Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Opal

Der Opal

Titel: Der Opal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Hammerschmitt
Vom Netzwerk:
drängte sich in der dunklen Höhle wie eine Herde Schafe. Die farbigen Lichtbündel konnten hier scheinbar nur begrenzt zur Kommunikation eingesetzt werden, weil das Licht so schnell verschluckt wurde. Die Luft summte vor gespannter Erwartung, auch in der Kommandozentrale der Passage englouti.
    »Also«, räusperte sich das Schiff. »Wir befinden uns in einer hohlen, kugelförmigen Struktur von etwa 6.000 Kilometern Durchmesser. Das Gas, mit dem die Struktur gefüllt ist, sollte für Menschen atembar sein, auch wenn es für meine Begriffe sehr alt und abgestanden schmeckt. Die Innenwände der Hohlkugel sind bemerkenswert glatt, das Material, aus dem sie bestehen, sieht wie ein künstlich verstärktes und versiegeltes Naturmineral aus. Das Gestein, wenn es denn Gestein ist, ist mit Versorgungsadern und Kommunikationseinrichtungen versetzt, die ich anderswo als archäologische Sensation begreifen würde. Hier sehe ich sie unter einem anderen Blickwinkel. Alles scheint zu funktionieren und ist mit bemerkenswerter Konsequenz zehnfach redundant ausgelegt. Die Leitungen sind abgeschirmt, was ich an beweglichen Teilen ausmachen kann, ist auf extreme Lebensdauer angelegt, und es gibt drei starke Fusionsreaktoren, die primitiv, aber sehr robust sind. Meine lieben Freunde, ich würde sagen, wir befinden uns in einer militärischen Anlage.«
    Auf einigen Bildschirmen wurde es hell. Der ausgestrahlte Raum war so groß, dass der Blick sich sofort darin verlor. Die vorherrschende Farbe war ein helles Beige. Keine Stützen, keine Querverstrebungen, keine Trennwände, nichts. Nur Raum. Die Flotte schwebte in einem ungeordneten Cluster über dem sepiafarbenen Abgrund, ohne Stütze, ohne Halt. Und weit, weit unten zwei schwarze Punkte, die sich bei starker Vergrößerung als unregelmäßig geformte, längliche Flecken präsentierten, und bei noch stärkerer Vergrößerung als zwei Taanschiffe.
    »Das gibt Ärger, Passage«, sagte Latil. »Die Echo lebt.«
    Die Passage englouti fuhr in ihrem Berichterstattertonfall fort. »Keik hatte einmal fünf Monde. Bena, Tressel, Simantin, Jacquard und Mari. Dann kamen die historischen Taan, die Gründerväter, und begannen die große Mauer zu konstruieren und ließen maßgeschneiderte Nanoreagenzien auf alles Gestein und Geröll los, das sie im Umkreis von fünf Lichtjahren finden konnten. Als der Druck im Inneren des noch fast luftleeren Opals gerade die Messgrenze überschritten hatte, verschwanden die Monde Keiks, einer nach dem anderen.«
    Das Schiff machte eine Kunstpause. Es schien Atem zu holen.
    »Wenn ihr mich fragt, befinden wir uns in einem dieser Monde. Dem Durchmesser nach ist es Tressel. Wir sind an einem beschissenen Ort, Latil. Und die Lizenzverträge der Echo sind im Moment mein kleinstes Problem.«
     
    »Wir dringen durch die Kiemen ein«, sagte Haku. »Die Kiemen sind ihre verletzlichsten und wichtigsten Organe. Wenn die ST nicht völlig verrückt geworden ist, wird sie uns dort nicht angreifen.«
    »Ja, wenn sie nicht völlig verrückt geworden ist. Aber nach all dem, was du erzählt hast, ist genau das der Fall. Oder irre ich mich?«
    Haku sah sie immer noch mit einer Mischung aus Widerwillen und Angst an, aber seine Stimme war sehr ruhig. »Latil, das führt zu nichts. Wir haben gar keine andere Wahl. Wir werden in die ST eindringen müssen, um uns mit Eline auseinander zu setzen. Ich versuche die besten Möglichkeiten dafür zu finden, dass wir nicht schon an der Außenwand scheitern.«
    Schön hast du das gesagt, dachte Latil. ›Auseinander setzen‹, das ist sehr vornehm. Wer setzt sich mit wem auseinander? Ich mit Eline. Wenn er da drin ist. Sie grinste Haku an, während sie das dachte. Sie wollte damit zum Ausdruck bringen: Für dich habe ich schon kein Schimpfwort mehr. Leider sah Domale Make sie auf die gleiche Art an, und sie konnte fühlen, wie ihr Lächeln gefror. Tendrak hingegen betrachtete seine Hände. Seine Haare waren sehr kurz, es schien, als habe er noch vor einigen Tagen eine Glatze gehabt. Unter dem linken Auge hatte er eine schlecht verheilte Wunde, die Latil angesichts der medizinischen Möglichkeiten der Taan und der Passage englouti seltsam altmodisch vorkam. Vielleicht ging es dabei auch um Angelegenheiten, die eine Barbarin wie sie nicht verstehen konnte. Vielleicht war die Wunde eine Auszeichnung – oder eine Strafe. Tendrak erschien ihr im Moment der Angenehmste von allen. Haku hatte sie kennen gelernt und Domale Make wollte sie erst gar nicht

Weitere Kostenlose Bücher