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Der Orden

Der Orden

Titel: Der Orden Kostenlos Bücher Online Lesen
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sie schockiert an.
    Brica sagte: »Aber seit Venus – an meinem eigenen Hochzeitstag, wie du noch sehr gut weißt, Mutter – ist jedes Mädchen gefeiert worden.« Eine kurze Aufwallung von Zorn. »Was soll das heißen? Dass meine Tochter, dein eigenes Blut, nicht gut genug für solch eine Ehre ist?«
    »Nein, natürlich nicht.« Regina überlegte schnell, kam jedoch zu keinem Ergebnis. Es war eine weitere impulsive Entscheidung gewesen, deren Grundlage sie selbst noch nicht verstand. »Das habe ich nicht gemeint. Natürlich musst du die Zeremonie planen«, sagte sie, um sich Zeit zum Nachdenken zu verschaffen.
    Aber Regina und Brica waren altbewährte Kämpen, und die Schärfe im Ton war Brica nicht entgangen. Sie funkelte ihre Mutter an, aber deren Gesicht war eine hohläugige Maske der Müdigkeit; sie hatte eindeutig keine Lust auf einen Streit.
    Brica packte ihre Tochter am Arm. »Gut. Komm, Agrippina.« Und sie verließen das peristylium, ohne sich noch einmal umzuschauen.
     
    Für den Orden hatte sich die Lage seit jener schrecklichen Zeit, als die Vandalen Rom verwüstet hatten, erheblich verändert.
    Mit dem wachsenden Reichtum des Ordens war eine Menge Geld in das Anwesen an der Via Appia investiert worden, das heute hauptsächlich als Schule diente. Aber noch mehr Geld war in den Untergrund gewandert.
    Die Katakomben hatten sich so offenkundig als nützlich erwiesen, dass niemand Einwände gegen Reginas Vorschlag erhob, sie aus- und umzubauen. Der alte Friedhof direkt unter dem Haus war jedoch nahezu unverändert geblieben; für einen christlichen Orden wäre es respektlos gewesen, einen solchen Schrein anzutasten. Aber die Tunnel waren erheblich verlängert worden, und man hatte neue Räume und Gänge in das weiche Gestein gehauen.
    Nach fünfzehn Jahren stetigen Grabens breitete sich das tief im römischen Boden verborgene Labyrinth des Ordens nun über zwei Ebenen aus. Es beherbergte dreihundert Menschen, fast alles Frauen und Kinder. Es war komfortabel, sobald man sich an das trübe Licht und die engen Gänge gewöhnt hatte. Natürlich würde die Krypta immer auf die Welt an der Erdoberfläche angewiesen sein; sie musste Nahrungsmittel und Wasser einführen und Abwässer abführen, und sie benötigte Geld, Baustoffe und Arbeit: Der Komplex konnte sich niemals ganz von der Welt lösen wie ein Schiff, das in eine unterirdische See stach. Aber der Rat hatte alles in seiner Macht Stehende getan, um vielfältige Verbindungen und Beziehungen zu Lieferanten, Kunden und Verbündeten in der Außenwelt aufrechtzuerhalten und so mannigfaltige Quellen wie irgend möglich zu erschließen, sodass sie von keiner einzelnen Gruppe oder Person abhängig waren.
    Während die Krypta immer tiefer wurde, hatten sie Vorkommnisse wie Überflutungen und Einstürze mit roher Gewalt bekämpft: durch den Einsatz großer Mengen Ziegelsteine und römischen Gussgesteins. Die Probleme mit der Belüftung und der Heizung waren heimtückischer gewesen. Man hatte Luftschächte gegraben und sie oben so kunstvoll wie möglich kaschiert. Am Fuß einiger solcher Schächte waren Feuer entzündet worden, sodass die aufsteigende Luft frische Brisen in die Tunnels sog – ein Verfahren, das sie aus Bergwerken übernommen hatten, nebst einem guten Teil ihrer Baumeister, die Regina eingestellt hatte, damit sie den Ausbau der Krypta beaufsichtigten.
    Aber die Luftschächte allein reichten nicht. Es hatte fast eine Katastrophe gegeben, als eine Gruppe von fünf Schülerinnen bewusstlos aufgefunden worden war; die Luft in ihrem Raum hatte übel gerochen, und am Ende eines Korridors war eine stehende Pfütze gewesen. Zum Glück für alle Beteiligten war nur eine Schülerin gestorben, und ihre Eltern, eine stoische Ritterfamilie, hatten den Tod ihrer älteren Tochter bereitwillig als Preis für die Sicherheit ihrer beiden anderen Kinder akzeptiert, die ebenfalls beim Orden waren. Nach diesem Vorfall war ein ausgeklügeltes Luftüberwachungssystem entwickelt worden. In jedem Gang und jedem Raum brannten Kerzen, Schilfrohrstängel baumelten von den Wänden, um die Luftströme anzuzeigen, und Vögel in Käfigen sangen in den meisten großen Räumen und Korridoren.
    Und man hatte festgestellt, dass die einfachste Methode der Umweltregulierung darin bestand, Ordensmitglieder umzuquartieren.
    Ein Mensch blockierte den Luftstrom, verbrauchte seine lebenswichtigen Inhaltsstoffe und pumpte zudem noch eine Menge Wärme hinein. Man konnte den Zustrom von Luft in

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