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Der Orden

Der Orden

Titel: Der Orden Kostenlos Bücher Online Lesen
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Regina…«
    »Sie will mich nicht bei sich haben. Sie hat mich weggeschickt.«
    »Aber nein«, sagte Aetius. »Sie liebt dich – sie wird dich immer lieben. Schau – sie hat mich gebeten, dir das hier zu geben.« Aus einer Falte seiner Tunika holte er die kostbare silberne Drachenbrosche hervor.
    Regina schlug sie ihm aus der Hand; sie fiel in das grobe Gras, wo sie schimmernd liegen blieb. Regina drehte sich zu Cartumandua um. »Und wage es ja nicht, sie aufzuheben, Carta! Ich will sie nie wiedersehen.«
    Ihr herrischer Ton ließ Cartumandua zurückzucken.
    Und dann kamen die Tränen, eine jähe Flut, so plötzlich wie ein Regenschauer. Aetius schloss sie in die Arme, und sie spürte Cartas kleine Hand auf ihrer Schulter. Sie weinte um ihre Mutter und um sich selbst, während die Kutsche holpernd die letzten paar Schritte zum Wall fuhr.

 
6
     
     
    Ich befolgte Vivians Rat und machte mich auf die Suche nach meiner Schwester.
    Ich beantragte längst überfälligen Urlaub. Weder mein direkter Vorgesetzter noch die Nazi-Roboter in der Personalabteilung machten irgendwelche Schwierigkeiten. Aber ich sah ihre ausweichenden Blicke, als ich die Formulare abgab und meine vagen Pläne erläuterte. Meine Tage bei Hyf waren gezählt. Zur Hölle damit.
    Ich fuhr nach Norden. Das Autoradio war auf den Nachrichtenkanal eingestellt und lief die ganze Zeit. Hauptthema des Tages – neben Sport und den nutzlosen Verkehrsmeldungen – war zweifellos die Kuiper-Anomalie. Vollauf von meinen eigenen Angelegenheiten in Anspruch genommen, hatte ich gar nicht bemerkt, mit welcher Geschwindigkeit sich diese Geschichte weiter im öffentlichen Bewusstsein ausgebreitet hatte.
    Gegen zehn Uhr abends war ich in Manchester. Ich fuhr zu dem Hotel im Stadtzentrum, in dem ich schon beim letzten Mal abgestiegen war. Ich parkte sogar den Wagen. Aber ich stieg nicht aus. Mir fiel wieder ein, was Vivian gesagt hatte: Du musst die abgerissenen Verbindungen wieder herstellen. Hier war ich am falschen Platz.
    Ich wendete und fuhr zum Stadtrand hinaus. Die Hotelreservierung sagte ich per Handy ab.
    Vor dem Haus meines Vaters hing die Tafel eines Immobilienmaklers. Es war mir unangenehm, Peter zu stören, aber als ich an seine Tür klopfte, war er wach – ich hörte das Summen der PC-Lüfter; vielleicht arbeitete er –, und er war gern bereit, mir den Schlüssel zu geben. Ich sperrte auf und betrat Dads Haus. Drinnen war es warm und sauber, aber die Möbel waren natürlich fort; irgendwie hatte ich es mir nicht so recht vorstellen können. Helle Stellen auf der Tapete verrieten, wo jahrelang die Möbel gestanden hatten. Selbst dem leeren Haus gelang es noch, muffig zu riechen.
    Zu meinem Verdruss klopfte ich schließlich wieder an Peters Tür. Ich borgte mir einen Schlafsack, ein Kissen und eine Thermosflasche mit Tee und verbrachte die Nacht auf dem dicken Teppich meines alten Zimmers. Eingelullt vom Geräusch ferner Züge in der Nacht, schlief ich in der vertrauten Umgebung so gut wie schon seit Jahren nicht mehr.
     
    Um acht Uhr früh tauchte Peter auf. Es war ein heller, frischer Morgen, und der Himmel war tiefblau. Peter brachte Seife, Handtücher, ein Glas Orangensaft und eine Einladung zum Frühstück drüben bei ihm mit. Ich nahm an, schwor mir aber, gleich anschließend einkaufen zu gehen.
    Peters Haus stand auf der anderen Straßenseite und war ein Spiegelbild meines Elternhauses; die Treppe und die Zimmer waren auf unheimliche Weise von links nach rechts versetzt. Ich betrat es mit einer gewissen Beklommenheit: Dies war schließlich das Reich von Peter, dem einsamen Spinner. Nun, soweit ich sehen konnte, waren die Wände mit einer schlichten, nichts sagenden Pastellfarbe gestrichen, unter der sich alte Tapeten verbargen. Die Möbel wirkten ein bisschen alt und waren sicherlich nicht modern, aber auch keineswegs schäbig. Überall waren Bücherregale, sogar in der Diele. Die Bücher schienen säuberlich, aber nicht zwanghaft geordnet zu sein.
    Peter trug einen grauen Jogginganzug aus weichem Stoff und dicke Bergsteigersocken – keine Schuhe oder Pantoffeln.
    Wir frühstückten in der Küche; es gab Müsli und Kaffee. Ich erzählte ihm, dass ich ihn im Fernsehen gesehen hatte, und wir sprachen über den Medienwirbel um Kuiper. Peter meinte, es habe alles mit positiver Rückkopplung zu tun.
    »Es ist genauso wie bei dieser Marsgeschichte vor ein paar Jahren. Du weißt schon, wo sie fossile Bakterien in einem Meteoriten gefunden

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