Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der normale Wahnsinn - Roman

Titel: Der normale Wahnsinn - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Beaumont
Vom Netzwerk:
Ihr offener Mantel flattert im Wind, und Harley in seinem Buggy ohne Verdeck schreit wie am Spieß. Bin offensichtlich nicht die Einzige, die vom Wetter überrascht worden ist.
    »Gut, dass ich dich treffe«, sagt sie, als sie bei mir angekommen ist. »Könntest du uns wohl ein Stück mitnehmen?«
    Am liebsten würde ich sie zur Hölle schicken. Zumindest jedoch zur nächsten Bushaltestelle.
    »Klar«, sage ich stattdessen. »Pack Harley auf den Rücksitz, ich verstau derweil deinen Buggy.«
    Keine Sorge, auch ein zweiter Buggy findet locker Platz in diesem Wagen. In einem Panzer wie diesem könnte man mühelos eine ganze Armee von Nannys, deren Schützlinge und sämtliche Kinderwagen unterbringen. Ich schließe den Kofferraum und klettere auf den Fahrersitz. Tanya sitzt schon auf dem Beifahrersitz und durchnässt die teuren Ledersitze.
    »Wir waren auf dem Weg in den Park«, sagt sie. »Dachte eigentlich, heute wäre es sonnig. Ich hasse dieses verfickte Land und sein beschissenes Wetter!«
    Ich werfe ihr einen tadelnden Blick zu. Wir sind an eine ordinäre Ausdrucksweise gewöhnt – immerhin sind wir Australierinnen. Aber doch bitte nicht vor den Kindern.
    »Keine Panik«, meint Tanya. »Hab Harley trainiert, mich nicht bei Mutti zu verpetzen.«
    Irgendwie ist Tanya heute Morgen ziemlich aufgedreht. »Das war echt ’ne tolle Nacht, Christie«, fährt sie fort. »Du hättest auch kommen sollen. Mir dröhnen immer noch die Ohren, Mann.«
    Kann ich mir gut vorstellen.
    »Wo seid ihr denn hingegangen?«, frage ich.
    »Ins 93 Feet East. Du weißt schon, der Laden auf der Brick Lane. Hammergeile Musik! Und echt abgefahrenen Stoff hatten die da. War gerade rechtzeitig wieder zu Hause, um Harl seine Brekkies zu geben, nicht wahr, Harl?«
    »Cool«, sage ich.
    »Du hättest auch kommen sollen. Nächstes Mal, okay?«
    »Okay«, sage ich.
    »Cool«, sagt sie.
    Wir wissen beide, dass das nie passieren wird. Aber gute Miene zum bösen Spiel zu machen ist im Fall von Tanya irgendwie einfacher, als aufrichtig zu sein. Ihre Szene ist nicht meine, Punkt. Tanya kam von Australien nach England und war auf der Suche nach irgendwas, das sie dann auch ziemlich schnell fand. Und was sie fand, war Australien. Und so hängt sie nach Feierabend ausschließlich mit anderen Aussies rum – Nannys, Barkeeper, Kellnerinnen, die üblichen Verdächtigen eben. Und die veranstalten hier genau das Gleiche, was sie schon zu Hause gemacht haben. Sich so oft es geht zuknallen, Party machen und nur gerade so viel arbeiten, dass man das auch in Zukunft tun kann. Und ich? Ich für meinen Teil hab noch nicht gefunden, wonach ich suche. Ich weiß nur, dass, wenn ich dasselbe gewollt hätte wie Tanya, ich mir die Überfahrt nach Europa hätte sparen und in Melbourne hätte bleiben können.
    »Wow, jetzt sieh dir das mal an!«, ruft sie aus und starrt durch die Windschutzscheibe nach draußen, während ich mich mit dem Panzer in den Verkehr einfädle. Draußen schüttet es inzwischen wie aus Kübeln. Okay, das ist einigermaßen beeindruckend, aber für die zugekiffte Tanya scheint es auszusehen, als ob die Karre praktisch unter Wasser stünde. Wahrscheinlich sieht sie schon die ersten Fische am Fenster vorbeischwimmen.
    Hinter mir fängt Cameron wieder an zu quengeln. Nicht lange, und er wird wieder hysterisch werden. Tanya nimmt eine Rolle Smarties und schüttelt sie in Richtung Harley. »Teil dir die mit dem kleinen Cam«, sagt sie zu ihrem Schützling und reichtihm die Dose. Smarties stehen auf der verbotenen Liste – quasi das Vorschulequivalent zu dem Zeug, das Tanya sich letzte Nacht reingepfiffen hat. Aber wenn es hilft, die beiden ruhigzustellen, bis wir wieder zu Hause sind, will ich mich nicht beschweren.
    Aus den Augenwinkeln sehe ich den Weinladen und trete auf die Bremse.
    »Was ist denn los?«, japst Tanya, nachdem sie von ihrem Sicherheitsgurt wieder zurück in den Sitz katapultiert wurde.
    »Kate will, dass ich Wein mitbringe«, erkläre ich ihr, während ich den Wagen einparke.
    »Jetzt? Kann das nicht warten?«
    »Ist ein Sonderangebot. Heute ist der letzte Tag.« Typisch Kate. Sie verdient weiß Gott nicht schlecht, und doch durchforstet sie die Zeitungen auf der Suche nach allen möglichen Schnäppchen. »Ich beeile mich«, sage ich, schnappe mir meine Tasche und springe aus dem Wagen. »Hab ein Auge auf die Politessen, okay?«
    Ich haste über die Straße, vorbei an den Autos und Pfützen auf dem Bürgersteig und eile zum Laden. Im

Weitere Kostenlose Bücher