Der normale Wahnsinn - Roman
Nicht wegen ihr – sie wurde mir von Kate empfohlen, und deren Sitter müssen durch ein strenges Prüfverfahren, bevor sie Cameron auch nur zu Gesicht bekommen.
»So verantwortungslos sind unsere Kinder nun auch nicht. Ich bin sicher, eines von ihnen hätte angerufen, wenn sie demMädchen den Garaus gemacht hätten«, erwidert Dom, als ob er meine Gedanken gelesen hätte. Meine Kinder neigen dazu, erst einmal sämtliche Schwachstellen ihres Gegenübers auszumachen, bevor sie zum Angriff übergehen. »Wo hast du die Kleine eigentlich aufgegabelt?«, fragt er. »Die hat ja ’ne Nase so groß wie die Sydney Harbour Bridge.«
»Stimmt, die ist wirklich riesig«, stimme ich zu. »Das arme Ding spart sich gerade das Geld für die OP zusammen – deswegen die Überstunden mit Babysitten. Kate hat sie mir empfohlen.«
»Oh ja, die arbeitslose Kate. Wie geht’s ihr denn?«
»Ach, hör auf, Dom. Kate geht dir doch am Arsch vorbei.«
»Nicht ganz. Deine Rolle als ehrenamtliche Kummerkastentante für jeden dahergelaufenen Neurotiker oder Versager hält dich bisweilen durchaus von deinen weiblichen Pflichten ab.«
»Gut, falls du es wissen willst, es geht ihr gerade ziemlich schlecht. Sie versucht zwar, sich nichts anmerken zu lassen, aber ich denke, ihr Selbstwertgefühl ist ziemlich im Keller. Und dann noch die Sache mit Cameron im Krankenhaus. Und Marco, der –«
»– noch immer der einfühlsamste Mensch aller Zeiten ist.«
»Was meinst du?«
»Ich meine, Bambi ist nach wie vor sehr ausgelastet mit seinen Serienmorden.«
»Das ist nicht lustig, Dom. Nicht nach dem, was letztens in den Woods vorgefallen ist. Hab ich dir eigentlich erzählt, dass das bedauernswerte tote Mädchen die beste Freundin von Alis Mitarbeiterin ist? Gerade mal achtzehn Jahre … Was für ein erbärmliches Ende. Die arme Ali hat’s auch ziemlich mitgenommen, weißt du. Michele ist –«
»Wer ist jetzt wieder Michele?«
»Das Mädchen, das in Alis Laden arbeitet. Mit ihr ist im Moment nichts anzufangen – verständlicherweise –, und dann muss sie morgen auch noch ins Krankenhaus.«
»Wer? Das Mädchen, das für sie arbeitet?«
»Nein, Ali.«
»Himmel, was fehlt ihr denn?«
»Nichts! Herrgott, Dom! Kriegst du eigentlich noch irgendwas mit von dem, was sich in deiner unmittelbaren Umgebung abspielt? Oder checkst du alles, was um dich herum passiert, nur noch daraufhin ab, ob es sich vielleicht für einen deiner Gags eignen könnte?«
»Ja, so ähnlich. Was ist denn nun mit Ali?«
»Sie unterzieht sich einer IVF-Behandlung, weshalb wieder mal eine Eizellenpunktion fällig ist.«
»Ach ja, richtig. Das wusste ich doch … oder nicht?«
»Wie dem auch sei, sie hat niemanden gefunden, der ihr morgen den Laden schmeißt, also wird sie den Himmel für einen Tag schließen müssen.«
»Es überrascht mich, dass du ihr nicht deine Dienste angeboten hast.«
»Ich hab in der Tat kurz mit dem Gedanken gespielt, auszuhelfen, aber ich habe vier Kinder.«
»Warum hast du Ali heute Abend nicht mit hierher gebracht? Für eine letzte Henkersmahlzeit aus Hühnchen-Curry.«
»Hätte ich gern getan, aber sie muss bis zum Eingriff nüchtern bleiben. Okay, ich werde Jenka anrufen, bevor das Essen kommt.«
»Hör doch mal auf, dir ständig Sorgen zu machen«, fleht Dom mich an.
»Schon vergessen? Es ist mein Job, mir Sorgen zu machen«, sage ich, während ich mein Handy hervorhole.
Jenka : Telefon klingelt, aber ich füttere Baby, also muss rangehen anderes Kind. Der Große. Weiß noch nicht, wie Junge heißt. Das hier ist scheiß Job. Vier Kinder, eins ist Baby. Mag keine Babys. Milch stinkt und Scheiße auch. Großes Kind macht Krach die ganze Zeit. Am besten ignorieren. Ignorieren immer gut, solange sie nichts machen kaputt oder vollbluten. Ich stelle Fernseher sehr laut. Ich setze wieder und rechne: sieben Pfund dieStunde, drei Stunden, sind einundzwanzig Pfund näher an OP. Junge bringt Telefon und gibt mir. »Meine Mutter«, er sagt.
»Hallo, Mrs Gottan«, ich sage. »Alles klar?«
»Ja, alles prima, Jenka«, sie sagt.
Jenka! Was soll bedeuten dieses Juh, Juh, Juh! Name wird ausgesprochen Yenka. Wie würde ihr gefallen, wenn ich sagen würde ihren Namen falsch?
»Ich rufe nur an, um mich zu erkundigen, ob Ihnen die Kinder womöglich den letzten Nerv rauben?«
»Nein, alles gut«, ich sage. »Reizende Kinder, perfekte Kinder und sehr freundsam. Schauen bisschen Fernsehen gerade. Ich füttere Baby mit Milch aus
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