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Der Oligarch

Der Oligarch

Titel: Der Oligarch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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innerhalb des Autobahnrings gesperrt.«
    »Jetzt nicht mehr.«
    Strelkin nahm den Hörer von Miltschenkos Telefon ab und bestellte den Hubschrauber. »Ich weiß selbst, dass der Luftraum gesperrt ist, Idiot!« Er knallte den Hörer auf.
    Miltschenko stand an der Wandkarte.
    »Wie lange dauert es, bis er kommt?«
    »Fünf Minuten.«
    Der Oberst überschlug die Flugzeit.
    »Wir können unmöglich vor Charkow dort sein.«
    »Vielleicht sollte ich Rudenko direkt anrufen.«
    »Wen?«
    »Oleg Rudenko, seinen Sicherheitschef. Er war früher bei uns. Vielleicht kann er Charkow zur Vernunft bringen.«
    »Iwan Charkow zur Vernunft bringen? Wadim, ich muss Ihnen etwas erklären, glaube ich. Wenn Sie Rudenko anrufen, wird Charkow als Erstes diese Geiseln umlegen.«
    »Nicht wenn wir ihm sagen: Befehl von ganz oben.«
    Miltschenko dachte darüber nach, dann schüttelte er den Kopf. »Charkow ist nicht zu trauen. Er wird sagen, dass sie bereits tot sind. Auch wenn sie’s nicht sind.«
    »Wer sind diese Leute?«
    »Das ist kompliziert, Wadim. Deshalb hat der Präsident diesen höchst ehrenvollen Auftrag mir erteilt. Es muss genügen, wenn ich sage, dass viel Geld auf dem Spiel steht – für Russland und den Präsidenten.«
    »Wie das?«
    »Wenn die Geiseln überleben, gibt’s Geld. Andernfalls …«
    »Kein Geld?«
    »Sie haben glänzende Zukunftsaussichten, Wadim.«
    Strelkin trat neben Miltschenko an die Wandkarte. »Vielleicht gibt es eine andere Möglichkeit, dort draußen rasch etwas Feuerkraft zu konzentrieren.«
    »Ich höre.«
    »Wegen des Gipfels sind in ganz Moskau Einheiten der Alpha-Gruppe eingesetzt. Wenn ich mich nicht irre, stehen sie an allen Fernstraßen, die in die Stadt führen.«
    »Was machen sie dort? Den Verkehr lenken?«
    »Sie suchen tschetschenische Terroristen.«
    Aber natürlich, dachte Miltschenko. Sie waren immer auf der Suche nach Tschetschenen, auch wenn es keine Tschetschenen zu finden gab.
    »Rufen Sie an, Wadim. Fragen Sie nach, ob irgendwo entlang der M7 Alphas stationiert sind.«
    Das tat Strelkin. Sie hatten Glück. Zwei Hubschrauber konnten die Männer in weniger als zehn Minuten aufsammeln.
    »Schicken Sie sie los, Wadim.«
    »Auf wessen Befehl?«
    »Auf Befehl des Präsidenten natürlich.«
    Strelkin erteilte den Einsatzbefehl.
    »Sie haben glänzende Zukunftsaussichten, Wadim.«
    Strelkin sah aus dem Fenster. »Und Sie haben einen Hubschrauber.«
    »Nein, Wadim, wir haben einen Hubschrauber. Ich fliege nicht allein dorthin.«
    Der Oberst nahm seinen Mantel vom Haken und hastete mit Strelkin an den Fersen zur Tür. Fünfzehn Grad minus und Schnee in der Luft – und er war in die Wladimirskaja Oblast unterwegs, um drei Juden und einen russischen Verräter vor Iwan Charkow zu retten. So hatte er diesen Tag eigentlich nicht verbringen wollen.
     
    Die vier Personen, deren Leben jetzt in Miltschenkos Händen lag, saßen in diesem Augenblick in der Kellerzelle, jeder an einer der vier Wände, die Handgelenke straff hinter dem Rücken gefesselt, die Beine ausgestreckt, sodass ihre Füße sich berührten. Die Stahltür war weit offen; draußen standen zwei Männer mit schussbereiten Waffen. Der Schlag, der Michail betäubt hatte, hatte eine tiefe Platzwunde über seiner linken Augenbraue hinterlassen. Gabriel, der hinter dem rechten Ohr getroffen worden war, hatte den ganzen Nacken voller Blut. Als Opfer allzu vieler Gehirnerschütterungen kämpfte er darum, die in seinem Kopf dröhnenden Glocken zum Schweigen zu bringen. Michail sah sich in der Zelle um, als suche er einen Fluchtweg. Chiara beobachtete ihn, Grigorij tat dasselbe.
    »Woran denken Sie?«, murmelte er auf Russisch. »Sie wollen doch nicht etwa ausbrechen?«
    Michail sah zu den Wachen hinüber. »Und diesen Gorillas einen Vorwand liefern, mich umzulegen? Daran würde ich nicht mal im Traum denken.«
    »Was ist dann so interessant an der Zelle?«
    »Dass sie überhaupt existiert.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Hatten Sie eine Datscha, Grigorij?«
    »Meine Eltern hatten eine.«
    »Ihr Vater war in der Partei?«
    Grigorij zögerte, dann nickte er. »Ihrer?«
    »Eine Zeit lang.«
    »Was ist dann passiert?«
    »Mein Vater und die Partei gingen getrennte Wege.«
    »Ihr Vater war ein Dissident?«
    »Dissident, Abweichler, Regimekritiker – suchen Sie sich ein Wort aus, Grigorij. Er hat einfach angefangen, die Partei und alles, was sie verkörperte, zu hassen. So ist er zuletzt in Ihrem kleinen Horrorshop gelandet.«
    »Er hatte eine

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