Der Orden
Aetius, damit sie während der Fahrt alles sehen konnte. Cartumandua würde hinten sitzen, bei Macco, dem stämmigen Sklaven, und den festgezurrten Kisten.
Regina sah, dass Macco sich unter seiner Tunika ein Messer an die Taille schnallte. »Leg das sofort weg, Macco«, fuhr sie ihn an. »Niemand darf Waffen tragen, außer den Soldaten. Das sagt der Kaiser.«
Macco hatte einen schweren, rasierten Schädel und breite Schultern, die seine weite Tunika nicht verbergen konnte. Er war ein wortkarger, düsterer Mann – Julia hatte ihn immer als »Dummkopf« bezeichnet und ignoriert –, und jetzt blickte er zu Aetius auf.
»Was ist? Er trägt eine Waffe? Ganz recht, Regina. Aber ich bin Truppenführer im Heer, und wenn ich sage, es ist in Ordnung, dass Macco ein Messer hat, dann wird der Kaiser nichts dagegen haben.«
Regina verzog das Gesicht. »Aber er ist ein Sklave.«
»Er ist ein Sklave, der sein Leben für deines geben würde. Deshalb habe ich ihn als unseren Begleiter ausgewählt. Und jetzt hör auf mit deinem Geplapper.«
Sie zuckte zusammen, hielt jedoch den Mund.
So brach die kleine Gruppe schließlich in unbehaglichem Schweigen auf. Aetius saß neben Regina, eine mächtige Säule aus Muskeln, das Gesicht so starr wie die Maske eines Schauspielers. In der Hoffnung, ihre Mutter zu sehen, schaute Regina einmal zurück, aber niemand kam, um ihnen nachzuwinken.
Diese kleine Enttäuschung verflog bald, und sie schmollte auch nicht mehr lange darüber, dass sie vor Macco heruntergeputzt worden war, denn die Fahrt machte Spaß – zumindest zu Anfang. Es war wieder ein schöner Tag. Der Himmel war wolkenlos, eine hellblaue Kuppel, und die Pferde trabten gemütlich dahin, schnaubten und neigten die Köpfe; ihr moschusartiger Schweißgeruch wehte nach hinten zu Regina.
Bald erreichten sie die breite Hauptstraße und fuhren nach Osten. Die Straße schnitt pfeilgerade durch die grüne Landschaft. Sie war von und für marschierende Soldaten angelegt worden und daher uneben, und es war eine holprige Fahrt. Aber das machte Regina nichts aus; sie war zu aufgeregt. Sie hüpfte auf ihrem Sitz herum, bis Aetius, die Pferdepeitsche in der Hand, ihr befahl, damit aufzuhören.
Aetius erklärte, sie würden bis Londinium nach Osten fahren und sich dann nordwärts halten.
»Wann werden wir Londinium sehen?«
»Erst in ein paar Tagen. Es ist ein langer Weg.«
Sie machte große Augen. »Fahren wir die Nacht durch? Schlafen wir im Wagen?«
»Sei nicht albern. Wir werden unterwegs irgendwo übernachten.«
»Aber wo…«
»Lass mich mit deinem Geplapper in Frieden.«
Es herrschte spärlicher Verkehr. Sie begegneten sehr wenigen von Pferden, Eseln oder Ochsen gezogenen Kutschen und ein paar Reitern; die meisten Menschen auf der Straße waren Fußgänger. Viele von ihnen trugen schwere, in Kisten oder Tuch verpackte Lasten auf dem Kopf oder den Schultern. Aetius zeigte auf einen Reiter in grüner Uniform, dessen Pferd in lebhaftem Tempo dahintrabte und die Kutsche rasch überholte. Er sagte, der Mann sei von der kaiserlichen Post, der cursus publicus. An der Straße gab es viele kleine Stationen mit Ställen und Wassertrögen, wo ein Postreiter sein Pferd wechseln konnte.
Manchmal musterten die Fußgänger auf der Straße die Kutsche mit einer Intensität, die Regina Angst machte. In diesen Situationen war Macco stets auf der Hut; er erwiderte die Blicke mit seiner ausdruckslosen, harten Miene, und an seiner Taille war das Heft der Waffe zu erkennen. Regina schaute in die Gesichter der Leute und hoffte, ihre Mutter zu sehen.
Sie kamen an einem Mädchen vorbei, das nicht viel älter sein konnte als Regina. Sie war mit einer Gruppe von Erwachsenen unterwegs und ging gebeugt unter einem großen, auf ihren Rücken gebundenen Bündel. Ihre dünnen, schmutzigen Beine ragten wie Stecken aus den schwer aussehenden schwarzen Lederschuhen an ihren Füßen.
»Weshalb hat sie keine Kutsche?«, fragte Regina. »Sie könnte ihre Sachen hinten hineinlegen. Ich würde mein Gepäck jedenfalls nicht so auf der Straße schleppen wollen.«
Aetius schnitt eine Grimasse. »Ich bezweifle, dass irgendjemand außer Herkules dein Gepäck tragen könnte, mein Kind. Aber ich fürchte, sie hat keine andere Wahl.«
»Weil sie arm ist?«
»Oder eine Sklavin. Kutschen und Pferde sind schneller, aber nicht jeder kann sich ein Pferd leisten.«
Sie runzelte die Stirn. »Sind Sklaven billiger als Pferde?«
»Ja. Sklaven sind billiger als Pferde. Schau
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