Der Orden
massiv und einschüchternd auf wie am Tag seiner Fertigstellung. Als sie daran vorbeifuhren, sah Regina, dass er auf einem gesunkenen Schiff stand, dessen Konturen im schlammigen, von Abfall verunreinigten Wasser undeutlich zu erkennen waren. Dieses große Schiff war angeblich gebaut worden, um einen Obelisken aus Ägypten herzubringen; dann hatte man es mit Gussgestein gefüllt und versenkt. Der riesige alte Leuchtturm ließ ihr Schiff winzig klein wirken. Aber die Besatzung schien ihn nicht weiter zu beachten, und Regina versuchte, den Kopf nicht zwischen die Schultern zu ziehen.
Im Innern des Hafens war das Wasser ein wenig ruhiger – aber dieser Hafen war so riesig, dass er selbst wie ein umschlossenes Meer wirkte. Schiffe jeder Größe durchschnitten das Wasser. Die meisten waren Frachtschiffe, die sich behäbig dahinwälzten, geschmückt mit dem dunklen Grün der kaiserlichen Marine: Getreidetransporter, von denen täglich dutzende aus Afrika eintrafen. Die Seemannskunst, die erforderlich war, um diese riesigen Schiffe auf so engem, überfülltem Raum zu manövrieren, beeindruckte Regina, und es gab eine Menge gespielter Rivalität zwischen den Besatzungen, die einander über die schmalen Wasserstreifen zwischen ihren Schiffen hinweg begrüßten.
Reginas Schiff passierte dieses Gedränge und hielt auf eine weitere von Mauern umgebene Einfahrt am anderen Ende des Hafens zu. Sie segelten hindurch, und Regina befand sich in einem weiteren, viel kleineren Hafen, einem von Land umschlossenen, achteckigen Innenbecken, an dessen Kais und Anlegestellen sich Schiffe schmiegten und ihre Fracht entluden. Dieser Hafen innerhalb eines Hafens war von den Kaisern angelegt worden, weil sie einen Hafen in der Nähe Roms haben wollten, der bei jedem Wetter große, seetüchtige Schiffe aufnehmen konnte. Ein Kanal verband ihn mit dem Tiber, auf dem kleinere Binnenschiffe Getreide und andere Güter nach Rom transportierten. Es war eine enorme technische Leistung. Dieser Innenhafen allein hätte ganz Verulamium oder Durnovaria schlucken können, und in dem Hafenkomplex wäre wahrscheinlich sogar Londinium versunken. Aber er war notwendig; der Getreidestrom in die Stadt durfte nicht versiegen, ganz gleich, wie das Wetter war.
Während das Schiff langsam auf eine Anlegestelle zuhielt, versuchte Regina, das Flattern in ihrem Magen zu ignorieren. Schon jetzt, lange bevor sie Rom selbst erreichten, fühlte sie sich von den schieren Größenordnungen überwältigt. Hier in dieser hellen, klaren italienischen Luft erschien ihr Britannien wie ein fernes, trübes, unterbevölkertes und unterentwickeltes Land, und alles, was sie kannte, alles, was sie aufgebaut hatte, kam ihr klein und schäbig vor.
Aber sie hatte keine Zeit, überwältigt zu sein. Sie besaß eine Tafel, auf die eine Adresse gekritzelt war, die sie unter den Händlern in Londinium ausfindig gemacht hatte: die Adresse von Amator, Carausias’ schurkischem Sohn. Bei dieser Adresse würde sie ihr römisches Abenteuer beginnen – und dort, dachte sie kalt, würde Amator beginnen, seine Schulden an sie zu bezahlen.
Sie richtete sich im Bug des Schiffes zu voller Größe auf. Wie Artorius gesagt hatte, diese gewaltige Stadt war einmal von den Celtae, ihrem Volk, erobert worden. Und in der Tat hatte sie nur Jahrzehnte zuvor ihre erste Plünderung durch barbarische Hände seit achthundert Jahren erlebt. Ich habe von Rom nichts zu befürchten, dachte sie. Soll Rom mich fürchten.
Sie legten problemlos an, und ihre wenigen Gepäckstücke wurden rasch entladen. Reginas erste Schritte waren unsicher. Nach so vielen Tagen auf See war es ein merkwürdiges Gefühl, auf einer Fläche zu gehen, die sich nicht unter ihr hob und senkte. An Land hinter den Kais wimmelte es von Lagerhäusern und Werkstätten. Mithilfe großer, von Sklavenmuskeln angetriebener Maschinen wurde das Getreide gelöscht und in riesige Speicher gefüllt. Hafenarbeiter, die wie fleißige Ameisen aufs Schiff und wieder zurück marschierten, trugen amphorae mit spanischem Öl, kampanischem Wein und vielen anderen Erzeugnissen. Das geschäftige Treiben, der Lärm und der allgemeine Eindruck emsiger Betriebsamkeit waren höchst beeindruckend.
Auf den Kais trieben sich jede Menge negotiatores herum. Regina brauchte nicht lange, um eine Kutsche zu ergattern, die sie nach Rom brachte.
Die Straße führte durch sumpfiges Ackerland, getüpfelt von Olivenhainen und den roten Ziegeldächern von Villen. Zahllose
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