünscht funktioniert – kein Problem. Dafür haben die ihre Leute, die die Schmutzarbeit erledigen. Jetzt funktionierst du. Sie werden auch kein Problem damit haben, dich aus dem Spiel zu nehmen, wenn es nicht anders geht. Genau wie sie diesen Journalisten aus dem Spiel genommen haben. Er ist gestorben, weil er zu gefährlich wurde. Er hat es dir selber gesagt: Alles ist verfilzt bis hinauf in die höchsten Etagen. Oder? So war es doch?«
    Hans-Olof nickte widerwillig. »Ja.«
    »Also. Siehst du es jetzt? Glaubst du mir endlich, dass es so ist, wie ich sage? Wie ich es immer gesagt habe?«
    Er nickte erneut, das Gesicht verkniffen.
    »Gut«, sagte ich. »Aber genau deshalb besteht noch Hoffnung. Denn ob du es wahrhaben willst oder nicht, du bist auch einer der Oberen. Durch deine Stellung als Professor, als Mitglied der Nobelversammlung und so weiter gehörst du dazu – nicht zum innersten Kreis, nicht zu den wirklichen Machthabern, aber du hast zumindest Zugang zu den Randbereichen. Du hast Einfluss, den ein normaler Mensch nicht hat. Du kannst hier in ein Ohr flüstern, dort einen Gefallen einfordern – und eine Lappalie wie die vorzeitige Haftentlassung eines verurteilten Kriminellen wird kein Problem sein.«
    »Das kann ich mir nicht vorstellen. Beim besten Willen nicht. Da überschätzt du meine Möglichkeiten gewaltig.«
    »Oh nein, du unterschätzt sie. Weil du es noch nie versucht hast. Und du hast es nie versucht, weil du nicht wahrhaben wolltest, in was für einer Welt wir leben.«
    Hans-Olof öffnete den Mund, schloss ihn wieder, mehrmals, und sah dabei aus wie ein dicker Fisch, der nach Luft schnappt. Dann meinte er keuchend: »Du sagst das einfach so dahin … Ich habe keine Ahnung, wie ich so etwas konkret anfangen sollte. Das sagt sich so einfach, ›flüstere in ein Ohr‹. In was für ein Ohr? Und was könnte ich da schon flüstern? Ich brauche ja irgendwelche Argumente, oder?«
    »Himmel, stell dich nicht so an!« Er hatte trotz allem, was geschehen war, offensichtlich immer noch nicht begriffen, wie das Spiel lief. »Dieser Staatssekretär im Justizministerium zum Beispiel, den du vom Studium her kennst. Wie hieß der? Sjölander? Das wäre so ein Ohr, in das du flüstern könntest. Und Argumente? Scheißegal. Sag von mir aus, dein Schwager ist jetzt sechs Jahre drin, das heißt, die Hälfte der Strafe ist abgesessen. Das ist schon mal ein Zeitpunkt, an dem man bei guter Führung über vorzeitige Entlassung nachdenken kann. Oder sogar eine Begnadigung, was weiß ich.«
    »Bloß, dass du dich nicht gut geführt hast.«
    »Na, das ist ja wohl Ermessenssache.«
    Hans-Olof starrte mit glasigem Blick vor sich hin. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass das funktionieren soll.«
    »Eine gute

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