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Der normale Wahnsinn - Roman

Titel: Der normale Wahnsinn - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Beaumont
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Alan, aber da ist jemand –«
    »Nein, gehen Sie nur, ich gerate ins Plaudern«, erwidert er und berührt mich sanft an der Schulter.
    Ich muss weg von ihm. Kann mir nicht mehr länger anhören, wie wundervoll und unersetzlich der Mann gewesen ist, den ich auf dem Gewissen habe. Gerade habe ich Michele gesehen. Wie lieb, dass sie gekommen ist. Ich möchte mit ihr reden, und ganz gewiss wird sie sich nicht in Lobpreisungen über Paul ergehen. Jetzt hat sie mich ebenfalls gesehen und winkt mir zögernd zu. Ich mache mich auf den Weg zu ihr, doch noch bevor ich sie erreicht habe, schiebt sich mir meine Mutter in den Weg.
    »Sag mal, fahre ich eigentlich mit dir wieder zurück?«, fragt sie.
    »Ja, Mum, ich denke schon …«
    »Es ist nur, weil Pauls Eltern ebenfalls im Auto sein werden, und was ist eigentlich mit seiner Schwester und deren Ehemann?«
    »Die sind doch in ihrem eigenen Wagen gekommen, oder?«
    Verwirrt starrt mich meine Mutter an, und ich merke, wie ich wütend werde.
    »Frag doch einfach Siobhan. Sie hat sich um die ganze Organisation gekümmert.«
    Damit lasse ich sie stehen und gehe weiter Richtung Michele. Mum war bei mir seit dem Tag, an dem Paul starb. Es gäbe so viel, über das ich mit ihr hätte sprechen wollen, doch jedes Mal, wenn sie in meine Nähe kommt, schwillt mir der Kamm. Tja, und jetzt versuchen Sie mal rauszufinden, woran das liegt. Ich kann’s nämlich nicht.
    Ich erreiche Michele, und sie sieht mir ängstlich entgegen. Ihr Gesichtsausdruck erinnert mich an jenen Tag, als ich sie kennenlernte. Als sie in den Laden kam und den Job, den ich zu vergeben hatte, so dringend brauchte und doch keine Ahnung hatte, wie sie ihn bekommen sollte. Ich mochte sie auf Anhieb, und es ist gerade dieser Gesichtsausdruck, der mich wieder daran erinnert, warum.
    »Hi, Ali«, murmelt sie. »Ich … Sie … Das ist … Sorry. Ich weiß einfach nicht, was ich sagen soll.«
    Ich drücke ihre Hand. »Bitte sag nichts. Ich bin es leid, die Leute reden zu hören. Es ist nur gut gemeint, ich weiß, aber … Ich kann mir das einfach nicht mehr länger anhören. Du musst nichts sagen. Ich bin einfach nur so froh, dass du hier bist.«
    »Wie hätte ich auch nicht kommen können? Hab mich einfach nur schrecklich gefühlt, als ich’s erfahren hab.«
    »So wie ich, als das mit Kerry geschah. Das arme Mädchen.«
    Mit tränenverhangenem Blick schaut sie mich an. »Ich hab auch für sie gebetet da drin«, sagt sie. »Ich hoffe, es macht Ihnen nichts aus.«
    Ich trete auf sie zu und nehme sie in den Arm. Sie ist doch noch ein Kind. Ich kann es förmlich spüren. Der zerbrechliche Körper eines zutiefst erschütterten Kindes.
    »Es tut mir leid«, sage ich. »Ich hätte es dir erzählen müssen.«
    Verwirrt schaut sie mich an.
    »Ich meine, ich hätte dir sagen müssen, dass ich Marco kenne …«
    »Marco?« Noch immer sieht sie mich verständnislos an.
    »Der Typ, der dich verfolgt hat«, erkläre ich.
    »Er heißt Marco?«
    »Hab ihn erst vor ein paar Wochen kennengelernt und hab mir nicht viel dabei gedacht, aber als dann –«
    »Er ist auch hier, wissen Sie das?«, sagt sie.
    »Bitte?«
    »Er ist auch zur Beerdigung gekommen.«
    Diese Information verschlägt mir fast die Sprache. »Du machst Witze. Wo?«
    »Er steht gleich da drüben«, sagt sie und nickt in Richtung eines unbestimmten Punktes hinter meinem Rücken.
    Ich werfe einen Blick über meine Schulter und entdecke ihn sofort. Solche Augen kann man nicht übersehen. Einsam und ein wenig abseits steht er am Rande des Bürgersteigs. Jesus, er ist Michele bis hierher gefolgt, bis zu einer gottverdammten Beerdigung . Wie krank ist das eigentlich?
    »Ich werde das hier und jetzt beenden, Michele.«
    »Nein, tun Sie das nicht, bitte«, fleht sie.
    »Aber das muss ich. Das ist einfach nur noch verrückt.«
    Ich drehe mich um und gehe schnurstracks auf ihn zu.
    Siobhan : Verdammt. Da dachte ich, wir hätten das Schlimmste schon überstanden, und dann passiert genau das, was ich befürchtet hatte! Ich hätte es wissen müssen, aber naiverweise hab ich geglaubt, Ali wäre zu sehr in ihrem Kummer versunken, um ihn zu bemerken. Doch genau das hat sie und, mein Gott, prescht jetzt auf ihn zu – und Michele folgt ihr auf dem Fuß.
    Ich drehe mich zu meinem Mann um und sage: »Dom, such doch mal Kate und verwickel sie in ein Gespräch.«
    »Was?«
    »Sprich mit ihr, flirte mit ihr, tu irgendwas , um sie abzulenken.«
    Dann eile ich ebenfalls Richtung Marco, aber

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