Der Orden
stiegen eins nach dem anderen nervös in den Schacht. Viele von ihnen weinten, weil sie von ihren Müttern getrennt wurden. Regina sah Venus im Boden verschwinden, dann die kleine Aemilia in den Armen ihrer Mutter, Reginas Halbschwester Leda.
Sulla kam zu ihr. Tränen streiften sein breites, ein wenig aufgedunsenes Gesicht. Aber Amator war direkt hinter ihm. »Lass mich mitkommen, Regina«, bat Sulla. »Die Vandalen – jemand wie ich…« Es gab Gerüchte über den Umgang der Vandalen mit denjenigen, die sie als dekadent betrachteten, über hübsche Knaben, die gepfählt worden waren.
Amator zog ihn am Arm. »Nein. Komm mit mir, mein Geliebter, wir verschwinden von hier. Ich sorge dafür, dass dir nichts geschieht – du brauchst diese Hexe und ihren Erdbau nicht.«
Regina verspürte eine kalte Befriedigung. Sie hatte den Angriff der Barbaren an diesem Tag nicht geplant, aber indem sie dafür gesorgt hatte, dass Sulla und Amator in ihrer Nähe blieben, hatte sie diese Gelegenheit geschaffen. Jetzt entwickelte sich alles zu ihrer vollsten Zufriedenheit.
Sie trat dicht an Sulla heran und flüsterte: »Du kannst bei uns bleiben.« Du und Amators Erbschaft, dachte sie. »Aber vorher musst du dich befreien.« Sulla schaute verwirrt drein. Sie ließ ein Messer aus ihrem Ärmel gleiten – ein Messer, das sie in diesen schwierigen Zeiten stets bei sich trug – und drückte es ihm in die Hand. »Befreie dich.«
Seine Augen wurden groß. Er nickte und entfernte sich.
Castor trat auf Regina zu. »Ist Brica…?«
»Sie ist in Sicherheit.«
Er nickte. »Bald werde ich bei ihr sein.«
»Nein. Ich habe einen Auftrag für dich. Wenn die Letzten von uns hinuntergestiegen sind, schließt du die Klappe und deckst sie mit der Grassode zu. Verrücke die Möbel – einen Tisch, eine Bank – und verbirg den Eingang. Verstehst du? Ich weiß, das heißt, dass du von Brica getrennt sein wirst. Aber nur so kann sie in Sicherheit sein. Sie verlässt sich auf dich, Castor.«
Seine Augen wurden schmal, und sie fragte sich kurz, ob er durchschaut hatte, was sie im Schilde führte: dass sie ihn trotz der Hochzeit an diesem Morgen schon wieder von Brica trennte und ihre Tochter in den Schoß der Familie zurückholte. Aber er nickte und eilte davon, um zusammen mit den Älteren die Kinder zum Schacht zu führen.
Regina blieb an der Falltür stehen und half den Schülerinnen, in die Dunkelheit hinabzusteigen. Dann sah sie, wie Sulla Amator umarmte – und wie Amator in dem chaotischen Durcheinander im Garten unbemerkt zusammenbrach –, und während der Rauch der Feuer in der Luft immer dichter wurde, kletterte sie selbst ins Erdreich hinab.
Die Vandalen blieben zwei Wochen in der Stadt. Sie drangen in die Häuser der Reichen und die christlichen Kirchen ein und stahlen die vergoldeten Dachziegel vom alten Jupitertempel auf dem Kapitol. Und sie ermordeten, verstümmelten und vergewaltigten Römer und Römerinnen aus höheren und niedrigeren Ständen gleichermaßen.
Regina hatte sich auf eine Belagerung vorbereitet. Sie hatte die Hauptwasserleitung mit einem Bleirohr angezapft, und es gab versteckte Nahrungsvorräte – getrocknetes Obst, Fleisch, Nüsse. Selbst wenn die Falltür im peristylium entdeckt und aufgebrochen wurde, waren die Katakomben ein weitläufiger unterirdischer Irrgarten, und die Tunnel konnten an vielen Stellen verbarrikadiert und verteidigt werden. Ein Tunnel führte sogar in einen der großen Abwasserkanäle der Stadt, durch den sie einen Weg ans Tageslicht finden konnten. Es würde kein angenehmer Fußmarsch sein, aber so konnten sie sich in Sicherheit bringen.
Die Zeit, in der sie in diesen rußfleckigen Tunneln festsaßen, war für niemanden angenehm. Doch obwohl Reginas Schutzbefohlene über die Entbehrungen klagten, um ihre Angehörigen fürchteten oder sich in dieser Leichenkammer schlicht und einfach unwohl fühlten, so sahen sie doch ein, dass Regina sie in Sicherheit gebracht und vor den schwarz bemalten Ungeheuern versteckt hatte, die oben wüteten.
Brica sehnte sich nach Castor, aber das störte Regina nicht. In der Krise hatte Brica gezeigt, wem ihre wahre Loyalität gehörte – der Familie unter der Erde, nicht dem Jungen an der Oberfläche –, und Regina spürte, dass weder ihre Ehe noch Kinder daran etwas ändern würden. Brica hatte schließlich das gleiche Blut in den Adern wie Regina und Julia, und so war es keine Überraschung, dass sie letztendlich auch ähnliche Instinkte an den Tag
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