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Der Oligarch

Der Oligarch

Titel: Der Oligarch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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Lavon war ausgestiegen und lehnte an der Fahrertür.
    »Sind wir beschattet worden?«, fragte Gabriel.
    Lavon schüttelte den Kopf.
    »Bist du sicher, Eli?«
    »Ganz sicher.«
    »Nimm Jossi mit. Fahrt nach Genf zurück. Dort wartest du mit den anderen. Wir kommen bald nach.«
    »Ich bleibe hier bei dir.«
    »Du bist ein Überwacher, Eli. Der Beste, den es je gegeben hat. Diese Sache ist nichts für dich.«
    »Vielleicht auch nichts für dich.«
    Gabriel ignorierte diese Bemerkung und sah zu Navot hinüber, der am Steuer des Renaults saß. Im nächsten Augenblick torkelten die drei Russen, betäubt und gefesselt, zum Hauseingang. Lavon legte Gabriel eine Hand auf die Schulter.
    »Sei dort drinnen vorsichtig, Gabriel. Sonst verlierst du am Ende mehr als eine weitere Ehefrau.«
    Lavon setzte sich ans Steuer, ließ Jossi einsteigen und fuhr ohne ein weiteres Wort talabwärts davon. Gabriel beobachtete, wie die roten Schlussleuchten in stiebenden Schneewolken verschwanden; dann wandte er sich ab und ging wieder ins Haus.
     
    Sie zogen die Männer bis auf die Unterwäsche aus und fesselten sie an drei eiserne Gartenstühle. Gabriel injizierte jedem von ihnen ein Aufputschmittel: eine niedrige Dosis für Fahrer und Leibwächter, eine hohe für Wladimir Tschernow. Der Hüne hob langsam den Kopf von der Brust und betrachtete hektisch blinzelnd seine Umgebung. Seine beiden Männer saßen mit vor Angst geweiteten Augen direkt vor ihm. Hinter ihnen standen Jaakov, Michail, Navot und Gabriel aufgereiht. In der linken Hand hielt Gabriel eine Glock Kaliber 45 mit aufgeschraubtem Schalldämpfer. In der Rechten hatte er das vergrößerte Foto eines Mannes, der im Heathrower Ankunftsgebäude stand. Gabriel nickte Jaakov zu, damit er das Klebeband wegriss, mit dem Tschernows untere Kopfhälfte umwickelt war. Der Russe, dem dabei ziemlich viele Haare ausgingen, schrie vor Schmerzen auf. Gabriel schlug kräftig zu, traf seine Stirn mit dem Pistolengriff und fuhr ihn an, er solle das Maul halten. Tschernow, dem Blut ins linke Auge lief, gehorchte.
    »Wissen Sie, wer ich bin, Wladimir?«
    »Ich habe Sie noch nie im Leben gesehen. Bitte, wer immer Sie auch sind, dies ist ein …«
    »Dies ist kein Irrtum, Wladimir. Sehen Sie sich mein Gesicht genau an. Sie haben es schon einmal gesehen, das weiß ich genau.«
    »Nein, noch nie!«
    »Das ist ein sehr schlechter Start für uns beide. Sie belügen mich. Und wenn Sie mich weiter belügen, werden Sie dieses Haus nie mehr verlassen. Sagen Sie mir die Wahrheit, Wladimir, dann dürfen Sie und Ihre Männer weiterleben.«
    »Ich sage Ihnen die Wahrheit! Ich habe Ihr Gesicht noch nie gesehen!«
    »Nicht einmal auf Fotos? Sie müssen Ihnen doch wenigstens ein Foto von mir gegeben haben.«
    »Wer?«
    »Die Männer, die zu Ihnen gekommen sind, als sie den Genossen Schirlow engagieren wollten, damit er mich aufspürt.«
    »Diesen Namen habe ich noch nie gehört. Ich bin ein zugelassener Sicherheitsberater und bestehe darauf, dass Sie meine Leute und mich sofort freilassen. Sonst …«
    »Sonst was, Wladimir?«
    Tschernow gab keine Antwort.
    »Ihnen bleibt nur eine kleine Chance, Wladimir. Eine sehr kleine Chance. Ich werde Ihnen eine Frage stellen und Sie werden mir die Wahrheit sagen.« Gabriel hielt das Foto vor Tschernows Gesicht. »Sagen Sie mir, wo ich diesen Mann finden kann.«
    »Ich habe ihn noch nie im Leben gesehen.«
    »Sind Sie sich sicher, dass das die Antwort ist, die Sie mir geben wollen, Wladimir?«
    »Das ist die Wahrheit!«
    Gabriel schüttelte bedauernd den Kopf, dann trat er hinter Tschernows Fahrer. Irgendjemand hatte ihm gesagt, wie der Mann hieß. Aber er hatte den Namen schon wieder vergessen. Sein Name spielte keine Rolle. Dort, wohin er unterwegs war, brauchte er keinen Namen mehr. Tschernows unverschämter Gesichtsausdruck zeigte deutlich, dass er glaubte, Gabriel bluffe nur. Der Russe kannte offenbar Ari Schamrons zwölftes Gebot nicht: Wir fuchteln nicht mit unseren Waffen herum wie Gangster und stoßen leere Drohungen aus. Im Einsatz ziehen wir unsere Waffen aus einem einzigen Grund – und allein aus diesem. Gabriel setzte die Mündung des Schalldämpfers so auf den Hinterkopf des Fahrers, dass sie leicht schräg nach unten zeigte. Während sich seine Augen in Tschernows bohrten, drückte er ab.

46 H AUTE -S AVOIE , F RANKREICH
    In Bezug auf Schalldämpfer herrscht ein allgemeines Missverständnis vor. Sie dämpfen den Knall des Schusses nicht völlig – vor allem nicht,

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