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Der normale Wahnsinn - Roman

Titel: Der normale Wahnsinn - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Beaumont
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doch mal gelesen?«
    »Könnt schon sein, dass ich ihn gelesen hab, na und?«
    »Hm, was könnte denn dringestanden haben?«
    »Könnte dringestanden haben, dass es im Knast beschissen ist und dass er ’nen Zeichenkurs belegt hat und dass er mir mal seine Bilder zeigen will.«
    »Das alles könnte dringestanden haben?«
    »Ja, könnte es.«
    »Vielleicht solltest du ihn mal besuchen.«
    »Was hast du bloß immer mit meinem Alten? Bezahlt er dich dafür, dass du hier Schönwetter für ihn machst, oder was?«
    »Hab’s dir doch schon gesagt. Kann mich an meinen eigenen Vater nicht erinnern und werde ihn nie kennenlernen. Aber du hast die Chance dazu, nicht? Mehr wollt ich damit nicht sagen.«
    »Ja, aber dein Vater hat dich auch nicht sitzen gelassen, nachdem er jemanden totgeprügelt hat, nicht? Und der neue Typ meiner Mutter mag vielleicht ’n Wichser sein, aber er ist zumindest da. Und von seinem Gehalt wird Woche für Woche unser Kühlschrank gefüllt, weißt du. Was hat mein Vater jemals für mich getan?«
    »Er schreibt dir Briefe. Er versucht, wieder was gutzumachen.«
    »Der ist doch nur verzweifelt, weil er lebenslänglich gekriegt hat. Wer will denn schon der Freund von so einem sein.«
    »Du, Babe.«
    »Ach, leck mich.«
    »Ja, das bist du. Immerhin liest du inzwischen seine Briefe und schmeißt sie nicht mehr weg, oder?«
    »Du hältst dich wohl für ziemlich clever, was? Denkst wohl, du kennst mich sehr genau, wie?«
    »Das tu ich, Babe. Hast es doch selbst zugegeben. Hast gesagt, dass niemand zuvor so was mit dir gemacht hat. Tja, und jetzt weiß ich was über dich, was kein anderer weiß.«
    Ich versetze ihm einen leichten Schlag dafür. Er rollt sich auf mich, zieht mein Sweatshirt hoch und kitzelt mich. Ich versuche, ihn auch zu kitzeln, aber er ist zu stark. Schon bald wird aus dem Kitzeln ein Kuss, und ich spüre, dass er wieder hart wird …
    Verdammt, der Typ macht mich so was von an. Kann nicht glauben, was da gerade mit mir passiert. Nach Kerrys Tod dachte ich, ich könnte nie wieder so fühlen. Muss ich deswegen ein schlechtes Gewissen haben? Ich meine, dafür, dass ich mich so toll fühle, obwohl vor gar nicht allzu langer Zeit meine beste Freundin ermordet wurde?
    Wie dem auch sei, auf geht’s in die nächste Runde.

    Michele : »Jetzt brauch ich noch ’ne Zigarette«, sagt er.
    »Ich geh raus und hol uns welche«, sage ich, obwohl ich eigentlich keine Lust hab, irgendwohin zu gehen.
    »Nein, geh nicht«, sagt er. »Noch nicht.«
    Wir liegen beieinander und schmusen ein bisschen, und ich denke über meine Gefühle für Carlton nach. Es ist nicht nur der Sex. Es ist auch, weil wir miteinander reden können. Mit den anderen Typen war das nie möglich. Doch bei Carlton ist das anders; in seiner Gegenwart rede ich viel und gern. Sie wissen schon, auch über Sachen, über die ich normalerweise nicht mal nachdenken mag. Zum Beispiel über meinen Vater. Hab nie mit jemandem über ihn sprechen wollen. Und lustigerweise hätte ich mir nie vorstellen können, dass man sich ausgerechnet mitCarlton so gut unterhalten kann. Ja, so kann man sich irren. Obwohl ich immer geahnt hab, dass er gut im Bett ist. Na ja, und in diesem Punkt hab ich mich nicht geirrt.
    Ich wende den Kopf und schau ihn an. Gewöhne mich nur allmählich daran, dass er jetzt keine Locken mehr hat. Als ich ihn gestern zum ersten Mal nach seiner Flucht wiedersah, hab ich mich regelrecht erschrocken. Ja, hab sogar laut aufgeschrien bei dem Anblick, was in seiner momentanen Situation vielleicht nicht gerade die passende Reaktion war. Aber je länger ich bei ihm bin, umso mehr gefällt mir sein neuer Look. Vorher hat der Kerl nur aus Haaren bestanden, doch jetzt kann man endlich sein Gesicht sehen. Ein schönes Gesicht, aber gewöhnungsbedürftig. Jetzt sehe ich Dinge darin, die mir vorher nie aufgefallen sind. Es ist, als ob ich ihn erst gestern kennengelernt hätte. Gerade hat er die Augen geschlossen, und ich frage mich, woran er wohl gerade denkt.
    Carlton : Scheiße, ich könnte töten für ’ne Zigarette. Kann an nichts anderes mehr denken. Wenn ich ficke, ist das immer so. Dann will ich einfach nur rauchen. Hinterher, meine ich.
    »Okay, besorgst du uns ’n paar Kippen, Babe?«, sage ich.
    »Okay.« Sie steht auf und zieht sich ihre Jeans an. Dann sagt sie: »Und wie geht’s jetzt weiter, Carlton?«
    Ich hole einen Zehner aus meiner Tasche und gebe ihn ihr. »Na ja, du holst uns jetzt ein paar Zigaretten. Aber nur zehn, okay?

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