Der normale Wahnsinn - Roman
verabreicht hatte, da ist eine Freundin, die sie verriet, indem sie ihr die Sache mit ihrem Mann verschwieg, sicherlich nicht Hassobjekt Nummer eins. Und doch muss sie einen ziemlichen Rochus auf mich haben.
»Mein Gott, jetzt sehe ich sie«, vermeldet Michele, die Kate sicherlich soeben als die verwirrte Frau wiedererkannt hat, die sie auf Pauls Beerdigung kennengelernt hat.
Mist, hoffentlich ist sie nicht extra hergekommen, um mir die Meinung zu geigen.
»Was tut sie? Bitte sag jetzt nicht, dass sie in den Laden kommt!«, rufe ich und krümme mich noch ein bisschen mehr zusammen. Verdammt, es muss doch eine Möglichkeit geben, unter die Theke zu kriechen …
»Sie holt gerade ein Kind aus dem Auto … Er weint … Jetzt schaut sie in Richtung unseres Schaufensters …«
»Scheiße.«
»… Entwarnung. Gerade überquert sie die Straße … Sieht so aus, als wäre sie auf dem Weg zu M & S.«
Kate : Warum muss der einzige freie Parkplatz auf dem Broadway ausgerechnet vor diesem Laden sein? Na ja, das passt zu meiner momentanen Pechsträhne. Himmel . Was für ein lächerlicher Name, und, zu Ihrer Information, das dachte ich schon, bevor ich Ali kennenlernte. Ich werfe einen Blick hinein – kann einfach nicht anders –, aber ich sehe sie nicht. Wahrscheinlich ist sie noch nicht in der Lage, wieder zu arbeiten. Ihre junge Mitarbeiterin ist aber anwesend; offenbar schmeißt das Mädchen den Laden ganz allein. Unter uns: Ich würde einem so jungen Ding mein Geschäft nicht anvertrauen, aber … Okay, ich hab im Moment wohl ein Problem damit, anderen überhaupt noch zu vertrauen.
Gut, dass Ali nicht da ist. Könnte es nicht ertragen, sie jetzt zu sehen. Nicht, dass ich sie hasse. Offenbar hatte sie ja keine Ahnung, dass sie das heimliche Objekt der Begierde meinesMannes war, meines Ex-Mannes, um genau zu sein. Wie könnte ich sie dafür hassen? Aber angenehm ist mir der Gedanke an sie trotzdem nicht. Tatsächlich habe ich das Gefühl, sie wäre nicht nur Marcos Hirngespinst, sondern eine Rivalin aus Fleisch und Blut gewesen.
Cameron auf meinem Arm weint. Ich versuche, es zu ignorieren, und überquere die Straße. Nach dieser Überdosis hat er sich wirklich sehr schnell wieder erholt, aber seit er aus dem Krankenhaus entlassen wurde, weint er fast ohne Unterlass. Tja, du verdammte Christie, da siehst du es. Er ist noch viel zu klein, um zu begreifen, dass sie ihn fast getötet hätte. Nicht genug, dass sie ein dreckiger, verlogener Junkie ist, jetzt hat sie mich auch noch mit einem Kind allein gelassen, das seine eigene Mutter nicht ertragen kann. Wenn ich’s recht bedenke, hasse ich sie mehr, als ich Marco hasse. Hätte nicht gedacht, dass das möglich ist.
»Komm schon, Cameron«, sage ich, als ich M & S betrete und mir einen Einkaufskorb schnappe. »Mami liebt dich, hörst du, Mami liebt dich.«
Aber das scheint nicht zu helfen. Nichts scheint im Moment zu helfen.
»Will Kisstie«, jammert er.
Kisstie. Wie konnte sie mir das antun? Natürlich hat sie alles abgestritten. Während die Polizei bei uns anrückte und das Haus von oben bis unten nach Drogen durchsuchte, erzählte sie mir eine absolut lächerliche Geschichte von einer Freundin, die sie kurz mit dem Wagen abgeholt hatte und die Cameron dann eine Dose Smarties gegeben haben soll, in der sich auch die Pillen befunden hätten. Doch wer diese Freundin ist, damit wollte sie mir gegenüber nicht herausrücken. Und auch den Detectives erzählte sie es nicht. Für mich ein klarer Fall, die Story ist erstunken und erlogen.
Und dann brach sie auch noch in Tränen aus und erzählte mir, dass ihr Bruder drogenabhängig gewesen war und dass sie seitseinem Tod eine absolute Gegnerin jeglicher Drogen wäre. Warum, hab ich mich gefragt, hat sie mir das eigentlich nicht erzählt, als wir im Krankenhaus über ihren Bruder sprachen? Als ich sie danach fragte, hatte sie keine Antwort darauf, zumindest keine akzeptable. Klarer Fall von Notlüge und Krokodilstränen.
Die Polizei hat im Haus keine Drogen gefunden. Nicht die Spur von Drogen, aber ich wollte, dass man sie trotzdem zur Rechenschaft zieht, immerhin war Cameron ihr Schutzbefohlener. Die Detectives meinten jedoch, das sei nicht so einfach, so lange man keine handfesten Beweise hätte. »Was reden Sie denn da?«, hab ich gefragt. »Mein Sohn hatte nachweislich Ecstasy im Körper. Das ist doch ein handfester Beweis!«
Doch in Ermangelung irgendwelcher Zeugen und sichergestellten Beweismittel, könne
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