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Der normale Wahnsinn - Roman

Titel: Der normale Wahnsinn - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Beaumont
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lehnt sich zu uns nach vorn. »Könnten Sie mich vielleicht irgendwo hier rauslassen?«, bittet sie uns.
    »Mitten auf dem North Circular?«, frage ich.
    »Ja, das geht schon in Ordnung«, sagt sie.
    »Nein, kommen Sie doch mit uns zu Ali und trinken Sie dort noch einen Tee oder Wein. Es gibt auch jede Menge zu essen. Sie müssen doch Hunger haben nach all dem Aufruhr?«
    »Es ist … wegen des Anrufs. Ich muss jemanden treffen.«
    »Auf dem North Circular?«, fragt Dom. »Können wir Sie nicht irgendwo absetzen, wo es für Sie näher ist?«
    »Nein, ehrlich, hier ist’s schon okay«, sagt sie, etwas nachdrücklicher nun. Offenbar will sie so schnell wie möglich raus aus dem Wagen.
    Dom fährt links ran und hält vor einer Reihe schäbiger Läden an. In der gleichen Sekunde öffnet Michele die Wagentür und steigt aus. Ob ich wohl was Falsches gesagt habe?
    »Sind Sie sicher, dass es hier okay ist?«, rufe ich ihr nach.
    »Ja, und danke fürs Mitnehmen. Und richten Sie Ali doch aus, dass ich sie anrufen werde und …«
    Den Rest höre ich nicht mehr. Sie ist schon auf dem Bürgersteig und biegt Sekunden später in eine der Seitenstraßen ein. Keine Ahnung, wohin ihr Weg sie führt.
    Michele : Ich renne ein paar Meter die Straße rauf, dann halte ich an. Ich weiß nicht, warum, aber ich geh wieder ein Stück zurück und luge um die Ecke. Nicht, dass sie mich am Ende noch verfolgen. Blöd, was? Als ob mich die beiden verfolgen würden.
    Mein Herz klopft wie verrückt. Ich bin ja so aufgeregt, Mann! Und ich hab Angst. Kann kaum glauben, dass er mich gerade angerufen hat. Kann’s kaum fassen, dass ich ihn gleich treffen werde. Er hat gesagt, er ist kurz vorm Verhungern. Nachdem Siobhan und ihr Mann weitergefahren sind, gehe ich zurück auf die Hauptstraße und husche in einen kleinen türkischen Supermarkt hinein. Hab meiner Mutter ’nen Zwanziger aus der Tasche stibitzt, bevor ich heute das Haus verlassen hab. Hab gedacht, ich brauche das Geld für Blumen oder so, aber jetzt kann ich’s für Essen ausgeben. Ich schnappe mir einen Einkaufskorb und lade ihn voll mit Gebäck, süßen Teilchen, Knabberzeug, einer Riesenpackung Mars Schokoriegeln und ein paar Coladosen. An der Kasse kaufe ich auch noch ein paar Schachteln Bensons – vermutlich hat er auch ’nen tierischen Lungenschmacht. Nachdem ich bezahlt habe, verlasse ich mit meiner Tüte rasch den Laden.
    Er ist etwa fünfzehn Minuten Fußmarsch von hier entfernt. Natürlich hätte mich der Mann von Siobhan irgendwo dort in der Nähe absetzen können, aber das wäre zu gefährlich. Während ich laufe, sehe ich mir immer wieder über die Schulter und halte Ausschau nach Polizisten und so. Wahrscheinlich überflüssig, aber man kann ja nie wissen. Ich hole mein Handy aus der Jackentasche und starre aufs Display. Soll ich sie anrufen? Hab versprochen, es zu tun, und sie hat auch darauf bestanden, dass ich mir ihre Handynummer einspeichere. Hm, vielleicht sollte ich damit warten, bis ich ihn getroffen hab. Andererseits war sie krank vor Sorge, als ich sie zuletzt zu Hause besucht hab. Da muss man sie doch so schnell wie möglich benachrichtigen, oder?
    Marcia : Doktor Chavrimootoo sieht mich eisig an, als mein Handy zu klingeln beginnt. Aber sie ist zu beschäftigt damit, den Kopf eines Maurers wieder zusammenzuflicken, um eine Bemerkung zu machen – das kommt dann später. Mir ist’s egal. Normalerweise werde ich nie auf der Arbeit angerufen, aber das hier ist ein Sonderfall. Mein Handy ist rund um die Uhr an, seit Carlton auf der Flucht ist. Ich entschuldige mich, gehe auf die andere Seite des Vorhangs und nehme das Gespräch an.
    »Hallo, Mrs Priestley?«, fragt eine Mädchenstimme am anderen Ende.
    »Ja, wer spricht da?«
    »Michele. Sie wissen schon, Carltons Freundin.«
    »Michele!« Rasch suche ich nach einem privaten Eckchen, in das ich mich verziehen kann. »Haben Sie ihn gesehen?«, frage ich.
    »Noch nicht, aber er hat gerade angerufen«, sagt sie.
    »Er hat Sie angerufen? Geht’s ihm gut? Wo ist er. So reden Sie doch schon, Mädchen.«
    »Ja, es geht ihm gut«, sagt sie nur.
    »Hat er Ihnen gesagt, wo er ist?«
    Sie antwortet nicht. Das heißt also, ja. Ich bin jetzt im Wartebereich. Keine Ahnung, wie ich hierhergekommen bin. Wenigstens ist es jetzt am Nachmittag einigermaßen ruhig hier.
    »Reden Sie mit mir, Michele«, sage ich. »Hat er Ihnen gesagt, wo er ist?«
    »Hören Sie, es geht ihm gut, okay?«, sagt sie. »Wollte Ihnen das nur

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