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Der normale Wahnsinn - Roman

Titel: Der normale Wahnsinn - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Beaumont
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gerade nach Hause. Trägt immer noch ihre flotte Schwestern-Tracht, die Alte. Ich muss Schluss machen. Pass auf, Keith, tu das einzig Richtige und –«
    Doch ich hab das Gespräch schon beendet. Er will, dass ich mich stelle? Ha! Kommt nicht in Frage. Hab doch selbst gesehen, wie Cops mit Kriminellen umspringen.
    Marcia : Als ich Richtung Haus gehe, komme ich wieder an dem Polizeiwagen vorbei. Darin zwei Bullen, die nur ihre Zeit verschwenden. Haben die eigentlich nichts Besseres zu tun, als mir nachzuschnüffeln und auf der Lauer zu liegen? Kann’s kaum erwarten, endlich in meiner Wohnung zu sein. Dieser Tag war einfach … Überall starrte mich Carltons Gesicht von der ersten Seite des Standard an. Wirklich jeder, der heute in die Notaufnahme kam, schien den Standard dabeizuhaben. Vielleicht war’s ja schon immer so, und es ist mir erst heute so richtig aufgefallen. Allerdings prangt nicht jeden Tag das Gesicht meines Sohns auf Seite eins. Keine Ahnung, wie ich das alles überstehen soll. Ich hab wirklich keine Ahnung.
    Niemand der Kolleginnen hat mir gegenüber auch nur ein Wort darüber verloren, aber sie wussten alle Bescheid. Rose, Sanjay, Helen, Xiang, May – die ganze verdammte Belegschaft der Notaufnahme. Und sie haben auch über nichts anderes gesprochen, da bin ich mir sicher. Hab’s gemerkt, wenn ich vorbeikam und die Unterhaltungen dann jäh abbrachen. Er ist unschuldig! , wollte ich ihnen zurufen. Mein Sohn ist kein Mörder. Er ist kein Mörder, ist kein Mörder, ist kein Mörder!
    Mein Gott, ich weiß nicht, wie ich das alles durchstehen soll. Es ist einfach verrückt, eine ganz verrückte Sache, und manchmal hab ich mir heute sogar gewünscht, dass ein richtig schlimmer Unfall passieren möge. Eine Gasexplosion oder ein schweres Zugunglück. Dann hätte ich so viel zu tun gehabt, dass ich nicht mehr an Carlton hätte denken müssen. Eine schlimme Vorstellung, ich weiß. Bitte verzeihen Sie mir. Lieber Gott, bitte vergib mir. Gib mir meinen Sohn zurück.

SONNTAG
    Marcia : Heute hab ich frei, und irgendwie ist das noch schlimmer, als wenn ich zur Arbeit gehen müsste. Lieber all die Blicke und das Getuschel in der Notaufnahme als die Leere und Einsamkeit hier zu Hause. Obwohl Carlton fast nie hier war, hab ich mich zu keiner Zeit wirklich allein gefühlt – bis letzten Donnerstag.
    Hab mich heute Morgen regelrecht dazu gezwungen, vor die Tür zu gehen, und hab, wie jeden Sonntag, die Messe besucht. Heute ist der zweite Advent, und die Kirche war zum Bersten voll. So ist das immer, wenn Weihnachten vor der Tür steht. Aber dort war’s genauso wie im Krankenhaus: Alle haben mich angestarrt. Alle wussten Bescheid, aber niemand hat mir gegenüber auch nur ein Wort über die Sache verloren. Mit gebeugtem Kopf habe ich mein Gebet verrichtet. Und wie ich gebetet habe! Aber heute war das alles andere als tröstend. Hab mich nur noch verbitterter danach gefühlt. »Hab Vertrauen, Marcia«, hat Reverend Lloyd gesagt. »Der Herr findet Wege, uns zu prüfen, und wir müssen Ihm beweisen, dass wir stark sind. Nur indem unser Glaube auf eine harte Probe gestellt wird und dieser am Ende doch nicht daran zerbricht, wird Er sich uns zeigen.« Ich weiß, der Reverend hat versucht, mir Trost zu spenden, aber ohne Erfolg. Ich hab mich lediglich gefragt, warum Gott so boshaft zu seinen Geschöpfen ist. Hat Er vielleicht Langeweile da oben? Gibt’s denn für Ihn keinen besseren Weg, sich zu amüsieren, als gute Menschen unnötig leiden zu lassen? Reverend Lloyd hätte geantwortet, dass solche Fragen nur zeigen, dass mein Glaubenicht mehr stark genug ist, aber so ist es nicht. Ich glaube an Ihn, aber ich bin mir nicht mehr sicher, ob ich Ihn noch mag.
    Doch es ist nicht nur der Herr, mit dem ich hadere. Carlton soll mal nicht glauben, dass ich ihn mit Umarmungen und Küssen empfangen werde, wenn er wieder hier aufkreuzen sollte. Der kann sich auf was gefasst machen, das schwöre ich Ihnen. Der Junge ist kein Mörder, aber der Hellste scheint er auch nicht zu sein. Ach, was für ein ausgemachter Dummkopf er doch ist. Warum ist er bloß weggelaufen? Warum nur hat er der Polizei mit dieser Aktion jeden Anlass dazu geliefert zu glauben, dass er der Gesuchte ist? Sie haben diese Wohnung auf den Kopf gestellt und doch nichts gefunden. Gut, sie fanden die Drogen – ein paar Tüten Pot. Und ich bin alles andere als begeistert deswegen, das kann ich Ihnen sagen. Wie konnte er es wagen, dieses Dreckszeug zu uns nach

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