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Der Nussknacker - Reise durch ein Jahrhundert

Der Nussknacker - Reise durch ein Jahrhundert

Titel: Der Nussknacker - Reise durch ein Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sobo
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ebenfalls in Handschuhen steckte, die bis zu den Ellbogen reichten, und küsste sie. Auch die Braut küsste den Bräutigam. Nicht auf den Mund oder die Hand, sondern auf die Stirn, sodass von nun an ein kleiner roter Abdruck auf von Breitenbachs Glatze prangte. Anschließend strich Dorothy mir liebevoll über den Wanst, während sie immer wieder »New York, New York! Ich werd verrückt!«, hauchte.
    * * *
    Eine Woche nach der Hochzeitsfeier war es dann so weit. Die Koffer waren gepackt. Die frisch vermählte Dorothy von Breitenbach und ihr dicker Lord betraten im Hafen von Southampton das Schiff, das sie in einer einwöchigen Reise nach New York bringen sollte. Aber es war nicht irgendein Schiff. Es war ein Schnelldampfer, der größte, der je gebaut worden war, sogar der größte von Menschenhand gefertigte bewegliche Gegenstand aller Zeiten. So ein riesiges Schiff hatte die Welt noch nicht gesehen, geschweige denn ich. Es war ein Koloss, ein schwimmender Riese mit vier Schornsteinen unddrei Decks. 269 Meter lang, 60 000 Tonnen schwer und funkelnagelneu. So neu, dass es überall noch nach Farbe roch.
    Am Hafen standen Tausende von Menschen und ließen ihrer Neugier freien Lauf, während geschäftig Koffer- und Kistenberge verladen wurden. Sogar ganze Autos verschwanden im Schiffsbauch. Elegant gekleidete Damen mit großen Hüten, Männer in schwarzen Anzügen und mit Uhrenketten am Bauch und herausgeputzte Kinder, die wie Puppen aussahen, strömten über einen Laufsteg auf Deck A des Schiffes.
    Auch der Lord, Dorothy und ich waren von nun an Passagiere der ersten Klasse. Die Leute in der dritten Klasse waren weniger vornehm gekleidet und wurden auf Deck E untergebracht.
    Als alle an Bord waren, verließ am 10. April 1912 das gewaltige Schiff zu seiner Jungfernfahrt zusammen mit uns und weiteren 2205 Menschen an Bord den Hafen von Southampton, begleitet vom Jubel der Zurückbleibenden.
    Zuerst fuhren wir an die Westküste Irlands und von da hinaus auf den Ozean.
    Das Schiff war ein Traum. Ein Traumschiff! Zumindest was Deck A und die Erste Klasse anging. So hatte ich mir ein Schiff nicht einmal in meinen kühnsten Vorstellungen ausgemalt. Überall hingen schwere Kronleuchter aus geschliffenem Glas, die funkelten und leuchteten, um alles in ein helles, warmes Licht zu tauchen. Gigantische Holztreppen mit verschnörkelten Geländern führten von der einen in die andere Etage. Polierte Marmorböden und gestickte, flauschige Teppiche dämpften die Schritte. Fein gedrechselte Säulen aus Holz stützten die Decken. Eine riesige Glaskuppel öffnete den Blick zum Himmel und ließ die Weite des Universums über dem Dampfer erahnen. Es gab einen Speisesaal, der so großwar wie die Wiese, auf der Wilhelm immer Fußball gespielt hatte. Die Tische waren aus edlem, dunklem Tropenholz, die Stühle mit Polstern aus teuerstem Stoff überzogen. Überall wuselten Dienstmädchen in gestärkten weißen Schürzen und mit albernen Häubchen auf dem Kopf umher und fragten nach Wünschen, die sogleich erfüllt wurden. Während des Dinners spielte ein Orchester klassische Musik, und flinke junge Kellner servierten üppige und ausgefallene Speisen, deren Namen in meinen Ohren unaussprechlich klangen.
    Aber auch in den Kajüten, die in der ersten Klasse prachtvolle Suiten waren, schien der Luxus keine Grenzen zu kennen. In den Schlafzimmern waren die Wände mit kostbaren Stofftapeten verziert, an denen große Ölgemälde mit dicken Goldrahmen hingen. Ein Tresor aus Stahl stand in der Ecke, in dem die Reisenden ihre Reichtümer sicher auf bewahren konnten. Die Einrichtung vermittelte maßlosen Luxus und gab den Reisenden das Gefühl von Sicherheit. So, als wären sie nicht auf einem schier grenzenlosen Ozean unterwegs, sondern stünden mit beiden Beinen sicher auf der Erde. Erst wenn man durch die Bullaugen in der Schiffswand schaute, konnte man erkennen, wie dünn die Trennwand zwischen diesem schwimmenden Ungetüm und dem alles verschlingenden Meer war. Wasser, so weit das Auge reichte.
    Sogar einen Aufzug gab es auf dem Schiff, der die Stockwerke miteinander verband. Alles war vom Feinsten und Edelsten. Schwimmender Luxus.
    Auch die Menschen in der ersten Klasse zeigten sich von ihrer besten Seite. Es waren Geschäftsleute, Industrielle und Adlige, die ihren Reichtum nicht nur bei sich trugen, sondern auch gerne herzeigten.
    Die Frauen waren in lange, kostbare Kleider aus Seide und Satin gehüllt. Dazu trugen sie Hüte, die so groß waren,

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