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Der Opal

Der Opal

Titel: Der Opal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Hammerschmitt
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doch nicht immer danach.«
    »Tricks, Passage. Wir brauchen einen deiner Tricks.«
    »Gibt keine Tricks, Latil. Ich muss diesen Mist einfach runterrechnen, so schnell ich kann. Wenn Kea noch leben würde, wenn man den Schlüssel aus ihr herausquetschen könnte, wenn, wenn, wenn. Kea ist Matsch, ihre Überreste befinden sich auf der Thyrrenoi und sie fände das alles hier wahrscheinlich ohnehin so köstlich, dass sie nichts verraten würde. Ende, aus. Keine Tricks.«
    »Blödes Pack«, sagte Latil ohne besondere Überzeugung, es war wohl auch niemand Bestimmtes damit gemeint. Sie stand auf.
    Eytarri lag unter einem durchsichtigen Zelt in dem kleinen Krankenraum neben dem Operationssaal und wurde von vielen Maschinen am Leben erhalten. Sein Gesicht war sehr weiß. Das Kinn musste wie bei einem Toten mit einer Binde gehalten werden, damit sich der Mund nicht öffnete. Sie hatte sich ein paar Mal die Aufzeichnungen vom Ausbruch der Flotte auf Keik angesehen. Erst das kleine Loch in der geschlossenen Decke aus Fressern, durch das ein weiß glühender Funke aufstieg: die Passage im solaren Zustand. Und dann die Druckwelle, wie eine Riesenfaust, die den schwarzen Schild erst ruckartig hochhob und ihn dann mit einem Schlag in auseinander stiebende Krümel verwandelte. Danach hatte die gleiche Druckwelle noch ihr Herz herausgerissen, am Rande des Geschehens. Sehr beeindruckend. Sie hatte Haku schon gefragt, ob man den gleichen Trick bei der Opalmembran anwenden könne. Haku hatte ihr arrogant geantwortet, dass die Taanschiffe Luftatmer seien, und dass es deswegen gar keinen Sinn mache, den Opal zu verlassen. Außerdem sei die Opalmembran das dichteste künstliche Objekt überhaupt. Eine Druckwelle wie auf Keik wäre wahrscheinlich nicht einmal für eine Beule gut. War also schon durchgesprochen.
    »Du merkst es wenigstens nicht«, sagte Latil zu Eytarri, bevor sie ging.
     
    Tod. Ihr Lieblingsthema, wenn es um den Tod von anderen ging. Zu ihrem eigenen fiel ihr nicht viel ein. Sie betrachtete sich oft im Spiegel, während der letzten Stunden bis zur Membran. Sie fragte sich, nackt vor dem Spiegel in der Badekabine, ob die Passage englouti nicht noch anderes an ihr hätte verändern können, die Haarfarbe, die Narben an ihren Armen, Form und Größe ihrer Brüste. Sie rauchte bei dieser Überprüfung. Ihr letzter Tabak war in ihrer schwarzen Tasche vor sich hin vertrocknet, seit sie Pasiphae verlassen hatten, jetzt war Zeit zum Rauchen. Schön sein für den Tod, was für ein Unsinn, dachte sie, als sie sich mit der glühenden Zigarettenspitze eine neue Wunde beibrachte, gut sichtbar auf ihrem Unterarm. Es tat furchtbar weh, mehr als sie gewollt hatte, und die Brandwunde war größer, als sie beabsichtigt hatte. Aber der Schmerz hielt sie wenigstens lebendig. Als sie den Tabak zurück in ihre Tasche tat, senkte sie ihren Kopf in die Öffnung und ließ ihre Tränen auf die gebrauchten Kleider laufen, die sauer nach altem Schweiß rochen. Einerseits wäre sie gern völlig stumpf gewesen, aber da sie andererseits demnächst alles für immer verpassen würde, wollte sie ihren eigenen Tod nicht auch noch verpassen. Bei dem Gedanken, dass sie für Trottel wie die Taan und ihre sinnlosen Konflikte sterben würde, wurde sie so wütend, dass sie nach Haku suchen ging, um ihn zu schlagen. Sie fand ihn bei Eytarri, und als er bei ihrem Eintritt aufblickte, bemerkte sie, wie sehr er ihr gefiel: schwarzes, gelocktes Haar, schmales Gesicht, große, dunkle Augen. Das Bild des enterbten Prinzen.
    »Was machst du hier?«, fragte sie.
    »Und du?«, fragte er zurück.
    »Ich wollte dich schlagen, weil ich wegen Leuten wie dir sterben werde.«
    Haku blieb still.
    Sie war noch wütend genug, um hinzuzufügen: »Bei euch Ästheten hätte ich jetzt etwas mehr Stil erwartet. Einkehr, Meditation, unvergleichlich schöne Todesgesänge. Irgendetwas in der Art. Nichts davon auf Lager? Damit eine Barbarin wie ich sich ein bisschen amüsiert vor dem Abgang? Komm schon, König. Sing mir was.«
    »Er hat den Schlüssel.«
    »Was?«
    »Er hat den Schlüssel. Eine Idee von Kea. Ich habe ihr damals schon gesagt, dass ich ihn auch haben sollte, aber sie hat sich geweigert.«
    »Was heißt das, er hat den Schlüssel? Und wieso überhaupt damals? Wie lange habt ihr diesen Unfug eigentlich geplant?«
    »Posthypnotischer Befehl. Unter einer bestimmten, genau definierten Bedingung würde Eytarri den Schlüssel für die Tunnelsequenzen ausspucken, genauer gesagt

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