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Der Opal

Der Opal

Titel: Der Opal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Hammerschmitt
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uns durchgelassen.«
    »Nur uns?«
    »Die ganze Flotte.«
    Auf einigen Schirmen Szenen von unbeschreiblichem Jubel. Chaos. Am Boden Liegende wurden vor Freude zu Tode getrampelt von denen, die noch aufrecht stehen konnten. Verrückt gewordene glitten bei ihren Sprüngen in Blut aus, das ganze Korridore bedeckte. Andere wälzten sich lachend in heruntergerissenen Ausrüstungsgegenständen, Möbeltrümmern, Glas. Ungläubige Gesichter. Blutige Freude.
    »Wir sind durch?«, fragte Haku. Für einen König sah er nicht sehr tapfer aus. »Wir sind wirklich durch?« Er stand auf und sah sich die Szenen auf den anderen Schiffen an.
    Latil heftete ihren Blick fest auf den Schirm, der den freien Raum zeigte. Jeder Stern ein Diamant. Sie hatte nicht gewusst, dass sie diesen banalen Anblick so liebte.
    »Thyrrenoi!«, schrie Haku.
    »Sie antwortet nicht!«, schrie die Passage englouti zurück.
    Erst da ließ Latil Hakus Hand los.
    »Thyrrenoi«, schrie er noch einmal.
    Latil fragte sich, was er gerade jetzt von dem Tintenfisch wollte. Sie freute sich immer noch. Ihre Hand war feucht von ihrem und Hakus Schweiß.
    Mitten in diese gemischten Gefühle hinein sagte die Passage englouti: »Die meisten der Schiffe sind Luftatmer. Sie können im freien Raum vielleicht überleben, aber nicht sehr lange manövrieren. Wenn Eline diesen ganzen Budenzauber inszeniert hat, frage ich mich, was er damit bezwecken will.«
    Den gab es ja auch noch. Latil fühlte sich erst seit einer Minute wieder lebendig und hoffnungsfroh, und schon trieb die Realität wieder ihre Steuern ein. Eline. Ohne ihn je gesehen zu haben, begann Latil langsam eine tiefe persönliche Beziehung zu ihm aufzubauen, die vor allem dadurch geprägt war, dass die Nennung seines Namens immer mit schlechter Laune einherging. Das war unprofessionell, andererseits aber beinahe unvermeidlich, wenn man einem Langweiler von seinem Format gegenübertrat. Ein Langweiler mit zu viel Macht. Latil wusste, worauf alles hinauslaufen würde, spätestens, als sie sich von den Bildschirmen abwandte und Hakus Blick suchte. Sein Gesicht war so weiß, dass sie erschrak. Er starrte den Hauptschirm an wie jemand, der gerade seinem tiefsten persönlichen Schrecken in die Augen sieht.
    »Haku?«, fragte Latil, und sie war schon von seiner Angst angesteckt, noch bevor sie selbst die Ursache dafür erkannte. Der Hauptschirm zeigte gerade, wie die Sterne gefressen wurden, von einer so kompletten Schwärze, dass sie die Betrachter blendete. Ein geisterhafter Glanz lag über dieser Schwärze, aber das Gehirn wusste, dass dieser seidige Schimmer nur dem tiefen Bedürfnis der Augen entsprach, Licht selbst da wahrzunehmen, wo keines ist. Blendung durch Schwärze. Der langsam näher kommende kreisrunde schwarze Fleck fraß die Sterne auf, das weniger tiefe Schwarz zwischen ihnen, alles.
    »Was ist das, Haku?«
    Anstelle von Haku antwortete das Schiff. »Das ist etwas, was es eigentlich gar nicht geben darf. Wovon selbst die Taan untereinander nur sehr ungern sprechen, weil niemand etwas Genaues darüber weiß und weil gleichzeitig das Gefühl vorherrscht, dass man darüber eigentlich nicht sprechen sollte. Ein Mythos, ein Tabu. Taan, die von Altweltlern darauf angesprochen werden, lachen, aber das Lachen klingt unecht. Das ist der Witz am Opal, ungefähr so, wie dein Rückgrat der Witz an deinem Körper ist, wenn du verstehst, was ich meine. Es gibt nicht einmal einen richtigen Namen dafür. Aber als Mythos hat es den Namen ›Der Große Begleiter‹. Kindermund tut Wahrheit kund. Nicht wahr, Haku?«
    »Bemerkenswert richtig«, sagte Haku, der seine Sprache wieder gefunden hatte, obwohl sein Gesicht noch genauso weiß war wie vorher. »Und wir erschrecken damit unsere Kinder, wenn sie nicht gehorchen. So irreal ist es. Und richtig, jeder weiß genau, dass es etwas wie das da geben muss. Der Große Begleiter.«
    Latils Intuition schaltete sehr schnell. »Energie. Kontrolle. Was eure Planeten bewegt. Und wahrscheinlich eure Membran steuert. Das große Geheimnis. Eline.«
    »Ja«, sagte Haku einfach.

Leerer Mond
     
    Als die Flotte in die schwarze Struktur eingedrungen war, tasteten sich die Schiffe mit ihren Außenscheinwerfern durch die Dunkelheit wie Katzen mit ihren Schnurrbarthaaren. Manche der lichteren und zerbrechlicheren Schiffe leuchteten wie Fische in der Tiefsee, aber das fette Schwarz durchdrangen auch sie nicht. Die mächtige Flotte, nach einigen Ausfällen vielleicht noch zweihundert Schiffe,

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