Der Orden
hatten…«
»Gefunden zu haben glaubten.«
»Und Clinton hat seinen Hosenstall lange genug zugemacht, um zu verkünden, dass die NASA Leben auf dem Mars entdeckt habe. Auf einmal war es überall. Die Story wurde selbst zur Story.« Das liege im Wesen der heutigen weltumspannenden Medien, erklärte er mir. »Die Zeiten, in denen die Nachrichten von ein paar Sendern, den großen Networks, kontrolliert wurden, sind längst vorbei. Jetzt gibt es CNN, Sky und Nachrichtenseiten im Internet: tausende von Nachrichtenquellen auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene. Und sie behalten sich alle im Auge. Irgendwo erwacht eine Story zum Leben. Die anderen Sender verfolgen die Story und die Reaktionen und greifen sie auf…« Er war überaus vertraut mit diesen Dingen und redete häufig zu schnell; manchmal verfiel er in den Jargon der Spezialisten und gebrauchte Worte wie »Mediensphäre«. Er zeigte mir einen Zeitungsausschnitt aus dem Guardian, einen Kommentar, der die Seifenblase der Kuiper-Hysterie beklagte. »Es gibt sogar Nachrichten über Nachrichten, die selbst zum Teil der Story werden. Für gewöhnlich endet es dann mit einem Anfall von Selbsthass. ›Was diese Hysterie über unsere Gesellschaft aussagt.‹ Wirklich krankhaft. Aber es zeigt, in was für einer Welt wir heute leben. Wir sind alle eng miteinander verbunden, ob es uns gefällt oder nicht, und solche Rückkopplungsschleifen gibt es immer wieder.«
Eng miteinander verbunden. Aus irgendeinem Grund gefiel mir diese Formulierung. »Aber für dich war das Tamtam um Kuiper gut«, sagte ich.
»O ja«, sagte er. »Für mich war’s gut.«
Wir schenkten uns beide noch einmal Kaffee nach, dann führte Peter mich in sein Wohnzimmer. Vor einem großen, doppelt verglasten Panoramafenster lag ein leuchtend grüner Garten im weichen Licht des Herbstmorgens. Das Zimmer diente offenbar als Büro. Außer einem Hifi-Rack und einem Breitbild-Fernseher mit diversen Recordern und Set-Top-Boxen stand ein großer Tisch darin, der vollständig von Computertechnik eingenommen wurde: einem großen, allem Anschein nach leistungsstarken Desktop, einem Laptop, diversen Handhelds, einem Scanner, einem Joystick und anderen Gerätschaften, die ich nicht kannte. Der Desktop war eingeschaltet. Auf dem Schreibtisch und dem Fußboden stapelten sich Bücher und Printouts.
Es sah alles so aus wie bei einem zu Hause arbeitenden Freiberufler. Was fehlte, war Stilbewusstsein, und es herrschte ein gewisser Mangel an Zierrat und Dekoration – nirgends auch nur ein einziges Foto, zum Beispiel –, ein Mangel an Persönlichkeit.
Die einzige Ausnahme stellte der kleine Alkoven über dem Kamin dar. Bei uns zu Hause hatten meine Eltern darin alberne Souvenirs aufbewahrt – winzige Holzclogs aus Amsterdam, einen kleinen Eiffelturm, anderen Familiennippes. Peter hatte darin eine Reihe gusseiserner Spielzeugmodelle aufgestellt. Fasziniert fragte ich: »Darf ich?« Peter zuckte die Achseln. Ich nahm ein klobiges grünes Flugzeug heraus. Es war eine Thunderbird Two, schwer und metallisch-kalt. Ich drehte sie um und suchte nach den Herstellerangaben. Etwas klapperte in der Triebwerksgondel. An den Tragflächenkanten und an der Unterseite war der Lack abgeblättert und abgeschabt.
»Das ist ein echtes Dinky von 1967«, sagte Peter.
Ich barg es in meiner hohlen Hand wie ein Vogelküken. »Ich hatte nie so eins. Meine Eltern haben mir als Ersatz ein Plastikmodell zum Zusammenstecken besorgt.«
»Ohne abnehmbare Triebwerksgondel? Ich fühle mit dir.«
»Sie kannten sich halt nicht damit aus. Das hier muss einiges wert sein.«
Er nahm es an sich und stellte es wieder an seinen Platz. »Nein. Nicht ohne die Originalschachtel, und es ist nicht gerade in fabrikneuem Zustand.«
»Aber dafür heiß geliebt.«
»O ja.«
Ich ging zu dem großen, mit Geräten voll gestellten Tisch hinüber. Der Geruch eines Möbelpflegemittels stieg mir in die Nase, und mir fiel auf, dass das Thunderbird-Modell staubfrei gewesen war. Der Bildschirm des PC zeigte so etwas wie den Prototyp einer Website. Sie war komplex, überladen und teilweise animiert, mit rasch wechselnden Notenzeilen und einer Art binärem Code, den ich nicht kannte. Peter stand linkisch neben dem Tisch, die großen Hände um seine Kaffeetasse gelegt.
»Ist das deine Arbeit? – Peter, ich geb’s ja nur ungern zu, aber ich habe nicht die leiseste Ahnung, was du jetzt so machst, nachdem du aus dem Polizeidienst ausgeschieden bist.«
Er zuckte
Weitere Kostenlose Bücher