Der normale Wahnsinn - Roman
Dann hast du noch genug übrig fürs Kentucky Fried Chicken.«
»Nein, ich meine, wie’s jetzt mit uns und mit dir weitergeht.«
Ist nicht so, dass ich nicht genau verstanden hab, wie sie die Frage gemeint hat.
Michele : »Wir können ja nicht ewig hierbleiben, oder?«, sage ich.
Er zuckt nur die Achseln, doch ich merke, dass er mir Recht gibt.
»Du musst dich der Polizei stellen, da hatte deine Mutter schon ganz Recht.«
»Klar, und wenn wir uns dann das nächste Mal sehen, bin ich alt und grau.«
»Das wird sich schon alles aufklären. Das muss es einfach. Du hast doch nichts verbrochen. Und die werden das auch früher oder später selbst feststellen.«
»Die Cops sind doch alle gleich. Sehen nur das, was sie sehen wollen.«
»Wir reden noch mal darüber, wenn ich zurück bin, okay?«
»Du kannst reden, so lange du willst, ich gehe nicht zur Polizei.«
Aber das muss er. Kann sich ja nicht für den Rest seines Lebens hier in der Garage verkriechen. Aber er ist ein sturer Typ. Das wusste ich schon immer.
Ich gehe Richtung Tür und bücke mich. Hab mir hier gestern zwei Fingernägel abgebrochen, aber inzwischen weiß ich, wie das Ding aufgeht. Ich schiebe meine Finger in den Spalt über dem Boden und ziehe ruckartig daran. Die Tür schwingt über meinem Kopf zurück. Sonnenlicht strömt herein und blendet mich für einen Moment. Hab ganz vergessen, was für ein schöner Tag heute ist.
Als sich meine Augen an die Helligkeit gewöhnt haben, fällt mein Blick auf eine Gruppe Leute. Männer und Frauen in blauen Uniformen, um genau zu sein. Polizisten. Sie haben sich im Halbkreis vor der Tür versammelt. Panisch schaue ich mich um nach Carlton, doch der hat die Bullen auch schon gesehen und ist aufgesprungen.
»Hab dir doch gesagt, dass wir ihn hier finden werden, Sparky«, sagt eine der Polizistinnen.
»Ja, wenn du so weitermachst, schaffst du es bald ins Criminal Investigation Department, Durham«, sagt ein Typ im Anzug. Ich erkenne ihn an seinen gelockten Haaren wieder. Das ist derselbe Detective, der bei Carlton zu Hause war, bevor der die Flucht ergriffen hat. Jetzt schaut er in die Garage und ruft: »Kommst du freiwillig da raus, oder müssen wir dich holen?«
Doch Carlton ist schon neben mir. Hab ihm zwar gesagt, er soll sich der Polizei stellen, aber jetzt hab ich meine Meinung geändert. Jetzt wär’s mir lieber, er würde das Weite suchen. Natürlich hat er keine Chance, denn die anderen sind zu fünft.
Er berührt sanft meinen Arm. »Alles wird gut, Babe. Ich klär das, okay?«
Er klingt nicht so, als ob er davon überzeugt ist. Ich weiß, er sagt das nur, um mich zu beruhigen. Aber das funktioniert nicht. Ich fühle mich wie ausgekotzt.
»Nette Frisur, Priestley«, sagt der Mann mit dem Lockenkopf. »Siehst ja jetzt gar nicht mehr wie ’n flauschiger Rasta-Teddybär aus. Jetzt siehst du genau wie der kranke Psycho aus, der du auch bist.«
Er packt Carltons Arm und dreht ihn herum, so dass Carlton nun mit dem Gesicht zur Garage nebenan schaut. Dann dreht er ihm beide Arme auf den Rücken.
»Lassen Sie ihn in Ruhe!«, schreie ich. »Er hat doch nichts getan.«
»Sei still, Mädchen«, sagt der Lockenkopf. »Du steckst genauso mit drin. Einem Tatverdächtigen bei der Flucht zu helfen ist strafbar. Carlton Priestley, ich nehme Sie hiermit unter dem dringenden Tatverdacht fest, Kerry Magilton im Dezember dieses Jahres vergewaltigt und ermordet –«
»Sparky, warte mal ’ne Sekunde«, sagt ein anderer Detective jetzt. Ein kleiner Mann in Jeans und Lederjacke, der gerade mit seinem Handy telefoniert.
»Ich bin mitten in einer Festnahme, Kenny«, sagt der Lockenkopf. »Was ist denn?«
»Hab Raymond vom Revier am Apparat. Sagt, sie hätten gerade einen Obdachlosen in den Woods aufgegriffen.«
»Na und? Obdachlose wohnen doch praktisch in den Woods. Ist doch nichts Neues.«
»Schon, aber Newman hat gerade ein Geständnis von ihm gekriegt.«
MITTWOCH
Michele : »Was kosten die, Michele?«, fragt mich Siobhan. Sie hält eine dicke blaue Kerze in die Höhe.
»14,95«, sage ich. »Da sollte eigentlich auch ein Preisschildchen am Boden kleben.«
»Ach ja, da steht’s auch. Tut mir leid, Sir, ich helfe hier nur aus«, sagt sie zu dem Kunden. »Also, die Kerze kostet 14,95.«
Der Mann denkt eine Weile nach, dann hat er sich zum Kauf entschlossen.
»Möchten Sie, dass ich Ihnen die Kerze als Geschenk einpacke?«, fragt Siobhan.
»Ja, bitte«, sagt der Mann.
Den Frauen ist’s meistens
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