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Der Orden

Der Orden

Titel: Der Orden Kostenlos Bücher Online Lesen
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Venedig kaufen, es trockenlegen und dann landwirtschaftlich nutzen, bis er es angesichts der zu erwartenden Ausdehnung der Stadt irgendwann verkaufen konnte. Francesca hielt diesen Plan für vernünftig. Bei geringen Anschaffungskosten konnte er seinen Besitz binnen weniger Jahre vervielfachen und sich dadurch in seiner Familie einen Namen machen.
    Francesca war bereit, ihm das dazu erforderliche Darlehen zu gewähren. Aber sie hatte eine Gegenleistung verlangt. Nun skizzierte sie ihre neuesten Pläne: Sie brauchte Soldaten.
    Im Lauf seiner unablässigen Ausbreitung tief unter der alten Via Appia war der Orden in eine andere unterirdische Anlage durchgebrochen, in der eine Gemeinschaft arischer Christen mit ganz ähnlicher Lebensweise wie der Orden hauste – geleitet von einer kleinen Gruppe von Frauen mit umfangreichen Familien, bedient von einem Netzwerk kinderloser Nichten und Töchter. Wie es schien, hatte ähnlicher Druck im Umfeld des römischen Zusammenbruchs zu ähnlichen Lösungen geführt. Es sagte einiges über die Geheimhaltung der Krypta und ihres dunklen Zwillings aus, dass die beiden Gemeinschaften so lange nichts voneinander gemerkt hatten.
    Aber sie konnten natürlich nicht koexistieren. Francesca hatte das sofort erkannt, hatte es tief im Innern gespürt. Die andere »Krypta« musste zerschlagen und assimiliert werden.
    Wenn man auf ein Problem stieß, so hatte man es selbst zu lösen: Das war ein zentrales Prinzip des Ordens. Also hatte Francesca eine schnelle Entscheidung getroffen. Leo würde Soldaten besorgen, welche die parallele Krypta räumten; der Orden würde durchbrechen und die verlassenen Kammern in Besitz nehmen. Dadurch würde die effektive Größe der Krypta auf einen Schlag um mehr als die Hälfte wachsen, und der Orden würde viele Bedienstete hinzugewinnen.
    Wenn Francesca mit ihrem Plan Erfolg hatte, würde sie gewaltiges Prestige im Orden gewinnen – und nah an die matres herankommen, wie sie hoffte. Vor einem Jahr war ihr klar geworden, dass Livilla, die älteste der matres, bald sterben würde. Und nur ein paar Monate später – Francesca war dreiundzwanzig Jahre alt – hatte ihr eigenes Blut zu fließen begonnen. Dann war ihr aufgegangen, dass es ihr mit Geschick, Gerissenheit und Glück gelingen könnte, Livillas Platz einzunehmen.
    Wenn sie das nächste Mal einen Junggesellen aus der Stadt holten, würde es ihr Körper sein, der ihn verzauberte, und ihre Lenden würden sein Kind tragen. Bei dieser Aussicht verspürte sie eine dumpfe Sehnsucht im Bauch und einen Schmerz in den Brüsten.
    Und umgekehrt, wenn Leos Venedig-Abenteuer Erfolg hatte, würde er in seiner Familie großen Einfluss gewinnen. Im Grunde war es in beiden Fällen das Gleiche, dachte sie. Die Verfolgung individueller Bestrebungen in Übereinstimmung mit den Zielen der Gruppe: So war das nun einmal. Als sie ihm ins Gesicht schaute, sah sie, dass Leo das verstand.
    Leo war sich jedoch noch nicht sicher. Er rieb sich die Nase. »Ich bin kein Soldat, Francesca. Ich habe keine Ahnung, ob dieser Plan – Söldner in die Katakomben zu schicken wie Feldmäuse in einen Abwasserkanal – funktionieren wird.«
    Sie lächelte. »Dann nehmt Euch einen General, der es weiß.«
    Er lachte. »Ich glaube nicht, dass wir einen General brauchen. Aber wie es der Zufall will, kenne ich jemanden, der uns vielleicht helfen kann.«
    »Dann bringt ihn zu mir.«
    Sie brachten ihr Geschäft zum Abschluss. Als sie sich trennten, tat er spielerisch so, als wollte er ihr trotz der dicken Cremeschicht einen Kuss auf die Wange geben, aber sie ließ es nicht zu.

 
41
     
     
    Ein paar Tage nach meinem ersten Abstieg in die Krypta tauchte Peter in meinem Hotel auf. Er stand in der Lobby, so groß wie Fred Feuerstein, zerknittert, leicht nach Schweiß riechend, aber unbekümmert. Er hatte merkwürdig wenig Gepäck dabei, nicht mehr als eine kleine Reisetasche, und er war blank.
    Das Erste, was er sagte, war: »Hast du deinen Dufflecoat dabei?«
    »Was?… Nein, ich habe meinen Dufflecoat nicht dabei. Was hat das denn mit alldem zu tun?«
    Er grinste. »Zu Zeiten der Römer haben die Britannier Dufflecoats exportiert. Ein Duffle war eine Zeit lang ein Modeartikel. Man nannte ihn byrrus Britannicus. Jetzt hättest du wenigstens einmal in deinem Leben richtig schick sein können, George.«
    »Vergiss die Dufflecoats, Peter. Was, zum Teufel, machst du hier?«
    »Probleme mit dem Cashflow«, sagte er.
    »Wovon redest du? Du besitzt ein Haus,

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