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Der Oligarch

Der Oligarch

Titel: Der Oligarch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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es nicht Tradition, dass der Verurteilte eine letzte Zigarette bekommt?«
    »Reden Sie weiter, Wladimir, dann lasse ich Sie leben.«
    »Nach allem, was ich heute Nacht gesehen habe? Halten Sie mich für einen Idioten, Allon?«
    »Nicht für einen Idioten, Wladimir, nur für einen ehemaligen KGB-Schläger, der es irgendwie geschafft hat, sich aus der Gosse hochzuarbeiten. Aber bleiben wir doch sachlich, okay? Sie wollten mir gerade erzählen, wo Sie dem Mann auf dem Foto zum ersten Mal begegnet sind.« Eine Pause, dann: »Dem als Genosse Schirlow bekannten Mann.«
    Der Medikamentencocktail in Tschernows Kreislauf machte es ihm unmöglich, nochmals zu leugnen. Ebensowenig konnte er sein Erstaunen darüber verbergen, dass Gabriel den Decknamen dieses geheimsten aller »schwarzen« KGB-Agenten kannte.
    »Das war im Jahr fünfundneunzig oder sechsundneunzig. Ich hatte damals meinen eigenen Sicherheitsdienst. Ohne Kunden wie Iwan Charkow oder Wiktor Orlow, aber ich habe recht gut verdient. Genosse Schirlow ist mit einem sehr lukrativen Angebot zu mir gekommen. Er hatte sich in Moskau einen gewissen Ruf erarbeitet. Daher war es für ihn viel zu gefährlich, selbst mit seinen Kunden in Verbindung zu treten. Er brauchte jemanden als Mittelsmann – als Buchungsagenten, wenn Sie so wollen. Sonst hätte er nicht lange genug überlebt, um die Früchte seiner Arbeit genießen zu können.«
    »Und Sie waren bereit, dieser Vermittler zu sein – natürlich gegen Provision.«
    »Zehn Prozent. Hatte jemand einen Auftrag für ihn, ist derjenige damit zu mir gekommen, und ich habe Schirlow den Vorschlag unterbreitet. Wenn er den Job übernehmen wollte, hat er sein Honorar genannt. Damit bin ich zu dem Klienten gegangen und habe die endgültige Vereinbarung getroffen. Alle Zahlungen sind an mich erfolgt. Ich habe das Geld durch meine Beratertätigkeit gewaschen und dem Genossen Schirlow ein Honorar für seine Dienste gezahlt. Sie werden es kaum glauben, aber er hat sein durch Morde und Entführungen erzieltes Einkommen tatsächlich versteuert.«
    »Aber nur in Russland.«
    »Das waren verrückte Zeiten, Allon. Es ist leicht, über uns zu Gericht zu sitzen, aber Sie haben nie erlebt, wie Ihr Land und Ihr Geld von einem Augenblick zum anderen verschwinden. Jeder hat getan, was er tun musste, um zu überleben. Damals herrschte das Gesetz des Dschungels. Wirklich!«
    »Ersparen Sie mir die traurige Geschichte, Wladimir. Ohne Sie und Ihre Mitläufer in der russischen Mafia wäre Russland kein Dschungel gewesen. Aber ich schweife ab. Sie wollten mir von dem Genossen Schirlow erzählen. Sie wollten mir sogar seinen richtigen Namen nennen.«
    »Ich möchte eine Zigarette.«
    »Sie haben hier keine Forderungen zu stellen.«
    »Bitte, Allon. Ich hatte gestern Abend eine Schachtel in meiner Manteltasche. Wenn es nicht zu viel Mühe macht, hätte ich gern eine. Ich schwöre Ihnen, keine Dummheiten zu machen.«
    Gabriel sah zu Jaakov hinüber. Als die Zigarette gebracht wurde, war sie bereits angezündet. Tschernow nahm einen langen Zug, dann nannte er den Namen, den Gabriel hören wollte. Er lautete Petrow. Anton Fedorowitsch Petrow.
     
    Damit sei jedoch nicht viel anzufangen, fügte Tschernow rasch hinzu. Petrow habe diesen Namen schon seit Jahren nicht mehr benutzt. Er war als Sohn eines KGB-Obersten, der in der Ostberliner Residentur Dienst tat, auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges in der DDR zur Welt gekommen. Als Einzelkind hatte er mit deutschen Kindern spielen dürfen und war so zweisprachig aufgewachsen. Tatsächlich sprach er so gut Deutsch, dass er auf den Straßen Ostberlins als Einheimischer durchgehen konnte. Der KGB förderte Petrows Sprachbegabung, indem er dem Jungen gestattete, DDR-Schulen zu besuchen, statt in die Sowjetunion zurückkehren zu müssen. Nach einem Einserabitur an einem Ostberliner Gymnasium studierte er in Leipzig Chemie. Für kurze Zeit überlegte Petrow sogar, ob er promovieren oder ein Medizinstudium anhängen sollte. Aber die Zentrale in Moskau hatte etwas anderes mit ihm vor.
    Schon wenige Tage nach seiner Diplomprüfung wurde er nach Moskau gerufen und bekam einen KGB-Posten angeboten. Nur wenige junge Männer waren töricht genug, ein derartiges Angebot abzulehnen, und Petrow, der zur KGB-Großfamilie gehörte, dachte nicht einmal daran. Nach zweijähriger Ausbildung im Rotbanner-Institut des KGB in Jasenewo erhielt er den Decknamen Genosse Schirlow und wurde nach Ostberlin zurückgeschickt. Einen Monat

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