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Der normale Wahnsinn - Roman

Titel: Der normale Wahnsinn - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Beaumont
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150 Pfund, die in meinem Portemonnaie waren. Das war nämlich ihr Geld – derganze Rest vom Haushaltsgeld für diese Woche, um genau zu sein. Zum Glück hab ich’s vorher noch zum Supermarkt und zur Reinigung geschafft, sonst wäre der Schaden für mich untragbar geworden. Es ist auch nicht der Verlust des Geldes, der mich nervt. Oder dass die blöde Visa-Karte weg ist. Die war sowieso bis zum Anschlag überzogen. Nein, es ist wegen des Fotos, das hinter der Kreditkarte gesteckt hat: ich und mein Bruder, als er noch gesund und sonnengebräunt war. Ein halbes Jahr später war sein Körper dann mit Schwären übersät gewesen, und er wog nur noch 42 Kilo. Gesund und sonnengebräunt, so wollte ich meinen Bruder in Erinnerung behalten, doch nun kann ich es nicht mehr. Mein Gesicht ist nass, und es liegt nicht nur am Regen.
    Ich starte den Wagen und lege den Gang ein. Beim Blick in den Rückspiegel sehe ich, wie der Hilfspolizist das Auto hinter mir aufschreibt. Ich hab große Lust, zurückzusetzen und ihm mit dem Panzer beide Beine zu brechen. Aber das wird mir Shaun auch nicht wieder zurückbringen, weshalb ich mich schweigend in den Verkehr einordne.
    362 : Irgendeine Entschuldigung haben sie ja immer. Ich hab doch nur für zwei Minuten hier geparkt. Ich hab doch nur hier angehalten, weil ich mich verfahren hab. Bitte, ich hab doch mein Portemonnaie verloren. Ich musste ganz dringend das Rezept für meine Mutter in der Apotheke einlösen. Sie hat’s mit dem Herzen, wissen Sie . Alle hier scheinen’s irgendwie mit dem Herzen zu haben! Diese Leute schrecken wirklich vor nichts zurück. Die junge Frau von eben hat mich sogar Bastard genannt. Sie kennt doch die Regeln. Und die sind ziemlich einfach. Und wenn jemand, der noch so jung ist wie sie, einen so teuren Mercedes fahren kann, dann dürfte sie eine kleine Strafe doch nicht sonderlich aus der Bahn werfen. Sind immer die in den teuersten Autos, die sich einen Scheiß um die Regeln scheren. Man hat mich schon Schlimmeres genannt als Bastard. Meistens kommt was Rassistisches – natürlich, und manchmal werden sie auch gewalttätig. Letztes Jahr hat einer mit ’nem Radkreuz nachmir geschlagen. Hätte mich ohne Weiteres töten können mit dem Ding. Der Mann fuhr ’nen nagelneuen 7er-BMW. Der hätte eigentlich geradewegs in den Knast wandern sollen, aber der Richter hatte ein Einsehen, weil der Mann rumgejammert hat, dass seine Firma den Bach runtergehen würde, wenn er ins Gefängnis käme. So kam er mit ’ner Geldstrafe davon. Der hätte mich ohne Weiteres töten können, und dann kauft er sich frei. Die britische Justiz, sage ich nur. Angeblich soll die ja weltberühmt sein, wie man so hört.
    Ich gehe weiter den Broadway entlang. Wegen des Regens sind heute viele mit dem Auto unterwegs, und ich hab ’ne Menge Arbeit. Jaguar … Toyota … Ford … Ford … Skoda … Nissan … Vauxhall … Renault … Ford … Doch vor den Augen der Straßenverkehrsbehörde sind sie alle gleich.
    Ich komme an einem Laden namens Himmel vorbei. Ich als Christ finde den Namen ziemlich geschmacklos und dumm. Soll so etwa der wahre Himmel aussehen? Werde ich mich nach meinem Tod zwischen Duftkerzen und paillettenbesetzten Handtaschen wiederfinden? Ich hoffe wirklich, er hat was Besseres im Angebot als das hier.
    Ali : »Was dieser Hilfssheriff hier wohl sucht?«, murmele ich.
    »Vielleicht ein kleines Täschchen für die ganzen Knöllchen?«, meint Michele.
    »Wenn er nur reinkommen und eine kaufen würde.«
    »Das wird schon wieder, Ali.«
    »Meinst du?«
    »Klar doch.«
    Ich hoffe, sie hat Recht. Mit einer IVF für viertausend Pfund pro Behandlung muss der Laden einfach wieder ans Laufen kommen. Doch nein, das wird diesmal mein letzter Versuch. Ich hab mich endgültig dazu durchgerungen. Noch sieben Tage je eine Spritze, dann zwei Tage warten, bevor die Eizellen, die befruchtet wurden, wieder eingesetzt werden, und dann noch mal zehnTage, bis ich dann feststelle, dass ich wieder nicht schwanger geworden bin. Noch neunzehn Tage also, und es ist endgültig vorbei. Ich werde niemals Mutter werden, und ich denke, es ist an der Zeit, dass ich mich damit abfinde.
    »Er ist wieder da«, sagt Michele.
    »Wer?«
    »Dein Stalker.«
    »Nein, dein Stalker, meine Liebe.«
    »Egal. Jedenfalls sitzt er wieder an seinem kleinen Tisch. Und dabei regnet es in Strömen.«
    Marco : Ich muss völlig verrückt sein. Nicht wegen des Wetters. Ich mag Regen. Mag das Geräusch, das er macht,

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