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Der Orden

Der Orden

Titel: Der Orden Kostenlos Bücher Online Lesen
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richtiges peristylium, denn er lag tief unter der Erde. Aus einer plötzlichen Laune heraus hatte Regina die getünchten Wände jedoch mit Ranken und Blumen bemalen lassen, und der kleine Raum war mit Marmorfliesen, Pergolen, Steinbänken und niedrigen Tischen ausgestattet worden, genau wie ein echter Garten. Es gab sogar eine Art Blumenbeet in einer Steinschale; doch das Einzige, was darin wuchs, waren hübsch arrangierte Pilze, grau, braun und schwarz, mit runden und faltigen Köpfen und Schirmen. Regina gefiel es hier. Der Raum erinnerte sie an das zerstörte Badehaus in Julias Villa, wo sie einst einen geheimen Garten voller Wildblumen entdeckt hatte. Es gab sogar ein kleines, ziemlich amateurhaftes Mosaikpflaster, in welches das Symbol eingearbeitet war, das einige der jüngeren Mitglieder des Ordens bevorzugten: zwei Fische, wie das alte christliche Symbol, aber einander zugewandt, Maul zu Maul, wie Schwestern, die sich in ein Geheimnis einweihten.
    Während die Ratsmitglieder weiterredeten, wischten zwei junge Mädchen die Wände ab, eine Arbeit, die regelmäßig in der ganzen Krypta vorgenommen werden musste, damit Wände, und Decken nicht von Ruß und Flechten geschwärzt wurden.
    Alle Sitzungsteilnehmerinnen trugen schlichte Tuniken und Kleider mit eingewebtem Purpurstreifen. Das Muster war immer dasselbe. Es gab hier keine Uniformen, keinen Status; dies war weder das Heer noch der Senat, und Regina war immer entschlossen gewesen, dafür zu sorgen, dass es so blieb. Sie hatte sich sogar Versuchen widersetzt, die religiösen Aspekte des Ordenslebens zu formalisieren. Hier würde es keine Hierarchie und keinen Klerus geben, keine pontifices, denn das war nur eine andere Art der Machtanhäufung in den Händen einiger weniger. Der Orden war wichtiger als jede Einzelperson.
    Selbst als Regina, wie sie sich tagtäglich ins Gedächtnis rief.
    Sie wandte ihre Aufmerksamkeit wieder der Sitzung zu, die inzwischen weitergegangen war.
    Leda las mit ihrer klaren Stimme von einer Tafel ab. »Der Verfasser dieses Schreibens heißt Ambrosius Aurelianus«, sagte sie. »Er behauptet, General im Stab des britannischen riothamus Artorius zu sein.« Sie sah Regina erwartungsvoll an.
    »Ich erinnere mich an ihn«, sagte Regina. Ambrosius, der intelligente Jüngling, wild, stark und gut aussehend, bereit, sein Leben für die Träume des riothamus zu geben – jetzt vermutlich ein Mann in den Vierzigern und dennoch offenbar willens, den alten Traum weiterzuverfolgen. Es überraschte sie ein wenig zu hören, dass Artorius noch lebte, noch auf auswärtigen Schlachtfeldern kämpfte.
    Im Rat war Schweigen eingekehrt. Die anderen sahen sie an.
    »Was? Was hast du gesagt?«
    »Dieser Aurelianus kommt nach Rom«, wiederholte Leda geduldig. »Er will dich treffen. Er hat diese Nachricht geschickt.«
    »Zweifellos will er Geld für weitere sinnlose Kriegsabenteuer«, knurrte Regina.
    »Es würde nichts schaden, wenn du dich mit ihm treffen würdest«, meinte Leda. »Wie du uns immer erklärst: Man weiß nie, was sich daraus ergeben könnte.«
    »Ja, ja. Geh mir nicht auf die Nerven, Leda. In Ordnung, ich treffe mich mit ihm. Nächster Punkt?«
    Als Nächstes stand Messalina vorsichtig auf. Die Tochter der schon vor langer Zeit verstorbenen Helena war ungefähr im selben Alter wie Regina, aber die Zeit war nicht freundlich zu ihr gewesen; sie wurde von Arthritis geplagt. »Ich habe beschlossen, aus dem Rat auszuscheiden«, erklärte sie und rechtfertigte sich dann eine Weile, führte ihre angeschlagene Gesundheit ins Feld und hob hervor, was für eine Ehre es war, dieses Amt innegehabt zu haben. »Ich schlage vor, dass Livia meinen Platz einnimmt.« Es war Brauch geworden, dass ausscheidende Ratsmitglieder ihre Nachfolgerinnen nominierten.
    Livia war ihre Schwester, eine weitere Cousine Reginas. »Livia ist fünf Jahre jünger als ich. Sie ist noch bei guter Gesundheit, und…«
    »Nein«, fiel ihr Regina kategorisch ins Wort.
    Die anderen sahen sie schockiert an. Messalina stand leicht gebückt da; ihre Fingerspitzen ruhten auf der marmornen Tischplatte, und sie betrachtete Regina wachsam.
    »Tut mir Leid, Messalina«, sagte Regina. »Livia ist eine gute Frau. Aber ich glaube, sie wäre eine schlechte Wahl.« Sie zeigte kühn auf Venus, die Tochter Messalinas, die hier war, um ihrer Mutter zu assistieren. Mit ihren dreißig Jahren war sie die jüngste Anwesende, abgesehen von Aemilia und Agrippina. »Venus hat schon oft einen Beitrag zur

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