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Der Orden

Der Orden

Titel: Der Orden Kostenlos Bücher Online Lesen
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»Aber ja, ich war mein ganzes Erwachsenenleben hindurch Soldat. Ebenso wie mein Vater und dessen Vater vor ihm. Allerdings haben sich die Dinge geändert. Barbaren hat es schon immer gegeben…«
    »Im Norden und überm Meer.«
    »Ja. Sie sind keine Soldaten, sondern wilde Narren, an das Land gebundene Bauern. Nicht mal einen richtigen Feldzug konnten sie auf die Beine stellen. Sie waren kein Gegner für das Imperium – jedenfalls nicht bis zur barbarica conspiratio.«
    Sie hatte vor über vierzig Jahren stattgefunden, eine große Verschwörung der Barbaren, ein koordinierter Angriff der Pikten aus dem Norden jenseits des Walls, der Franken und Sachsen von der anderen Seite des Nordmeers und der irischen Scoten auf Britannien. Verteidigungsanlagen, die so konzipiert waren, dass sie einem Angriff jedes Einzelnen dieser Feinde standhalten sollten, waren einfach überrannt worden. Es hatte viele Gerüchte über Spionage gegeben, denn die Befehlshaber des britannischen Heeres an der Nordgrenze und an den Küsten waren überfallen und getötet worden.
    »Es war eine schreckliche Zeit«, sagte Aetius leise. »Ich war noch keine fünfzehn Jahre alt – nicht älter als du jetzt, Cartumandua. Auf dem Land hat es eine Weile von umherstreifenden Barbarenhorden gewimmelt – und, wie ich zugeben muss, auch von Deserteuren. Selbst Londinium ist geplündert worden. Der Kaiser hat zwei Jahre gebraucht, um die Ordnung wiederherzustellen. Meiner Ansicht nach versuchen wir immer noch, uns von diesem Schock zu erholen.«
    Carta meldete sich erneut zu Wort. »Herr, sie ist noch ein Kind.«
    »Sie muss es trotzdem hören, Cartumandua, und zwar immer wieder, bis sie es verstanden hat«, sagte Aetius grimmig. »Die Sache ist nämlich die: Vor sechs Jahren war ich am Rhein, dem großen Grenzfluss Galliens. Mitten im Winter ist er zugefroren, und die Vandalen, Alanen, Sueben und Jove weiß wer noch sind nach Gallien vorgedrungen. Sie haben einfach in aller Ruhe zu Fuß den verdammten Fluss überquert. Wir konnten sie nicht aufhalten – wir wurden immer weiter zurückgedrängt. Und sie sind jetzt immer noch dort und schleichen weit hinter der Grenze in der Präfektur herum. Ich war froh, als ich nach Britannien abkommandiert wurde, weg von alledem, das kann ich euch sagen… Dieses arme Kind wird vermutlich einen großen Teil seines Lebens damit verbringen, sich einen sicheren Ort zu suchen.«
    Regina rümpfte die Nase. »Dieses arme Kind versteht jedes Wort, das du sagst, weißt du.«
    Aetius sah sie erstaunt an. Dann lachte er. »Also muss ich mich jetzt nicht nur mit den Vandalen, den Pikten und Sachsen herumschlagen, sondern auch noch mit dir.«
    »Schaut.« Hinter Regina stand Cartumandua auf und zeigte auf etwas. »Ich sehe ihn.«
    Aetius zügelte die Pferde. Regina stellte sich auf ihren Sitz, beschirmte die Augen mit den Händen und hielt angestrengt Ausschau, bis sie ihn ebenfalls sah.
    Eine dunkle Linie zog sich quer durch die Welt, von einem Horizont zum anderen, hob und senkte sich mit den Konturen der Moorlandschaft. Überall an dieser Linie stieg Rauch auf und drängten sich schlammfarbene Gebäude zusammen. Auf einmal wusste sie genau, wo sie sich befand und wie weit man mit ihr gefahren war: von einem Ende des Landes zum anderen.
    »Das ist der Wall«, jammerte sie. »Was wollen wir hier? Fahren wir nicht zu einer Villa oder in eine Stadt?«
    »Nein«, sagte Aetius grimmig. »Hier werden wir von nun an leben, hier am Wall. Es wird schon nicht so schlimm werden…«
    »Das ist ein Ort für schmutzige, stinkende Soldaten, aber nicht für mich!«
    »Du wirst einfach das Beste daraus machen müssen«, knurrte er warnend.
    Carta drückte sie an sich. »Mach dir keine Sorgen, Regina. Es wird uns hier gut gehen, du wirst schon sehen.«
    Regina rümpfte die Nase. »Wir bleiben doch nicht für immer hier, oder?«
    Carta sah Aetius an. »Also, ich…«
    Regina fragte: »Nur so lange, bis sich alles wieder beruhigt hat?«
    Aetius wandte den Blick ab.
    Carta sagte: »Ja. Bis sich alles wieder beruhigt hat.«
    Reginas Miene heiterte sich ein wenig auf. »Wo ist meine Mutter?« Keiner der Erwachsenen antwortete ihr. »Meine Mutter ist nicht hier, oder?«
    Aetius seufzte. »Nun ja, Regina…«
    »Du hast es mir versprochen.«
    Er öffnete den Mund und schloss ihn wieder. »Also, das ist nun wirklich ungerecht. Ich habe nichts dergleichen versprochen.«
    »Lügner. Lügner.«
    Carta versuchte, sie zu beschwichtigen. »Ach,

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