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Der normale Wahnsinn - Roman

Titel: Der normale Wahnsinn - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Beaumont
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seltene Gabe, den Menschen zuzuhören. Wenn ich ehrlich bin, hat er die ganze Zeit nur meine Beine angestarrt, weshalb ich seine Einschätzung etwas in Frage stelle, aber in der Not frisst der Teufel bekanntlich Fliegen.
    Ja, ich bin zur Zeit ziemlich verzweifelt. So viele Optionen? Das war die Übertreibung des Jahrhunderts. Die Sache mit meiner Entlassung scheint die Runde gemacht zu haben, und so stehe ich bei allen Personalabteilungen, bei denen ich mich bewerbe, derzeit vor verschlossenen Türen. Selbst Diane, diebeste Headhunterin weit und breit und meine Freundin, hält sich bedeckt. Wäre ich paranoid, so könnte man meinen, dass sie gegen mich arbeitet. Wenn ich ehrlich bin, dann bin ich kurz davor, eine Verschwörung zu wittern, aber ich kämpfe dagegen an.
    Wie konnte Bancroft Brooks mir so was antun, nach allem, was ich für den Laden geleistet habe? Gut, ich war vielleicht ein wenig unvorsichtig, aber die eigentliche Schuld an dieser Sache trage ich nun wirklich nicht. Wenigstens weiß ich jetzt, wer mir das alles eingebrockt hat. Hatte ja zuerst Pamela in Verdacht, aber ein paar Tage nach meiner Entlassung bin ich schließlich draufgekommen, wer die Liste in der Firma verteilt hat. Es war Neil Andrews. Wie Sie sich vielleicht erinnern, bin ich mit ihm zusammengestoßen, als er mir ein Taxi vor der Nase wegschnappen wollte. Meine Unterlagen fielen zu Boden, und da muss er sich irgendwie die Liste unter den Nagel gerissen haben. Ehrlich, so was hätte ich ihm niemals zugetraut.
    Ich setze den Wasserkessel auf, gebe etwas Pfefferminztee in die Kanne und toaste mir eine Scheibe Vollkornbrot. Unter uns, ich fresse wie ein Scheunendrescher, seit ich nicht mehr ins Büro gehe. Keine Ahnung, was mit mir los ist. Noch vor einer Woche hab ich nicht mehr als ein Glas eiskaltes Wasser zum Frühstück gebraucht.
    Ich hab mit dem Gedanken gespielt, Colin Jelf anzurufen und ihm von Andrews’ Aktion zu berichten, aber wozu? Es ist offensichtlich, dass die Geschäftsleitung von Bancroft Brooks die Sache lieber unter den Teppich zu kehren wünscht, und einen Sündenbock haben sie ja schon. Ich hab auch mit dem Gedanken gespielt, den Laden zu verklagen. Das war, nachdem ich mich von meinem ersten Schock erholt hatte, sogar mein erster Impuls. Kein Wunder, ich hab gekocht vor Wut, ich war außer mir. Ich kenne mich im Arbeitsrecht so gut aus wie jeder Anwalt. Aber im Ernst, wie stehen die Chancen, dass ich den Prozess gegen eine der besten Anwaltskanzleien im Lande gewinne? Nein, mein Name ist sowieso schon fast verbrannt, da muss ich mirnicht auch noch den Ruf einer klagewütigen Stresszicke einhandeln. Weg mit Schaden und auf zu neuen Ufern, sage ich da. Ab mit Bancroft Brooks auf den Schutthaufen der Geschichte.
    Ich gieße mir einen Tee ein und esse meinen Toast – trocken. Wollte ihn ursprünglich mit Butter bestreichen, aber ich hab’s mir verkniffen. Indem man solchen Schwächen nachgibt, läutet man seinen persönlichen Niedergang ein, dessen bin ich sicher. Die nächste Stufe wäre dann, faul auf dem Sofa rumzuliegen, den ganzen Tag fernzusehen und sich mit Doritos vollzustopfen. Nein, ohne mich. Wenn man zurück ins Spiel will, muss man die größtmögliche Professionalität an den Tag legen, und das bedeutet in meinem Fall, auch hier genauso diszipliniert zu sein, wie ich es im Job bin.
    Es ist schön, die Küche eine Weile für sich zu haben. Marco, Cameron und Christie schlafen noch. Christie übernachtet zurzeit im Zimmer meines Sohnes. Er ist auf dem Wege der Besserung – in diesem Punkt hab ich nicht gelogen –, aber immer noch sehr geschwächt. Christie weicht ihm nicht von der Seite, und ich bin ihr dankbar dafür. Sie vergöttert ihn geradezu. Vielleicht hat sie aber einfach nur ein schlechtes Gewissen, weil Cameron unter ihrer Obhut so schwer erkrankt ist. Wie dem auch sei, ich bin froh, dass sie da ist. Was ich über Marco nicht behaupten kann. Zu sagen, meine Ehe hinge am seidenen Faden, wäre noch untertrieben. Ich begreife einfach nicht, was mit ihm los ist.
    Aber ich möchte im Moment nicht darüber nachdenken und schnappe mir den Notizblock, der neben dem Telefon liegt. Höchste Zeit, meinen Tagesablauf zu planen und eine To-do-Liste zu machen. Einige Headhunters habe ich noch nicht angerufen, das werde ich gleich heute nachholen. Und dann werde ich mich bei diesem Typen melden, der in der Personalabteilung bei Nestlé arbeitet. Er hat gemeint, ich könne ihn jederzeit anrufen, wenn ich

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