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Der Orden

Der Orden

Titel: Der Orden Kostenlos Bücher Online Lesen
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um das Zwei- bis Dreifache überragte und sich von ihr wegkrümmte.
    Sie zeigte hin. »Da ist eine Stadt! Ist das Durnovaria?«
    Aetius schnaubte. »Wir sind schon ein bisschen weiter gefahren. Hast du die Wegsteine nicht gezählt? Wir haben dreiundzwanzig passiert – kein schlechtes Tempo nach dem verspäteten Aufbruch. Das da ist Calleva Atrebatum.«
    »Bleiben wir nicht dort…? Was ist das hier? Eine Villa?«
    Es war keine Villa, sondern eines der mansiones, eine Raststation für die Boten der kaiserlichen Post. Hier würden sie die Nacht verbringen, erklärte Aetius, denn hier seien sie einigermaßen sicher, und er würde »eher bis zum Hades schwimmen, als weiteren betrügerischen Grundbesitzern in anderen Städten noch einmal ›Torsteuern‹ zu entrichten«.
    Die Herberge erwies sich als recht komfortabel. Sie verfügte sogar über ein kleines Badehaus, in das Aetius sich mit einem Krug Wein und einem Teller Austern zurückzog, erstanden zu einem Preis, der ihn laut aufstöhnen ließ.
    Nachdem Regina fast den ganzen Tag auf einem Holzbrett gehockt hatte, war sie nun zu aufgedreht, um zu schlafen. Darum spielte sie nach dem Essen – trotz der späten Stunde – mit Macco und Carta trigon, ein kompliziertes Ballspiel für drei Personen. Regina lief lachend umher und verbrauchte ihre Energie, und ihre Stimme hallte von den verputzten Wänden der Herberge wider. Macco war so schweigsam wie immer, lächelte aber breit.
    Am nächsten Morgen war Aetius kurz nach Tagesanbruch schon wieder auf den Beinen und abfahrbereit. Es dauerte nicht lange, die Kutsche zu beladen, und bald waren die vier wieder unterwegs – aber erst, nachdem Aetius auf der Suche nach Omen für ihre Reise die Gerüche in der Luft eingesogen und die Wolken, Bäume und Vögel einer genauen Betrachtung unterzogen hatte.
    Sie fuhren weiterhin stetig nach Osten. Die Straße führte gleichförmig geradeaus, die Wegmarken glitten eine nach der anderen an ihnen vorbei. Die Landschaft änderte sich jedoch allmählich; sie wurde hügeliger, und einige der umgepflügten Felder waren mit leuchtend weißem Kalk gedüngt.
    Dennoch wirkten manche der Villen verlassen; einige schienen sogar niedergebrannt zu sein. Auf einem Gehöft unweit der Straße sah Regina einen Weinberg, Reihen von Weinreben an einem Südhang. Doch obwohl die Reben grün und schwer waren, sahen sie ungepflegt aus, und die Gebäude in der Nähe waren eingestürzt. Aetius äußerte sich nicht zu dem verlassenen Weinberg, und Regina dachte sich nichts weiter dabei. Sie wollte nachschauen, ob es dort Trauben gab, aber Aetius ging nicht auf ihre Bitte ein.
    Die folgende Nacht verbrachten sie in einer weiteren Raststation.
    Und als sie am nächsten Morgen kurz nach dem Aufbruch einen Hügelkamm überquerten, erblickte Regina Londinium selbst. Die Stadt war ein wundersames, graugrünes Häusermeer hinter einer weit gespannten Mauer. Ein glänzender Fluss strömte hindurch. Überall stieg Rauch empor, dünne Fäden, die sich spiralförmig gen Himmel wanden. Regina glaubte, ein Schiff auf dem Fluss zu sehen, ein Boot mit grünen Segeln, das in der tief stehenden Morgensonne funkelte, aber sie war sich nicht sicher.
    »Gehen wir auf ein Schiff?«
    »Nein – das habe ich dir doch schon gesagt, mein Kind. Wir machen in Londinium nicht Halt. Wir fahren weiter. Hörst du denn nicht zu?« Aetius schien zornig zu werden, aber Carta legte Regina eine Hand auf die Schulter, und er beruhigte sich wieder.
    Sie kehrten Londinium den Rücken und fuhren nach Norden. Regina schaute sich zu der in der Ferne verschwindenden Stadt um. »Eines Tages gehe ich dorthin«, erklärte sie. »Und noch viel weiter! Bis nach Rom!«
    Aetius schnitt eine Grimasse und drückte sie mit seinem kräftigen Arm an sich.
    Nach der Stadt wurde dieser dritte Tag der bisher schwierigste für Regina. Der Himmel überzog sich mit grauen Wolken, und obwohl die Sonne verschwunden war, stieg die Temperatur stetig an. Bald schwitzten sie alle heftig, und sie mussten häufig anhalten, um die Pferde zu tränken.
    Aetius, der offenbar die Abwesenheit von Reginas Hauslehrern wettzumachen versuchte, wählte diesen schwierigen Tag, um ihr einen Vortrag über die Grundzüge des römischen Britannien zu halten.
    Britannien war eine Diözese innerhalb der Prätorianerpräfektur Gallien. Der vicarius, der Statthalter des Kaisers in Britannien, war also dem Präfekten Galliens untergeordnet, der seinerseits dem Kaiser unterstellt war. Eine ganz

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