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Der Oligarch

Der Oligarch

Titel: Der Oligarch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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später schlüpfte er mit Hilfe eines sowjetischen Agenten im westdeutschen Bundesnachrichtendienst durch den Eisernen Vorhang und ließ sich als »Maulwurf« in der Hafenstadt Hamburg nieder.
    Dass es Petrow überhaupt gab, wussten nur einige handverlesene Generale in der Ersten Hauptverwaltung. Statt die USA und ihre NATO-Verbündeten auszuspionieren, hatte er den Auftrag, Krieg gegen Dissidenten, Überläufer und andere Unruhestifter zu führen, die es wagten, die Autorität des Sowjetstaats infrage zu stellen. Mit einem halben Dutzend Reisepässen und unbeschränkten Geldmitteln ausgerüstet, spürte er eben jene auf und plante methodisch ihre Liquidierung. Er spezialisierte sich auf die Verwendung von Giften und Toxinen, die manchmal augenblicklich tödlich, manchmal erst nach Wochen wirksam waren. Als Chemiker konnte Petrow bei der Zusammensetzung seiner Gifte und ihrer Anwendung mitreden. Seine Lieblingswaffe war ein an der rechten Hand getragener Ring, mittels dessen dem Opfer eine kleine Dosis eines tödlichen Nervengifts injiziert wurde. Ein Händedruck, ein Schulterklopfen – mehr war nicht nötig, um den Betreffenden zu liquidieren.
    »Wie Sie sich denken können, litt Petrow unter dem Zerfall der Sowjetunion. Er hatte nie Gewissensbisse, Dissidenten und Überläufer zu erledigen. Er war ein Überzeugungstäter.«
    »Was ist aus seinen falschen KGB-Pässen geworden?«
    »Die hat er behalten. Sie waren nützlich, als er in den Westen kam.«
    »Und Sie sind mitgekommen?«
    »Im Grunde war ich sogar vor ihm da. Petrow ist einige Monate später nachgekommen, und wir haben unsere Partnerschaft fortgeführt. Das Geschäft hat floriert. Immer mehr Russen sind nach Westeuropa gekommen und haben ihre alten Gewohnheiten mitgebracht. Schon nach wenigen Monaten hatten wir mehr Klienten, als uns lieb war.«
    »Und einer davon war Iwan Charkow?«
    Der Russe zögerte, dann nickte er. »Charkow hatte Vertrauen zu Schirlow. Wie die beiden selbst waren auch schon ihre Väter beim KGB gewesen.«
    »Haben Sie direkt mit Charkow verhandelt?«
    »Niemals. Nur mit Arkadij Medwedew.«
    »Und nach Arkadijs Tod?«
    »Charkow hat einen anderen Mann als Ersatz geschickt. Einen gewissen Malenski.«
    »Wissen Sie noch, wann das war?«
    »Irgendwann im letzten Oktober.«
    »Nachdem Charkows Raketengeschäft geplatzt war?«
    »Ja, eindeutig danach.«
    »Sie haben sich in Genf getroffen?«
    »Er hatte Angst, dass ich in Genf überwacht werde. Daher hat er darauf bestanden, dass ich nach Wien komme.«
    »Er hatte einen Auftrag für Sie?«
    »Sogar zwei Aufträge. Große Aufträge.«
    »Der erste war Grigorij Bulganow?«
    »Richtig.«
    »Und der zweite war ich?«
    »Nicht Sie, Allon. Der zweite Job war Ihre Frau.«

48
H AUTE -S AVOIE , F RANKREICH
    Gabriel fühlte, wie ihn heißer Zorn durchflutete. Am liebsten hätte er seine Faust in das Gesicht des Russen getrieben. Er verspürte das Verlangen, so fest zuzuschlagen, dass der andere nie mehr aufstehen würde. Stattdessen blieb er jedoch mit der Glock in der Hand und zwei Toten hinter sich gelassen sitzen und forderte Tschernow auf, die Vorgeschichte zu Grigorijs Entführung zu erzählen.
    »Das war die größte Herausforderung seines Lebens – zumindest sah Petrow selbst das so. Charkow wollte Bulganow aus London entführen und nach Russland schaffen lassen. Und die Entführung sollte so aussehen, als sei Bulganow freiwillig heimgekehrt! Nur unter dieser Voraussetzung wollten Charkows Paten im Kreml dafür grünes Licht geben. Sie wollten keinen weiteren Streit mit den Engländern wie damals nach der Vergiftung Litwinenkos.«
    »Wie viel?«
    »Zwanzig Millionen Dollar plus Spesen, die sehr beträchtlich wären. In seiner Zeit beim KGB hatte Petrow Erfahrung mit solchen Aufträgen gesammelt. Er hat ein Team aus bewährten Agenten zusammengestellt und einen Plan ausgearbeitet. Entscheidend war, Bulganow dazu zu bringen, scheinbar freiwillig in den Wagen zu steigen. Gewaltanwendung kam nicht infrage, weil überall CCTV-Kameras standen, die Petrow praktisch über die Schulter sahen. Also hat er Bulganows geschiedene Frau mit einem Trick dazu gebracht, ihm zu helfen.«
    »Erzählen Sie mir von den Leuten, die für ihn gearbeitet haben.«
    »Sie waren früher alle beim KGB. Und sie sind wie Petrow alle sehr gut.«
    »Wer bezahlt sie?«
    »Petrow entlohnt sie von seinem Anteil. Wie man hört, ist er sehr großzügig. Er hat nie Schwierigkeiten mit seinen Angestellten.«
    Tschernow hatte die

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