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Der normale Wahnsinn - Roman

Titel: Der normale Wahnsinn - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Beaumont
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immer noch ein bisschen sauer auf sie, weil sie mir nichts von dem Psycho erzählt hat, aber ich hoffe, es geht ihr gut. Ich mag sie immer noch, denke ich. Und ganz sicher will ich meinen Job nicht verlieren.
    Hab die Läden hinter mir gelassen. Hier gibt’s nur noch Wohnhäuser, und es ist auch viel ruhiger. Wieder gehe ich ein bisschen schneller. Wahrscheinlich bilde ich’s mir nur ein, aber nach der Sache mit Kerry hab ich dauernd das Gefühl, dass mich jemand beobachtet.
    Carlton : Sie sieht sich um, aber entdeckt mich nicht, weil ich mich hinter dem Werbeschild der Autowerkstatt versteckt habe. Hab gesehen, wie sie aus dem Haus meiner Mutter kam. Ich wollte nach Hause, um mir ein paar saubere Klamotten und was zu essen zu besorgen – das heißt, das hatte ich vor, aber meine Mutter war zu Hause und vor dem Haus standen die Bullen. Ich würde gern über die Straße gehen und mit ihr sprechen, aber hier ist einfach zu viel los. Außerdem ist’s riskant. Am Ende schreit sie noch um Hilfe oder so. Ich kann schließlich nicht wissen, was sie über die Sache denkt, oder? Ich hole mein Handy raus und will sie schon anrufen, aber dann tu ich’s doch nicht. Die Polizei kann doch sämtliche Anrufe zurückverfolgen, oder? Hab ich jedenfalls mal gehört. Ich sehe ihr nach, bis sie in dieStraße einbiegt, in der sie wohnt. Ich ziehe meine Kapuze über und setze mich in Bewegung. Kerry hat immer gesagt, ich soll die verdammte Kapuze absetzen. Die Cops stürzen sich immer auf die mit der Kapuze, hat sie gesagt. Aber heute Abend muss ich sie tragen. Mich friert’s tierisch am Kopf, seit ich mir die Locken abrasiert hab.
    Michele : Mein Handy klingelt. Schnell hole ich’s hervor. Aber es ist nicht Carlton und auch keiner meiner anderen Freunde. Ich kenne die Nummer nicht. »Ja?«, sage ich, als ich das Gespräch annehme.
    Siobhan : »Hallo? Ist dort Michele?«, frage ich.
    »Ja«, sagt sie wieder. »Wer spricht da?«
    »Ich heiße Siobhan und bin eine Freundin von Ali. Wir sind uns einige Male im Himmel begegnet.«
    »Ach ja, ich erinnere mich. Hi. Versuche schon seit Tagen, Ali zu erreichen. Was ist denn los? Ist was passiert?«
    »Ja … es ist was passiert«, sage ich. Das ist wohl der zwanzigste Anruf dieser Art heute, und doch fällt es mir immer noch nicht leicht. »Ich benachrichtige zurzeit alle Freunde und Bekannten …«
    »Geht’s um Ali?«, fragt sie. »Ist sie okay?«
    »Es gab Komplikationen im Anschluss an die IVF«, sage ich. »Blutungen, um genau zu sein, weshalb sie erneut operiert werden musste, aber inzwischen geht’s ihr wieder besser.«
    »Gott sei Dank, Mann«, sagt sie. »Bin fast durchgedreht vor Sorge. Bin gestern sogar zum Laden gefahren. Wann will sie den Himmel denn wieder aufmachen? Soll ich vielleicht hingehen und nach dem Rechten sehen, bis sie wieder da ist?«
    »Das ist sehr freundlich von Ihnen, aber ich glaube nicht. Nicht im Moment jedenfalls. Es ist nämlich noch etwas anderes geschehen …« Jesus, einfacher wird’s wirklich nicht. »Es geht um Paul, Alis Ehemann. Er ist am Freitag gestorben.«
    Sie schnappt hörbar nach Luft. Und dann: »Was ist denn passiert?«
    »Er wurde angefahren. Es geschah direkt vor dem Krankenhaus, in dem Ali liegt.«
    »Scheiße …« Noch weint sie nicht. Noch nicht. So was kommt immer erst später, wenn der erste Schock vorbei ist. Sie kannte Paul kaum, aber sie kennt Ali gut genug, um erschüttert zu sein. »Das ist wirklich …«, beginnt sie, doch dann fehlen ihr die Worte – wie uns allen. »Das ist so entsetzlich … Er war doch erst …«
    »Einundvierzig Jahre«, sage ich. »Ja, es ist schrecklich, einfach grauenvoll. Er war der wohl netteste Mann, den ich kennengelernt habe. Und die arme Ali …«
    »Wie geht es ihr?«
    »Sie ist jetzt wieder zu Hause, aber es geht ihr natürlich nicht besonders gut. Wenigstens ist die ganze Zeit jemand an ihrer Seite, wissen Sie …« Ich breche ab, denn ich kann ihr unmöglich schildern, wie schlecht es Ali wirklich geht. Dass sie kaum ein Wort gesagt hat, nachdem der Arzt ihr am Freitag die schlimme Nachricht überbracht hatte. Und dass der Grund, warum jemand rund um die Uhr bei ihr ist, darin besteht, dass wir Angst haben, dass sie vielleicht etwas Dummes macht.
    »Kann ich sie besuchen, oder so?«, fragt Michele.
    »Das ist sehr lieb von Ihnen, aber ich glaube, dafür ist’s im Moment noch zu früh. Was halten Sie davon, wenn ich Sie anrufe und auf dem Laufenden halte? Vielleicht in ein,

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